Hölle ohne Hintertür
Vorstellung von
meiner Zukunft.«
»Ich werde auf mich aufpassen.
Und vor allem auf dich. Das heißt, wir müssen dich aus der Schusslinie bringen.
Denn den Knochenbrechern Luigi und Bernd ist zuzutrauen, dass sich ihre Wut
auch gegen dich richtet. Erst mal müssen wir Martin einspannen. Der soll sie
anrufen und sagen, dass ich komme. Soll behaupten, dass ich sein bester Freund
bin und der Einzige, dem er vertraut. Deshalb fällt die Wahl auf mich.
Eingeweiht bin ich allerdings nicht, habe null Ahnung von den Spielschulden, weiß
auch nicht, dass seine Verletzungen von Folter herrühren. Alle hier — mich
eingeschlossen — glauben, es wären Unfallblessuren. Und das Geld hat natürlich
einen anderen Zweck. Es ist der Preis für irgendein heißes Ding, für eine heiße
Ware, die Martin unbedingt haben will. Ah... was könnte das sein? Es ist
zugleich teuer, illegal und fällt nicht weiter auf.«
»Da bietet sich Menschenhandel
an«, meinte Klößchen. »Ist doch sehr aktuell in den Medien. Martin kauft sich
eine Sklavin.«
Gaby sah ihn an. »Das ist ein
Witz auf Kosten dieser armen Geschöpfe.«
»‘tschuldigung!« Klößchen zog
so hastig den Kopf ein, dass sein Semmelturm umstürzte.
Karl sagte: »Martin will
Archäologie und Kunstgeschichte studieren — falls er das Abi schafft.
Vielleicht kauft er sich über die Gangster was Illegales in der Richtung.«
»Super, Karl!« Tim nickte
begeistert. »Das geht.«
»Vielleicht einen geklauten
Tempel aus dem alten Pompeji«, feixte Klößchen.
Niemand lachte. Tim sagte:
»Martin macht mir weis, dass er ein geklautes Gemälde erwirbt. Frisch geklaut
aus einem Museum in Schweden. Aber dort war das Bild nicht ausgestellt und
damit der Erbauung der Kunstfreunde unzugänglich. Es gammelte schon seit
Jahrzehnten im Magazin, war also zu null Zweck verdammt. Martin will dieses Kunstwerk
nun seinem Vater zum Fünfzigsten schenken; und da der alte Flotosko ein
leidenschaftlicher Kunstliebhaber ist, habe ich an dem windigen Geschäft
moralisch nichts auszusetzen. Okay? So soll er’s darstellen. Damit müssten die
Knochenbrecher zufrieden sein.«
Sie berieten noch übers eine
und andere Detail und waren sich auch einig, Gabys Vater nicht — bzw. noch
nicht — zu informieren. Tim wusste ja, Martin wollte es nicht. So hatte er sich
entschieden. Er schlotterte vor Angst.
Tim machte sich zum zweiten Mal
auf den Weg zur Krankenstation.
13.
Familienfotos mit deutschen Kfz-Kennzeichen
Sophia sah sich um und rümpfte
die Stupsnase. »Irgendwie typisch für ihn. Mein Stiefvater hält sich für ein
Genie. Aber er versinkt im Chaos und lebt im Müll. Hat er überhaupt so was wie
einen Besen oder einen Putzlappen?«
»Weiß ich nicht«, lachte Maria.
»Und ich habe ihn auch nicht danach gefragt. Am Ende hätte er gedacht, ich
wollte hier sauber machen.«
Enrico äußerte sich nicht über
die Schlampigkeit dieser Bude. Sein Apartment in Mailand war immer blitzsauber,
allerdings spartanisch eingerichtet wie eine Klosterzelle. Kein Teppich, kein
Bild an der Wand. Er hatte sogar erwogen, auf ein Bett zu verzichten und nur
mit dem Schlafsack auf einer Bastmatte zu nächtigen. Doch Sophia hatte es ihm
ausgeredet.
Maria deutete umher. »Es ist
verlottert, aber er findet offenbar immer, was er gerade braucht. Mal sehen,
was wir entdecken.«
Sie befanden sich im
Wohnzimmer, dem größten Raum. Er war voll gemüllt mit alten Möbeln: Regalen,
Schränken, Truhen, einem Sekretär und einem Schreibtisch. Gunnar hatte die
wurmstichigen, aber keineswegs antiquarischen Einrichtungsgegenstände vom
Vorbesitzer übernommen, hatte das Haus voll gepfropft erstanden und seitdem
nichts ausrangiert, überall lag Staub. An den nie geputzten Scheiben klebte
Fliegendreck.
Maria trat zum Schreibtisch und
zog an den Schubfächern. Alle ließen sich öffnen. Sie enthielten Krimskrams
ohne Bedeutung, Nutzen oder Gebrauchswert. Gunnar war offensichtlich ein
Sammler, kein Ausmister.
Sie begannen, systematisch zu
suchen. Nach einer knappen Stunde war alles durchforscht — ohne dass sie auf
einen verheißungsvollen Hinweis gestoßen wären — mit Ausnahme des Sekretärs.
Der verfügte über zwei breite Schubladen, die abgeschlossen waren.
Enrico prüfte die Schlösser.
»Die kriege ich mit ‘ner Büroklammer auf«, gestand er zögernd.
Statt der Büroklammer wurde
dann eine von Sophias Haarspangen zurechtgebogen.
Enrico hantierte geschickt, als
hätte er Übung als Einbrecher. Das traf zwar
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