Höhlenwelt-Saga 7 - Die Monde von Jonissar
rief er und warf die Arme
in die Luft. »Und ich werde bald einunddreißig. Ich bin uralt, jedenfalls für sie, habe einen dicken Bauch…«
Azrani stöhnte. »Haben wir das mit dem dicken Bauch nicht
langsam erledigt? Hat sie dir nicht selbst gesagt, dass sie dich
schön findet?«
»Mich? Schön?«, stammelte er. »Aber…«
»Sie ist nicht sechzehn. Sie ist älter als ich. Ungefähr dreiundzwanzig.«
»Was?«
»Ja, du hast richtig gehört. Vielleicht sogar vierundzwanzig. Ich
habe es noch nicht genau ausgerechnet.«
»Unfug!«, brauste er auf. »Sie hat mir selbst gesagt, dass sie
sechzehn ist!«
Azrani stieß ein betontes Seufzen aus und tippte ihm mit dem
Fingerknöchel an die Schläfe. »Dein überragender Verstand funktioniert nur, wenn du willst, was? Ist dir nicht aufgefallen, dass
ein Jonissar-Tag ein ganzes Stück länger ist als ein HöhlenweltTag?«
Er sah sie mit großen Augen an.
»Wenn du mal jemanden gefragt hättest, wüsstest du, dass hier
ein Jahr etwas über fünfhundert Tage dauert.« Sie deutete mit
einer kreisenden Bewegung in den Himmel. »So lange braucht
Jonissar einmal um diese Sonne herum.«
Ullrik starrte sie immer noch an; im Augenblick gab er sicher
kein allzu intelligentes Bild ab. Azrani küsste ihn nachsichtig auf
die Nasenspitze.
»Wenn du das zusammenrechnest, kommst du auf irgendwas
zwischen dreiundzwanzig und vierundzwanzig HöhlenweltJahren.« Sie sah an sich herab. »Ich bin erst einundzwanzig. Aber
zu jung bin ich dir nicht, oder?«
Ullrik starrte ebenfalls an ihr herab. »Du meinst, sie ist wirklich…? Aber sie sieht so jung aus!«
»Jung? Was meinst du mit jung?« Sie fuhr sich mit dem Zeigefinger über die rechte Brust bis zum Bauchnabel. »Sehe ich etwa
alt aus? Älter als Laura?«
»Nein. Natürlich nicht. Ich meine nur…«
Sie legte ihm die Fingerspitze auf die Lippen. »Das mit dem Alter wäre mal das eine«, sagte sie. »Falls du da Skrupel empfun
den hast. Was dich immerhin ehren würde.«
Ullrik schluckte. »Und das andere?«
»Sie liebt dich. Und zwar ganz schrecklich.«
»Schrecklich?«
Azrani zuckte mit den Schultern. Sie war in eine etwas alberne
Stimmung geraten. »Ja, schrecklich. Kein passendes Wort, aber
von der Dramatik her zutreffend. Sie würde wirklich alles für dich
tun. Das hat sie sogar schon.«
Er hob fragend die Brauen.
»Überleg doch mal: Was würden so dumme Mädchen wie ich
oder Marina tun, wenn wir plötzlich eine Rivalin um die Liebe eines Mannes hätten? So wie Laura, als ich plötzlich hier aufgetaucht bin und du den ganzen Tag an mir herumgefummelt
hast?«
»Augenblick mal, ich…«
»Sei still und unterbrich mich nicht. Also, was ich sagen wollte…
Nun, wir wären eifersüchtig geworden, nicht wahr? Und hätten
angefangen, uns Gemeinheiten auszudenken…«
»Nein!«, erwiderte er empört. »Nicht du und Marina!«
Sie schenkte ihm ein dankbares Lächeln. »Na schön, vielleicht
nicht wir… aber viele andere Frauen. Die meisten, bestimmt. Aber
was hat Laura getan? Sie hat dir geholfen! Weil sie dich so sehr
liebt. Sie ist mit mir hierher nach Okaryn gekommen und hat alles
getan, um den Überfall zu ermöglichen und Marina zu befreien.
Sie hätte Grund gehabt, im Dorf zu bleiben oder mich unterwegs
vom Rücken des Abon’Dhal zu schubsen. Stattdessen hat sie unseren ganzen Plan gerettet, indem sie sich auch noch die Lösung
für den Fall ausdachte, dass es schiefgeht. Sie hat wirklich alles
riskiert, um euch Männern den Weg nach Okaryn freizumachen.«
Ullrik sah Azrani betroffen an.
»Sag mir mal«, fuhr Azrani fort, »welchen Vorteil sie selbst von
all dem haben sollte. Glaubst du, sie hat irgendeinen Gewinn davongetragen? Irgendetwas für sich selbst?« Sie schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Nein, Ullrik. Nicht den geringsten. Sie hat
das alles für dich getan. Weil sie dich so liebt und nur will, dass
du glücklich bist. Völlig ohne Hintergedanken. Das ist so unglaublich an ihr. Aber sie selbst? Sie sitzt jetzt hier irgendwo und ist so
einsam wie zuvor.« Ullriks Augen verrieten, wie verwirrt er war.
»Du meinst… sie ist einsam?«
Azrani nickte bedeutungsvoll. »Ja, mein Lieber. Da hat deine
große Klugheit auch versagt, nicht wahr? Du hast dir keine Gedanken um sie gemacht. Aber ich habe alles herausgefunden.«
»Herausgefunden?«, rief er ratlos. »Aber was denn?«
»Laura ist einsam. In der Kolonie der Technos gibt es keinen
Mann für sie. Es ist einfach niemand in ihrem Alter da, auch ihre
beiden Freundinnen Amanda und
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