Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens
getauft hatte. Dort wollte das Ungeheuer hin.
Nun wurde Marko etwas klar.
Der Überfall des Malachista hatte gerade erst begonnen. Er
würde in jeden Tunnel eindringen, der weit genug für seinen Körper war – und da gab es etliche.
Sein nächstes Ziel war ein sich dahinschlängelnder, märchenhafter Höhlenteil mit einem breiten Wasserlauf und vielen einsamen Sandbänken. Es war ein kleines Paradies; Tirao hatte dort
sein Quartier, wenn er sich in Malangoor aufhielt, und am Ende
der Flussgrotten lag Nerolaans Höhle – er war der Sippenälteste.
Zum Glück waren die beiden gegenwärtig nicht da. Marko dachte
angestrengt nach. Es gab noch die Halle der Jungdrachen, die der
Malachista durch den großen Ost-West-Tunnel erreichen konnte.
Er begann drüben, in der Halle des großen Sees. Der Magische
Wald war von dort aus ebenfalls erreichbar und außerdem – und
das war das Schlimmste – die Halle der Mütter und damit die
Bruthöhlen. In der frisch gegründeten Kolonie gab es erst dieses
eine Drachenjunge, das Roya ihm heute gezeigt hatte.
Meriuanis hieß der Kleine, fiel ihm ein – und allein schon die
Tatsache, dass er sich doch noch an den schwierigen Namen des
Drachenjungen erinnern konnte, sagte ihm, dass er ihnen viel zu
nahe stand, als dass er erlauben dürfte, dass Meriuanis etwas
zustieß.
Wo war nur Roya?
Er wandte sich um und eilte wieder hinab zum See. Der Malachista würde eine Weile brauchen, bis er durch die Flussgrotten
und wieder zurück war – hoffentlich, ohne noch weiteren Felsdrachen zu begegnen, die er umbringen konnte. Diese Zeit musste
Marko nutzen. Vielleicht fand er unterwegs eine Spur von Roya.
Mit weiten Sprüngen setzte er über das Sandufer hinweg, warf
sich ins Wasser, dabei hoffend, dass der Malachista inzwischen
weit genug fort war, um das Platschen zu überhören. Mit aller
Kraft schwamm er los, passierte die kleine Felseninsel mit der
toten Ophaia und hielt auf das gegenüberliegende, südöstliche
Ufer zu. Dort gab es einen Zugang zu seinem und Izebans technischem Wunderwerk.
Mit dem letzten bisschen Luft erreichte er den schmalen, felsigen Uferstreifen, immerzu nach einem Anzeichen von Roya Ausschau haltend. Keuchend zog er sich aus dem Wasser, stieg über
ein paar Felsen hinweg und zog an einem langen Seil, das an der
Wand aus der Höhe herabhing.
Rasselnd setzte sich in etwa dreißig Ellen Höhe ein Kettenzugmechanismus in Gang. Eine kleine, hölzerne Plattform kam herab,
auf der ein Mann und ein Fass Platz hatten.
Zum ersten Mal wurde ihm bewusst, wie laut das Kettengerassel
war. Auch das Rauschen des Wassers, das dort oben durch ein
dickes Kupferrohr in ein großes Steinbecken strömte, war deutlich
vernehmbar. Unruhig blickte er sich um. Drüben, in der anderen
Halle, rauschte ebenfalls etwas: der Wasserfall. Er mochte den
Lärm hier übertönen, jedenfalls dann, wenn der Malachista und
das Drakkenboot nahe genug daran waren. Angespannt wartete
er, bis die Plattform herunten war, jederzeit bereit, ins Wasser zu
springen und davonzutauchen, sollte sich auf der anderen Seite
irgendwer zeigen.
Als die Plattform mit einem vernehmlichen Klacken vor ihm anhielt, zeigte sich tatsächlich jemand auf der anderen Seite. Es war
eine dieser Schattenkreaturen, gefolgt von einer zweiten.
Marko hielt die Luft an. Ihm blieb nun ohnehin nichts mehr übrig, als mit der Plattform hinaufzufahren und sich aus der Reichweite dieser Monstren zu begeben. Er bezweifelte, dass sie intelligent genug waren, die Funktionsweise seines Aufzugs zu begreifen; außerdem hätten sie erst einmal den See durchschwimmen
müssen, um zu ihm zu gelangen. Ob sie das überhaupt konnten,
wagte er zu bezweifeln. Er sprang auf die Plattform, gab dem leeren Fass, das darauf stand, einen Tritt, sodass es ins Wasser fiel,
und zog wieder an dem Seil. Neuerliches Rauschen ertönte, und
die Plattform ruckte in die Höhe. Fliegen müsste man können,
dachte er. Der Malachista konnte es.
Es dauerte eine Ewigkeit, bis er oben war; mehrfach blieb der
Aufzug stecken, und er musste mit dem Seil den Ablauf so lange
schließen, bis das Becken wieder einen gewissen Wasserstand
erreicht hatte. Izebans Wasserkraft-Hebesystem war noch nicht
sehr ausgereift. Als Marko endlich oben ankam, war er kurz vorm
Durchdrehen.
Mehrere der Dunkelwesen hatten sich an seine Fersen geheftet
und durchschwammen den See mit ungelenk plantschenden Bewegungen. Er knurrte wütend, dann aber fiel ihm ein, dass er die
Plattform
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