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Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes

Titel: Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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mich nicht verdächtigst, dass ich mich wie Ötzli gewandelt haben könnte, bestehe ich darauf, dass du mir glaubst.«
    Jockum nickte, und Munuel sah es mithilfe seiner Sicht auf das Trivocum. Er war seinem alten Freund dankbar für dieses spontane Zeugnis des Vertrauens. »Wir haben bei unserer letzten Reise deutlich genug gespürt, dass wir nicht mehr die Jüngsten sind, Jockum. Und ich, ohne richtiges Augenlicht… ich tue mich einfach sehr schwer. Marina und Azrani hingegen haben nicht erst heute bewiesen, dass sie großes Talent besitzen. Ich bin sicher, dass ihnen diese Aufgabe von Ulfa zugedacht wurde. Denk nur daran, was sie alles aus den alten, vergessenen Kellern zutage gefördert haben.«
    »Und Leandra?«, fragte Jockum. »Früher war sie diejenige, die sich für solche Dinge besonders interessierte.«
    »Leandra hat andere Pläne, Jockum. Es stimmt, sie war schon immer von Neugierde beseelt, aber ihre Aufgabe weist in eine andere Richtung.« Jockum schnaufte und bedachte Munuel mit einem prüfenden Seitenblick. »Manchmal glaube ich, du trägst inzwischen selbst einige Züge dieses geheimnisvollen Urdrachen.«
    Munuel wich seiner Anspielung aus. »Du bist hier der Hausdrache«, sagte er lächelnd, »nicht ich.«
    »Urdrache, Hausdrache… Du spielst mit mir, Munuel.«
    Die große Tür schwang auf, und die beiden Mädchen kamen herein. Sie hatten sich gründlich gewaschen und umgezogen, nachdem sie wie graue Gespenster aus den Kellern des Ordenshauses zurückgekehrt waren. Nun boten sie mit den frischen Farben ihrer Kleider und den seidig glänzenden Haaren einen ungewohnt lebhaften Anblick an diesem Ort der grauen Kutten und des demütigen Forschergeistes. »Fabelhaft«, sagte Marina, als sie das Refektorium mit all den beladenen Tischen und den arbeitenden Ordensbrüdern überblickte. »Da haben wir ja eine richtig große Entdeckung gemacht!« Überall lagen Kristallpyramiden, die meisten schon geputzt, und das Licht des Nachmittags, das durch die hohen Butzenscheiben hereinfiel, wurde auf die vielfältigste Art gebrochen und reflektiert. Manche der Pyramiden wirkten wie Prismen und warfen buntfleckige Lichter an die schlichten weißen Wände. In Anwesenheit der Mädchen wirkte das Refektorium plötzlich ein wenig wie ein bunter Ballsaal.
    Azrani war zu einer der Pyramiden getreten, einem großen, gelben Kristall, der auf einem Tuchpolster auf einem der Tische lag.
    Sie hielt die Hand in seinen gelblichen Lichtschein. »Sind das Edelsteine?«, fragte sie.
    Munuel trat zu ihr. »Nein, das glaube ich nicht.
    Ich habe nie von Edelsteinen dieser Größe gehört. Und sie sind auch viel zu leicht… Sind sie wirklich so glatt, wie ich sie über das Trivocum sehe?«
    Azrani sah kurz zu ihm auf und forschte in seinen Augen, denen jedoch außer ihrer unnatürlichen Starrheit nichts anzusehen war.
    »Ja, Meister Munuel, völlig glatt. Selbst die Kanten sind so scharf, als wären sie gestern erst geschliffen worden. Sie haben alle die gleiche Form, nur sind sie unterschiedlich groß.«
    »Danke, dass du sie mir so ausführlich beschreibst, mein Kind«, lächelte Munuel. »Tue ich doch gern«, sagte sie brav und lächelte.
    »Haben sie im Trivocum ein… besonderes Aussehen?«
    »Sieh selbst nach! Du hast es doch gelernt.«
    Für Augenblicke sah sie ihn erstaunt an, dann entspannten sich ihre Züge, und sie seufzte. »Ja.
    Daran muss ich mich erst gewöhnen.«
    Marina trat neben sie, legte ihr eine Hand auf die Schulter und schloss selbst die Augen. »Da ist nichts«, flüsterte sie. »Sie sind grau wie Stein.«

9
Neue Horizonte
    H eute war der große Tag.
    Zwei Wochen lang hatte Leandra intensiv mit Izeban geübt; nun war sie so weit, ihren ersten Alleinflug zu wagen. Hinaus ins All!
    Aufregung hatte sie gepackt, ihre Vorstellungswelt barst förmlich aus allen Nähten. Schon viermal war sie zusammen mit Izeban draußen gewesen, hatte die enge Kabine des Kurierschiffs mit ihm geteilt, jeweils ein paar Stunden, bis das Verlangen, dem winzigen Raum zu entkommen, übermächtig geworden war. Allein mochte man es eine Weile darin aushalten, aber zu zweit war es sehr anstrengend. Es gab nicht einmal eine zweite Sitzgelegenheit, nur ein kleines Stück freien Boden. Heute aber würde sie zum ersten Mal ganz allein draußen im All sein.
    Im Augenblick glitt sie noch in gemächlichem Tempo über die Wellen des westlichen Akeanos hinweg. Bald jedoch würde sie die Säuleninsel erreicht haben, und dann begann für sie einer

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