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Hoelle auf Zeit

Hoelle auf Zeit

Titel: Hoelle auf Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Tür waren frisch gestrichen, auf den Fenstersimsen standen Blu­ menkästen. George hielt ihr die Tür auf, und sie ging hinein.
      Der Hauptraum hatte eine niedrige, weißgetünchte Decke mit schwarzen Balken, verblichene rote Bodenfliesen, Sitzbänke in den beiden Erkern, überall verteilt Tische und Stühle, und hinter einer langen Mahagonitheke hingen Flaschenregale und ein reich verzierter Spiegel – alles sehr viktorianisch.
      Es waren nicht mehr als ein Dutzend Gäste anwesend, lauter Männer, die sofort verstummten, um Sarah und George gründ­ lich zu inspizieren. Ida Shelley stand hinter der Bierpumpe und schenkte ein. Sie war fünfundsechzig, wie Sarah wußte, sah aber älter aus: ganz graues Haar, im zerfurchten Gesicht unver­ kennbare Spuren von starkem Alkoholkonsum.
      »Na, Ida, wie geht’s denn immer?« begrüßte George sie strahlend.
      Sie zog fragend die Augenbrauen hoch, und dann dämmerte es ihr. »George Black, na so was. Dich hab ich ja seit Jahren nicht gesehen. Dachte, du bist nach Camden umgezogen.«
      »Stimmt auch, Ida.«
      »Hätte dich beinah nicht erkannt in deiner piekfeinen Uni­
    form, nobel, nobel. Fährst du nicht mehr Taxi?«
      »Bin jetzt Privatchauffeur, Ida. Das is Mrs. Talbot aus New York. Sie wollte gern mal ‘nen echten East End Pub kennen­ lernen.«
      »Na, da ist sie bei uns ja genau richtig. Willkommen, Kind­ chen. Zur Feier des Tages lade ich euch zu einem Gläschen ein. Was darf’s denn sein?«
      Sarah nahm einen Gin Tonic und George eine Halbe vom besten Bitterbier. Als Ida es einschenkte, fragte er: »Und wie geht’s Sean?«
      Sarah sah ihn scharf an. »So lala«, erwiderte Ida. »Ihn hat’s auf den Falklands schwer erwischt. Erst dachten sie, sein Bein ist futsch.«
      »Tatsächlich?«
      »Schließlich ist er zur Vernunft gekommen und hat alles an den Nagel gehängt.«
    »Und Sally?«
      Ihr Gesicht wurde leer, ausdruckslos. »Sally ist Anfang des Jahres gestorben.«
      Er sah sie entgeistert an. »Das tut mir ehrlich leid.«
      »Na ja, ihr müßt mich entschuldigen, ich habe zu tun.«
      Sie machte sich hinter der Theke zu schaffen, Sarah und George nahmen auf einer Fensterbank Platz. »Sie war ja ganz außer sich«, bemerkte Sarah.
      »Kein Wunder. Sally war ein reizendes Mädchen.«
      »Idas Tochter?« Sie kannte zwar die Antwort bereits, wollte ihn aber auf die Probe stellen.
      »Bewahre, nein. Ida is auch ‘ne Shelley, Jacks Kusine, und ihr Leben lang nur mit der Flasche verheiratet. Sean, der Junge, nach dem ich mich erkundigt hab, is Jacks Neffe. Das Lokal hat er von seinen Eltern geerbt. War ein paar Jahre beim Mili­ tär, und da hat’s Ida für ihn geführt. Deswegen läuft die Lizenz auch auf ihren Namen. Sally war seine Adoptivschwester.«
      In dem Augenblick wurde eine Tür hinter der Theke geöff­
    net, und Sean Egan kam herein. Sie erkannte ihn sofort, auch wenn sie die eigentümlich leuchtenden, porzellanblauen Augen merkwürdig berührten. Er trug ein schwarzes T-Shirt, einen schwarzen Lederblouson und Jeans. Er sprach kurz mit Ida, winkte einem Gast, der ihm etwas zurief, flüchtig zu, klappte dann den Durchlaß hoch und ging zur Tür, ohne einen Blick an George und Sarah zu verschwenden.
      »He, da ist Sean«, sagte George.
      »Ich weiß.« Sie stand auf. »Gehen wir.«
      »Immer mit der Ruhe, Mrs. Talbot. Ich bin noch nicht fertig mit meinem Bier.«
      »Nun machen Sie schon, George!« drängte sie und verließ das Lokal.
      Egan schloß einen alten roten Mini auf. Als sie in den Mer­ cedes stiegen, startete er. »Mini Cooper«, erklärte George. »So was wie den da machen sie heute gar nicht mehr. Der be­
    schleunigt wie ‘n Rennwagen.«
    »Folgen Sie ihm, George.«
      »Was zum Teufel is hier eigentlich los, Mrs. Talbot?« fragte er, als er den Motor anließ.
      »Fahren Sie ihm einfach nach, George, das ist vorläufig al­ les.« Sie zündete sich eine Zigarette an und fügte ruhig hinzu: »Und wenn Sie ihn verlieren, dann fahre ich mit Ihnen Schlit­ ten. Ist das deutlich genug für einen Cockney?«

    Die Fahrt dauerte eine geraume Weile, als sie Egan durch Camden und nach Kentish Town folgten und schließlich in die Highgate Road einbogen, wobei George sie ununterbrochen mit Kommentaren versorgte.
      »Da drüben is Parliament Hill. Weiß der Himmel, wo er hin will.« Und gleich darauf: »Ich hab’s. Zum Friedhof.«
      »Zum Friedhof?« wiederholte

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