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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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seine Beherrschung, versuchte seinen Herzschlag und seinen Atem zu beruhigen.
Für Minuten verharrte er auf der Stelle, während seine Gedanken wie eine Meute führerloser, bösartiger Wölfe durch namenlose Sphären irrten, auf der Suche nach einem Opfer, nach etwas,
in das sie sich verbeißen konnten, um endlich wieder einen Ort zu
haben, an dem sie sich orientieren konnten.
Dann wusste er es. Plötzlich war ihm klar, was ihn so plagte und
was er tun musste… nein, wohin ergehen musste.
Hegmafor, blitzte es durch seine Gedanken. Du verfluchtes altes
Gemäuer! Du rufst nach mir!
*
    Für Ullrik waren die letzten Stunden die Hölle gewesen.
Er litt Schmerzen, Durst und Hunger, die Hitze machte ihm zu
schaffen, und seine Angst um die beiden Mädchen wuchs mit jeder Minute, die sie ausblieben. Dazu kam noch die Gegenwart
dieses überheblichen Sonnendrachen, der ihn den ganzen Tag
über wie ein Wachhund beobachtet hatte. Nach allem, was Ullrik
über die Drachen wusste, sollten sie freundliche, hilfsbereite und
intelligente Wesen sein.
Dass sie im Allgemeinen ein wenig steif und würdevoll auftraten, war ihm ebenfalls bekannt, aber wenn sie alle so waren wie
dieser Meados, konnten sie ihm gestohlen bleiben.
Während der viertägigen Reise hierher war Meados noch halbwegs erträglich gewesen; nun aber war er zu dem geworden, was
man unter Menschen gemeinhin als Ekel bezeichnete. Aus reiner
Verlegenheit hatte Ullrik mit den paar Brocken der Alten Sprache,
die ihm die Mädchen unterwegs beigebracht hatten, ein Gespräch
mit Meados versucht – war aber ein ums andere Mal an der Einsilbigkeit des Drachen gescheitert. Sein Zustand war eine einzige
Anhäufung von Unbequemlichkeiten, Schmerzen und Verdrossenheit. Mehrfach hatte er wütend mit dem Gedanken gespielt, mit
Meados einen Streit vom Zaun zu brechen.
Am frühen Nachmittag hatte er den Versuch unternommen,
nach den Mädchen zu sehen. Mühsam hatte er sich in die Höhe
gestemmt und war ein paar Dutzend Schritte weit gehumpelt.
Das Ergebnis waren stechende Schmerzen in der Rippengegend,
dem verletzten Arm und im Kopf gewesen. Er verfluchte sich für
sein Übergewicht, das alles nur noch verschlimmerte, und aß den
ganzen Tag über nichts, in dem festen Vorhaben, von jetzt an
sein Gewicht drastisch zu vermindern. In erster Linie ging es ihm
darum, nicht wie ein alter Mann kapitulieren zu müssen, wenn er
vor einem Hindernis stand, das höher als eine Elle war. Er war
erst zweiunddreißig, und seit er es gescharrt hatte, der Bruderschaft den Rücken zu kehren, bot ihm das Leben zum ersten Mal
neue Ausblicke. Der zweite Grund waren die Mädchen. Er hatte
sich in beide zugleich verliebt, und seit er mit ihnen zusammen
war, fühlte er sich innerlich, als schwebte er auf Wolken. Wenn er
schon keine großen Aussichten hatte, je die Liebe einer von ihnen
zu erlangen, wollte er doch wenigstens von ihnen respektiert
werden. Dass sie ihn hin und wieder berührten, ja sogar auf die
Wange geküsst hatten, war mehr, als er sich je erhofft hätte.
Als sich der Nachmittag dem Ende zuneigte, war er derart nervös und aufgedreht, dass er einen zweiten Versuch unternahm. Er
musste einfach nach ihnen sehen. Außerdem hatte er das starke
Bedürfnis, Meados’ Nähe zu entkommen.
Der Drache hatte den ganzen Tag über an ein und demselben
Fleck im Sand gesessen und ihn angestarrt. Mittlerweile war Ullrik
so aufgewühlt, dass er regelrechte Abscheu vor Meados empfand.
Wo willst du hin?, fragte Meados, als Ullrik sich unter Schmerzen in die Höhe stemmte.
»Ich werde nach Azrani und Marina sehen«, sagte er laut.
»Und versuche nicht, mich zurückzuhalten. Es sei denn, du entschließt dich, Gewalt anzuwenden!« Warum so wütend?, fragte
Meados kalt.
»Weil du mich den ganzen Tag über anstarrst und bewachst, als
wäre ich dein Gefangener!«
Endlich stand Ullrik aufrecht. Ihm schwirrte der Kopf, aber er
drängte es wie die Schmerzen in den Rippen und dem Arm verbissen beiseite.
In deinem Zustand wirst du ihnen kaum helfen können.
»Höre ich Spott aus deiner Stimme heraus?«, fragte Ullrik.
»Dann kannst du mir gestohlen bleiben!« Abermals antwortete
der Drache nicht, wie schon so oft an diesem Tag. Ullrik wankte
weiter. Er würde nicht aufgeben, bis er wenigstens das Portal erreicht hätte und sich hinter einer der Säulen verstecken konnte.
Irgendwie musste es ihm gelingen, aus dem Sichtfeld dieses
Scheusals herauszukommen. Er konnte seine Gegenwart nicht
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