Hölle unter Null Grad
vierundzwanzig Stunden, dann aber mußte die Hölle losbrechen. Das mutierte »Virus Lunaris« vom B-Typ war die schärfste biologische Waffe der GWA.
»Wenn der Impfstoff nicht schnell wirkt, ist Feierabend«, erklärte der Zwerg sachlich. »Wie wär’s mit einem Kaffee, Langer?«
Wissen Sie, was man unter dem Begriff »Kopfschmerzen« zu verstehen hat? Nein, Sie können es nicht wissen, denn Sie kennen das mutierte »Virus Lunaris« nicht im Vergleich dazu ist ein Migräneanfall eine kaum spürbare Erscheinung.
Vor einer Viertelstunde war Daroun in unser Quartier zurückgekehrt. Er hatte gerade noch die Tür erreicht und war uns entgegengetaumelt. Wir fingen ihn kurz vor dem Fall auf und stützten ihn. Sein Gleichgewichtssinn war völlig gestört. Ich sah nun in der Praxis, was ich bisher nur experimentell erlebt hatte.
Wir waren völlig in Ordnung. Auch Manzo hatte entgegen meiner heimlichen Befürchtungen gut auf das Serum reagiert. Er zeigte keine Symptome.
Daroun konnte nicht mehr klar denken, obwohl ich mir alle Mühe gab, ihn zum Sprechen zu bewegen, um dem Zustand damit etwas entgegenzuwirken. Auf seinem Gesicht zeichneten sich die ersten dunklen Flecken ab.
Die unterirdische Stadt hatte sich fast schlagartig in ein Tollhaus verwandelt. Hannibal stand am Fenster und starrte mit weit aufgerissenen Augen nach draußen.
Mehr als dreitausend Personen mußten erkrankt sein. Die bewaffneten Posten waren ebenfalls infiziert. Wie es weit hinten im Werk und in den Minen aussah, konnte ich nur ahnen. Wir mußten mindestens noch eine Stunde warten, ehe wir den Ausbruch wagen konnten. Bis dahin mußte der Erreger in den entferntesten Winkel vorgedrungen sein.
In den angrenzenden Räumen vernahm ich Stöhnen. Kein Lebewesen war von dieser unheimlichen Infektion verschont geblieben, die nach mehr als vierundzwanzig Stunden voll ausgebrochen war.
»Komm her«, rief ich Hannibal scharf zu. »Verliere nicht die Nerven. Wir müssen hier verschwinden. Es ist anzunehmen, daß die Krankheit in der Radarstation noch nicht so weit fortgeschritten ist. Wenn uns der Inder damit in Verbindung bringt, werden die Leute der Leibwache bald in unserem Quartier auftauchen. Manzo, leg dich hin.«
Minuten später hatten wir die dünnen Kunstfaserbänder über unseren Schultern und Hüften befestigt. Daran hingen nicht nur die Thermo-Rak-Pistolen mit den gefüllten Reservemagazinen, sondern auch die Thermonital-Handgranaten.
Ich trug die äußerlich wie eine 24schüssige Henderley 7 mm aussehende Waffe im Schulterhalfter, doch das kurze Überfallhemd hatte ich auf der Brust geöffnet. Wir hatten alles riskiert. Nun galt es durchzuhalten.
Als wir aus dem Bau rannten, hatten wir die Waffen noch nicht gezogen. Es mochte hier und da noch Leute geben, die aus irgendeinem Grund noch nicht angesteckt waren.
Besorgt dachte ich an die Bewohner der höher liegenden Station. Ob das Virus auch dort eingedrungen war? Vielleicht dauerte es eine gute Stunde länger, bis es dort zur Wirkung kam. Dieser Zeitraum mochte einem Mann wie Satara aber völlig genügen.
Wir liefen durch die breiten Straßen des riesigen Felsdomes. Ab und zu sahen wir jemanden, der noch nicht voll erfaßt war. Diese Leute preßten aber auch schon die Hände an die Schläfen. Niemand von ihnen achtete auf uns. Der Schmerz hielt sie umfangen.
Dicht vor dem riesigen Stollen, der sowohl zu den Minen als auch zur Aufzugshalle führte, gingen wir hinter einer gewaltigen Steinsäule in Deckung.
»Was jetzt?« keuchte der Kleine. »Willst du nicht den Angriffsbefehl geben?«
»Noch fünfundvierzig Minuten. Nicht eher. Ich muß erst Gewißheit haben, wie es oben aussieht.
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