Hölle unter Null Grad
Heimat sagt man ›Trank der Wahrheit‹ dazu. Kennen Sie es nicht? Es ist doch sehr bekannt.«
Hannibal sah ihn verständnislos an. Auch ich verhielt mich so, daß er keine Rückschlüsse auf meine Gedanken ziehen konnte. Nein, so leicht waren wir nun doch nicht zu übertölpeln! In den Staaten kannte nicht einmal die Bundespolizei diese Droge.
»Noch nie gehört«, lautete meine Antwort. »Eh, wie sieht der denn aus? Der wird ja ganz grün im Gesicht.«
Haefert schien befriedigt zu sein. Aus seiner Tasche holte er die Papiere, die man Hannibal und mir abgenommen hatte.
»Nun?« fragte der Asiate.
»Einwandfrei, Chef«, versicherte der Kommandant. »Satcher ist tatsächlich gerade aus dem Zuchthaus gekommen. Hat sich vorher noch in Washington gemeldet Unter den Entlassungspapieren befindet sich der Magnetstempel des FBI. Er ist echt. Wir haben die Linien abgetastet. In einem Mikrodraht ist noch eine Anweisung an die FBI-Dienststellen enthalten.«
Das wußte ich natürlich, aber jetzt fuhr ich pflichtschuldigst zusammen.
»Welche Anweisung?« erkundigte ich mich erregt. »Davon weiß ich gar nichts. Was ist das?«
Der Chinese musterte mich ausgesprochen aufdringlich. Sein Mißtrauen schien langsam zu schwinden, was bei der vorzüglichen Maßarbeit unserer Ausrüstungsabteilung auch nicht anders zu erwarten gewesen war.
Haefert sprach an seiner Stelle.
»Oh, wirklich nicht? Mein Lieber, Sie sind kein unbeschriebenes Blatt. Auf dem Mikrodraht ist ein Befehl vom Chef der Geheimen-Bundeskriminalpolizei festgehalten. Sie sind dringend verdächtig, bei der weltbekannten Entführung des Astrophysikers Olaf Swendson mitgeholfen zu haben. Das geschah im Dezember 1998. Drei Monate später sind Sie wegen Rauschgifthandel verhaftet und zu vier Jahren verurteilt worden. Der Draht enthält den Befehl, schärfstens auf Sie zu achten. Man möchte wissen, wo der Wissenschaftler ist.«
Ich lachte hysterisch. Der vor mir stehende Bewacher bückte mich beinahe bewundernd an.
»Ja, wo ist Professor Swendson?« warf der Chinese lächelnd ein. »Das sollten Sie wissen, nicht wahr?«
»Er war der Leitende Ingenieur des Bootes, mit dem Swendson entführt wurde«, bemerkte Haefert befriedigt.
»Anscheinend hat er sich neuerdings wieder darauf spezialisiert. He, du da, sieh mich an!«
Manzo richtete sich langsam zu seiner normalen Größe auf.
»Hunger«, grollte es dumpf aus der mächtigen Brust. »Immer Hunger.«
Hannibal hustete krampfhaft, und ich biß mir auf die Lippen. Von dieser Seite hatte ich unseren neuen Mitarbeiter noch nicht kennengelernt. Erstaunlich, welche Fähigkeiten der Mutant entwickelte.
Haefert lachte ärgerlich.
»Du bekommst schon etwas. Bist du freiwillig mit Satcher und Bopart gegangen, oder hat man dich gewaltsam auf das U-Boot gebracht?«
Der Mutant bemerkte meinen kurzen, eindringlichen Blick und begriff sofort den Sinn. Es war an der Zeit, eine positive Bemerkung fallenzulassen.
»Gewaltsam?« Er schien angestrengt über die Fragestellung nachzugrübeln. In seine Augen trat ein Ausdruck, der die drei dicht vor ihm stehenden Aufpasser zurückweichen ließ.
»Ho, gewaltsam«, dröhnte es durch den Raum. »Nein, Satcher hat mir zu essen gegeben. Er ist ganz gut. Er hielt mir immer eine Pistole vor den Bauch. Er sagte was von schweren Kugeln. Ho, es war nicht gut auf dem Boot. Kein Platz.«
»Du wolltest also nicht?« forschte der Asiate weiter.
»Nein, nicht auf das Boot. Satcher ist aber ganz gut. Er hat mir zu essen gegeben.«
Nach der Erklärung sank der Mutant wieder in sich zusammen. Der stumpfsinnige Ausdruck kehrte in sein Gesicht zurück.
Ich fluchte unbeherrscht, was Haefert zu einem schallenden
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