Hoelle auf Zeit
ein Bestattungsunternehmen in Kent anrufen, es hieß Hartley Brothers.«
»Das war fingiert«, sagte Egan.
»Ich weiß, Monsieur, aber einmal lief der Anrufbeantworter im Hintergrund weiter, während unser Mann mit uns sprach. Valentin hat die Ansage auf dem Band mitgehört: ›Deepdene Garden of Rest‹.« Sie machte ihre Handtasche auf und entnahm ihr ein Stück Papier. »Sehen Sie, Monsieur, ich hab’s aufge schrieben und auch die Nummer.«
Die Pistole, die Jago über dem Geländer hielt, war nur eine .22er-Sportwaffe, ein Colt Woodsman, aber in den Händen eines erfahrenen Scharfschützen reichte das vollauf. Er schoß Valentin in die rechte Schläfe und tötete ihn auf der Stelle.
Egan schlug Agnes nieder und stieß Sarah Talbot zurück ins Dunkel. Shelley kauerte sich hin und ballerte wild nach oben.
Jago murmelte: »Nur ein kleiner Kratzer, alter Knabe. Um dir Manieren beizubringen.« Er zielte sorgfältig und schoß ihn in die linke Schulter.
Shelley verlor das Gleichgewicht und fiel nach hinten ins Dunkel. Er schob eine Hand in die Jacke und zog sie blutver schmiert wieder heraus. »Meine Güte, Sean, ich bin getroffen!« stellte er erstaunt fest.
»Raus hier!« befahl Egan. »Wir haben gekriegt, was wir wollten.« Er zerrte Shelley auf die Beine und schob ihn zur Tür. »Los, ab mit Ihnen, Sarah.«
Er drehte sich um und griff nach Agnes, die ihn wegstieß. »Nein, lassen Sie mich.«
Sie kroch zu Valentin, kauerte wimmernd über ihm. Egan schlüpfte durch die Pforte und folgte den anderen zum Citroën. Sarah hatte Shelley auf dem Rücksitz untergebracht. Egan setzte sich ans Steuer und fuhr los.
»Wohin?« erkundigte er sich.
»Zu Dupont«, erwiderte Shelley. »Ich brauch ‘nen Verband. Dann nichts wie Richtung Charles de Gaulle und zurück nach London.« Er zuckte zusammen. »Mann, tut das weh.«
»Das ist immer so«, bemerkte Egan.
»Meinen Sie, es war dieser Jago?« fragte Sarah.
»Könnte sein. Gleich nach der Rückkehr werde ich Alan Crowther dransetzen. Ich möchte wirklich zu gern wissen, wer der Gentleman ist.«
Schritte näherten sich, und Agnes sah Jago vor sich, den Colt in der herabhängenden Rechten.
»Du hast ihn umgebracht.«
»Was hast du ihnen erzählt?«
»Nichts.«
»Lüg nicht, Herzblatt. Ich hab Egan sagen hören: ›Wir haben gekriegt, was wir wollten.‹« Er schüttelte den Kopf. »Mach jetzt keine Dummheiten.«
»Es war Valentin, nicht ich. Wie er mit dem Mann bei Hart ley Brothers gesprochen hat, da hat er im Hintergrund ‘ne Bandansage gehört. Deepdene Garden of Rest …«
»Und du hast’s ihnen erzählt?«
Sie nickte. »Ich hab gedacht, er bringt Valentin um.« Sie blickte zu ihm hoch. »Dabei hast du’s getan.«
»Tja, so geht’s eben. Du hättest dich nicht drauf einlassen dürfen.« Er wandte sich zum Gehen, hielt inne. »Ich hab ja was vergessen …«
»Ja, Monsieur?«
Als sie aufschaute, schoß er ihr zweimal ins Herz. Sie fiel rücklings auf Valentin. Jago schob die Waffe in die Tasche seines Burberry. »Armes, dämliches Hürchen.« Er drehte sich um und verschwand durch die Pforte.
Der Arzt, den Dupont gerufen hatte, schnitt Shelleys blutver krustetes Hemd auf und tat sein möglichstes. Schließlich mein te er kopfschüttelnd: »Zum Entfernen der Kugel benötigt man einen Operationssaal, Monsieur.«
»Kommt nicht in Frage. Sie verbinden mich und geben mir noch ‘ne Spritze gegen die Schmerzen. Mit der Operation können wir bis London warten. Ich kenne einen guten Arzt. Ein Inder namens Aziz. Hat ‘ne Klinik für Alkoholiker aus der Schickeria in der Bell Street. Der kriegt das schon hin.«
»Sind Sie sicher, Mr. Shelley?« fragte Sarah.
»Ich will nur zurück nach London, Kindchen, mehr nicht.« Er grinste. »Französische Ärzte waren noch nie mein Fall. Alles Quacksalber. Such mir jetzt ‘n frisches Hemd und ‘ne Jacke raus, Pierre, und bring uns schleunigst weg hier.«
Anderthalb Stunden später erwischten sie auf dem Flugplatz Charles de Gaulle noch die Maschine von British Airways. Jago hatte weniger Glück. Er verpaßte den letzten Flug der Air France nach London um zwanzig Minuten. Ihm blieb nichts anderes übrig, als bis zum nächsten Morgen zu warten.
Er beschloß, einen Platz zu buchen, solange noch Betrieb herrschte, und ging zum Air-France-Schalter. Dort eröffnete ihm die junge Angestellte: »Sie
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