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Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes

Titel: Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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reichten? Wir wurden beide wie von einem Blitz getroffen – von einer magischen Entladung.«
    Roya versteifte sich. »Das war Sardin? Er ergriff Besitz von dir?«
    Leandra schüttelte den Kopf und versuchte sie mit einer Geste zu beruhigen. »Nein, nicht wirklich, Roya. Mach dir keine Sorgen.
    Er hielt sich lange im Hintergrund. Erst viel später, nachdem die Drakken uns schon überfallen hatten, offenbarte er sich mir.«
    Roya spürte Tränen in den Augen. Sie hob die Hände vor den Mund. »Oh, Leandra, es tut mir so Leid. Das alles ist meine Schuld…«
    Leandras lächelte sanft. »Du meinst, wegen Quendras? Weil Ulfa ihm nicht helfen wollte und du dich deswegen an Sardin gewendet hast?« Sie winkte ab. »Ach, mach dir keine Gedanken, das ist nicht schlimm!«
    Roya sah zu Alina. Sie musste es Leandra bereits erzählt haben.
    Protest wollte in ihr aufsteigen, aber zugleich kam es ihr vor, als strömte eine seltsame Kraft auf sie ein – eine Kraft, die aus ihrem Kreis stammte. Ein Vertrauen, das unter ihnen herrschte und das es überflüssig machte, irgendein Geheimnis voreinander zu haben. Unschlüssig, woher dieses Gefühl so plötzlich kam, ließ sie sich wieder zurücksinken.
    »Was hat Sardin von dir gewollt?«, fragte sie.
    Leandra lachte leise auf. »Er war völlig verbittert.
    Seit zweitausend Jahren hockte er allein in seinem finsteren Turm – in seiner Sphäre der Unsterblichkeit. Er hatte es sich ganz anders vorgestellt. Er klagte mir sein Leid, was er alles ausprobiert habe, um ein Ziel zu finden. Aber alles sei ihm misslungen, und jetzt wolle er nur noch sterben. Aber er wusste nicht, wie.«
    Nun musste auch Azrani auflachen. »Ein Gott, der sich zu Tode langweilt – und nicht sterben kann?«, fragte sie. »Das ist ja verrückt.«
    »Ja, war es auch«, bestätigte Leandra. »Er verlangte von mir, mich mit den Drakken gut zu stellen, sodass er auf diesem Weg von ihnen erfahren könnte, worin der Sinn und Zweck der Unsterblichkeit läge – oder wenigstens, wie er sie überwinden und sterben könnte.«
    Nun lachten auch die anderen.
    »Dabei ist es so einfach!«, meinte Roya.
    Die anderen verstummten und sahen sie neugierig an.
    »Aber ja! Ist es das denn nicht?«
    Es dauerte einige Momente, bis sich Azrani leise von links meldete. »Doch. Er stand nur auf der falschen Seite…«
    »… auf der Seite der Zerstörung«, ergänzte Marina, die neben ihr saß.
    »Er hätte etwas erschaffen müssen…«, sagte Hellami leise.
    »… und hätte darin sein Ziel gefunden«, vollendete Alina.
    Danach herrschte für eine Weile Schweigen.
    Es war wie eine kleine Magie, die über sie gekommen war. Sie sahen sich untereinander an, als könnten sie in ihren Gesichtern die Antwort finden, woher dieses Einvernehmen stammte.
    Leandras Züge spiegelten Erstaunen. »Genau das habe ich ihm auch gesagt.«
    Wieder Stille.
    »Ich wusste es«, schloss sie schließlich. »Es ist wirklich Ulfas Vermächtnis.«
    Ein weiteres Mal dauerte das Schweigen an, während Roya ein immer stärkeres Gefühl durchströmte, dass jede von ihnen Teil eines besonderen Ganzen war.
    Ja, das war es, was Leandra mit dem Vermächtnis Ulfas meinte.
    Es konnte kein Zufall sein, dass ausgerechnet sie sich so gut verstanden. Mit Grausen dachte sie an frühere Zeiten, wo sich die Weiber ihres Heimatdorfes Minoor bis aufs Blut bekämpft hatten - wegen Nichtigkeiten. Hingegen war die Harmonie unter ihnen sechs schon fast beängstigend. War es das Werk von Ulfa? Hatte er es herbeigeführt, in dem er ihnen diese rätselhafte Lust aneinander eingegeben hatte? Oder hatte er nur etwas zum Leben erweckt, das tief in ihnen schlummerte? War ihr Zusammentreffen in Guldors Gefangenschaft Zufall oder so etwas wie Vorbestimmung gewesen?
    Wahrscheinlich würden sie nie eine wirkliche Antwort auf diese Frage erhalten – es sei denn in ihren Herzen. Roya glaubte zu spüren, dass dieses Geheimnis ihre Bindung nur verstärkte. Ja, da war ein Vermächtnis, eine Aufgabe, die sie gemeinsam erfüllen sollten.
    Irgendwann, als wäre in der Zwischenzeit eine Stunde vergangen, drang eine Frage an ihr Ohr. Es war Alina. »Wie… wie bist du Sardin wieder losgeworden?«
    Leandra richtete sich auf, bewegte sich, als wollte sie einen Traum abschütteln, aus dem sie gerade erwacht war. »Wie? Oh, er… er ging. Er ging einfach.«
    »Er ging? Und wohin?«
    Leandra seufzte. »Zu Ulfa. Zu seinem Gegenpart.
    Ich meine – ich war nicht dabei… doch Sardin ist fort, und Ulfa ist es auch.

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