Hölle unter Null Grad
einigermaßen sicher kombinieren ließ.
Aus dem verquollenen Mund des Mannes war ein tiefes Seufzen zu hören. Der Alte warf mir einen aufmerksamen Blick zu. Als wir vortraten, zogen sich die Mediziner an das andere Ende des Labors zurück. Reling ließ auch jetzt keine Vorsichtsmaßnahme außer acht.
Es dauerte noch einige Minuten, bis hinter den zuckenden Lidern weißliche Augäpfel sichtbar wurden. TS-19 schaltete das kleine Bandgerät ein und schob dem Erwachenden die beiden Kehlkopfmikrophone über den Hals.
Die Szene war nervenaufreibend. Sie erinnerte mich an einen Fall, der mit dem Abwurf einer schweren H-Bombe geendet hatte. Auch damals hatten wir einen Sterbenden verhört.
Der Alte begann sofort mit der Befragung.
Wieder und wieder sprach er die gleichen Sätze, die nur langsam einen verständnisvollen Schimmer in den starren Augen aufglimmen ließen.
Es waren Suggestivfragen, die um so eindringlicher wurden, je öfter er sie wiederholte.
»Sie sind Carder Sundlay. Sie heißen Carder Sundlay, Sie waren Fregattenkapitän in der US-Navy. Warum haben Sie nicht zurückgeschossen, als Ihr Boot angegriffen wurde? Warum wurden Sie angegriffen? Sie kamen von der Antarktis, nicht wahr? Sie kamen von der Packeisgrenze. Wer hat Sie angegriffen? Sie wollen mir sagen, wer Sie beschossen hat! Sie wollen mir die Namen nennen. Sie sind Carder Sundlay. Sie heißen Carder Sundlay. Sie waren …«
Der Alte ließ nicht locker. Die Sätze klangen monoton. Er »hämmerte« die Worte in das Gehirn des strahlungsgeschädigten Mannes, dessen Gesicht weiter anschwoll. Jede Zelle schien mit ihrem längst abgestorbenen Kern zu strahlen. Es war richtig, daß wir die Schutzanzüge angelegt hatten. Der in den Blutkreislauf eingehängte Gammazähler pfiff. Ticken konnte man zu dem Geräusch nicht mehr sagen. Es grenzte an ein Wunder, daß Sundlay schließlich doch die Lippen öffnete.
»Sie – sie haben mich doch noch erwischt«, stöhnte er.
3.
Ich saß im Arbeitszimmer der modern eingerichteten Zimmerflucht, die man mir großzügig zur Verfügung gestellt hatte.
Unser Hauptquartier in Washington war von außen ein häßlicher, gigantischer Gebäudekomplex mit gewaltigen Hochhäusern, die teilweise aus zehn Meter starken Stahlbetonwänden bestanden. Es handelte sich um bunkerähnliche Bauten – und das hatte seinen Sinn.
Das architektonisch schöne Hochhaus mit den Appartements für die aktiven GWA-Agenten wurde ringsum von Bauwerken eingeschlossen, in denen das Räderwerk unserer Abwehrorganisation lief. In der Wohneinheit war sogar der Einbau von Fenstern genehmigt worden, was eigentlich schon eine Besonderheit darstellte.
Sonst fand man kaum Fensteröffnungen in den grauweißen Wandungen der Betonkolosse. Sie waren von vornherein darauf eingerichtet, eventuellen Luft- und Fernwaffenangriffen zu widerstehen.
Mein Appartement besaß drei komfortabel eingerichtete Räume. Automatlifts verbanden die einzelnen Quartiere mit der zentralen Küche. Das Verpflegungsproblem war ausgezeichnet gelöst. Man gab uns alles. Man gestattete uns jeden Luxus auf Staatskosten, aber man verlangte auch härteste Einsätze, bei denen fast immer Lebensgefahr bestand.
Ich drückte auf den Knopf der Klimaanlage und sprach etwas geistesabwesend ins Mikrophon:
»Frischluft. Temperatur senken auf achtzehn Grad Celsius.«
Das in der Schaltkabine eingebaute Robotgehirn empfing meine Worte, wertete sie aus und gab die entsprechenden Impulse. Zugleich ertönten die elektronisch erzeugten Worte aus dem Lautsprecher:
»Frischluft.
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