Hölle unter Null Grad
Die sind vielleicht noch nicht lahmgelegt.«
»Sie sind es, verlaß dich drauf. Wenn ich das hier sehe, gibt’s gar keine andere Möglichkeit. Der Erreger ist garantiert mit den aufsteigenden Warmluftmassen nach oben vorgedrungen. Gib den Befehl! Den Leuten, muß schleunigst geholfen werden. Sie sollen nicht unnötig lange leiden müssen.«
»Noch fünfundvierzig Minuten«, beharrte ich, »eher greift niemand an! Wenn die Leute da oben noch klar sind, können sie alles sprengen. Hier liegt mehr Plutonium, als wir uns vorstellen können. Freie Neutronen sind auch genügend vorhanden. Wenn es irgendwie zur Bildung einer kritischen Masse kommt, spielen wir Vulkanausbruch. Ohne mich!«
»Aber …!«
»Das war ein Befehl, Leutnant Utan«, unterbrach ich ihn.
Hannibal verstummte. Dann aber entwickelten sich die Dinge doch schneller, als ich erhofft hatte.
Dicht vor uns, vielleicht acht Meter entfernt, kam ein schwerer Elektro-Lastwagen aus dem großen Haupttunnel geschossen. Auf der offenen Pritsche kauerten mindestens zwanzig Männer verschiedener Völkerschaften. Diese Männer waren noch gesund.
Ich erkannte den kraftvollen Südchinesen, der uns vor einiger Zeit nach oben geleitet hatte. Er schien der Anführer des hochqualifizierten Spezialtrupps zu sein. Die Maschinenkarabiner der Männer redeten eine deutliche Sprache.
Hannibal fluchte unbeherrscht. In meinem Gehirn überstürzten sich die Gedanken. Weshalb zeigten sie noch keine Symptome? Was war da geschehen?
Hannibal riß plötzlich seine langläufige Waffe hoch. Ich konnte ihm gerade noch rechtzeitig auf das Handgelenk schlagen.
»Bist du wahnsinnig?« schrie ich ihm ins Ohr. »Ich will sehen, wie die Männer reagieren. Bis sie unseren Bau durchsucht haben und von dort zurückkommen, vergehen mindestens zwanzig Minuten. In der Zeit kann auch bei ihnen die Wirkung eintreten. Wenn nur einer zu taumeln beginnt, ist es sicher, daß es oben auch so sein muß. Sie sind nämlich von dort gekommen! Abwarten und in Deckung bleiben. Manzo, gib einen Lagebericht durch. TS-19 soll mit dem Angriff warten, bis ich ›Eisbär‹ befehle.«
Der Mutant begann sofort mit seiner Arbeit. Wir sahen dem Wagen nach, der ziemlich rücksichtslos durch die Straßen gefahren wurde. Ich sah, daß der Chinese in ein Funksprechgerät sprach. Diese Beobachtung ließ mich noch vorsichtiger werden.
Der E-Wagen verschwand hinter einem flachen Bauwerk. Als er wieder sichtbar wurde, jagte er durch die Wohnsiedlung.
Undeutlich konnte ich sehen, daß die Wachen vor unserem Quartier von der Pritsche sprangen und mit schußbereiten Maschinenwaffen im Eingang verschwanden.
Hannibal sah mich bezeichnend an.
»Diesmal hast du den richtigen Riecher gehabt. Die können in dem Chaos lange suchen.«
So war es auch. Nach etwa zehn Minuten tauchten sie wieder auf. Sie suchten zu Fuß die nähere Umgebung ab, bis sie schließlich zusammengerufen wurden.
»Da …!« schrie der Zwerg.
Ich sah ihn auch!
Nein – ich sah schon zwei Leute, die plötzlich die Hände an die Schläfen preßten und zu taumeln begannen. Nach wenigen Augenblicken waren es schon fünf Männer. Wenn der Erreger erst wirksam wurde, tat er dies schlagartig.
Nur noch elf Mann sprangen auf den Wagen, dessen Fahrer nun keine Rücksicht mehr kannte. Mit voller Fahrt raste er durch die Straßen. Er übersteuerte in einer Kurve und prallte mit einer Geschwindigkeit von etwa sechzig Meilen, ohne zu bremsen, gegen eine Felswand. Der Wagen glich einem Trümmerhaufen. Niemand von den Wachen überlebte den Unfall.
Ich sah auf die Uhr. Von meinem festgesetzten fünfundvierzig Minuten waren genau zweiunddreißig vergangen. Bedächtig sah ich nochmals das
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