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Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes

Titel: Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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stöhnte ärgerlich. Munuel war dagegen, dass Leandra überhaupt gefragt wurde, und allein das machte Jockum wütend.
    Warum sollte sie nicht selbst entscheiden? Sie war unbestritten die talentierteste junge Magierin, und ihr Gefühl für Gerechtigkeit, ihre Ausstrahlungskraft und ihre Gutartigkeit standen ohnehin außer Frage. Mit diesen ihren Fähigkeiten hatte sie eine Gruppe des Widerstands geschmiedet und die Höhlenwelt vor der Tyrannei durch die Drakken bewahrt. Niemand wäre ein besserer Primas – eine bessere Prima – des Cambrischen Ordens als sie. Davon war Jockum fest überzeugt. Zehn Jahre würde er ihr geben, zehn Jahre, in denen sie von ihm das Handwerk dieser Berufung lernen könnte, um dann eines Tages, wenn er wirklich hinfällig wäre, sein Amt zu übernehmen.
    Vorausgesetzt, dachte er finster, es gibt dieses Amt dann noch.
    Das war die andere Seite der Medaille. Verdrossen blickte er sich um. Sie waren hier, um herauszufinden, was die Zukunft ihnen bringen mochte. Die anfängliche Euphorie, die Drakken derart hinweggefegt zu haben, dass sie nie wieder eine Gefahr für ihre Welt darstellten, erschien sowohl Jockum als auch Munuel inzwischen als verfrüht. Unangenehme Fragen waren übrig geblieben und hatten sich in den letzten Wochen, wie von unsichtbarer Hand berührt, regelrecht aufgebläht. Warum hatten die Drakken vor, die Höhlenweit vollständig zu vernichten?
    Dass dies ihre Absicht gewesen war, hatte nicht nur Leandra herausgefunden. Nein, inzwischen hatten sie es auch selbst entdeckt – in Form alter Dokumente aus den hintersten Winkeln lange vergessener Archive in den Kellern des Cambrischen Ordenshauses. Was sie dort gefunden hatten, war erschreckend gewesen und hatte sie förmlich hinausgetrieben, hinaus aus dem Ordenshaus, um Beweise für die ungeheuerlichen Behauptungen zu finden, die ein gewisser Phenros vor zweitausend Jahren niedergeschrieben hatte.
    »Was ist?«, fragte Munuel. »Du bist plötzlich so still.«
    Jockum wandte sich kurz um – er hatte gedacht, Munuel sei bereits eingeschlafen. »Ich denke nach. Ich mache mir Sorgen. Kein Krieg ist wirklich zu Ende, nachdem der letzte Schwertstreich getan wurde – nicht einmal dieser Krieg gegen völlig fremde Wesen.
    Können wir es uns erlauben, von hier fortzugehen, ohne eine Antwort gefunden zu haben? Noch immer gibt es überlebende Drakken, und noch immer gibt es eine ganze Reihe unbeantworteter Fragen. Wenn wir uns nicht darum kümmern, passiert uns das Gleiche wie damals mit Hegmafor. Weißt du noch?« Munuel blieb liegen wie er war, Jockum den Rücken zugewandt. Doch der alte Primas des Cambrischen Ordens wusste, dass es in Munuels Kopf ebenso tickte wie in seinem. Auch sein Freund trug seinen Teil der Verantwortung für damals – für das Versäumnis, die Keller der verfluchten Abtei von Hegmafor nicht wirklich bis in die letzten Winkel ausgebrannt zu haben, bevor sie zugeschüttet worden waren. Und auch dafür, dass die letzten Mitglieder der unheimlichen Sekte damals nicht wirklich ausgemerzt worden waren, bevor man sich geleistet hatte, die ganze Sache zu vergessen. Nein, diese Fehler hatte Jockum nicht allein begangen.
    Munuel war ebenfalls dabei gewesen, und mit ihnen ihr Freund Altmeister Ötzli.
    »Wo steckt er eigentlich?«, fragte Jockum. »Ich habe ihn seit Alinas Hochzeit nicht mehr gesehen.«
    »Von wem sprichst du denn?«
    »Von Ötzli – unserem alten Freund. Denkst du, er lebt noch und sinnt auf Rache?«
    Munuel lachte leise auf. »Womit wir noch ein Problem hätten!
    Ötzli! Ich glaube, er war damals ziemlich wütend, nicht?«
    Jockum seufzte. »Erinnere mich nicht. Dass er sich so von uns abwenden könnte, hätte ich niemals für möglich gehalten!«
    Munuel rollte ein Stück herum und wandte Jockum das Gesicht zu. »Er war schon immer ein zorniger, eitler Mann. Klug und gerecht, o ja, aber leider von zu großer Leidenschaft beseelt.«
    »Das ist wahr. Wirklich dumm, dass er auf seine alten Tage noch in den Brennpunkt einer solchen Sache geriet. Es hat ihn immer nach Ruhm verlangt, aber dass ihm dieses Mädchen zuvorkam und ihm alles wegnahm…«
    »Du denkst, Leandra wollte ihm etwas vorenthalten?«
    Jockum brummte gutmütig. »Nicht absichtlich. Aber muss ich dir denn sagen, dass man im Alter gern auf ein gelungenes Lebenswerk zurückblicken mag?«
    Er starrte in die blinden Augen seines Freundes.
    »Na ja, dir vielleicht schon. Du hast dein Leben lang nichts mit Ruhm im Sinn gehabt.«
    Munuel

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