Höllenbote Angela
durchraste ihn. Das Bild über ihm verschwamm noch mehr. Es war nicht so unscharf geworden, als daß er nicht alles noch mitbekommen hätte. Wie diese untote Person ihre Rechte auskostete und ihre Hand mit der blutigen Waffenspitze weiter über ihn hinwegschob, so daß das tödliche Ende schließlich auf seine Kehle zielte.
»Ich will es sprudeln sehen!« sagte sie. »Sprudeln, verstehst du mich noch, Big Smith?«
Er verstand sie kaum. Aber er sah noch, wie die kurze Lanze ein zweites Mal auf ihn zuraste.
Die Kehle war anvisiert worden, und sie wurde auch haargenau getroffen. Angela Sarti, die Untote, kam zu ihrem makabren Mahl…
Die Untote hatte sich dabei Zeit gelassen, denn sie wollte dieses Mahl bis zum letzten Tropfen auskosten. Minutenlang war sie nur damit beschäftigt. Schließlich erhob sie sich aus ihrer gebückten Haltung und schlürfte auch die letzten Tropfen von ihren Lippen ab.
Dann trat sie zurück. Zitternd, aber zufrieden. Sie ging so weit nach hinten, bis ihr der Lincoln wieder den nötigen Halt gab. Fast an der gleichen Stelle stehend, ruhte sie sich aus. Uber ihr Gesicht huschte dabei ein zufriedenes Lächeln.
Welch ein Gefühl! Welch ein Gefühl der Sättigung und der Zufriedenheit zugleich. Es war einfach wunderbar für sie gewesen. Das erste Blut nach ihrer Verwandlung. Sie hatte es getrunken wie eine Durstige an der Brunnenfontäne. Sie fühlte sich so wunderbar satt und zufrieden wie selten.
Angela bewegte ihre Lippen. Die dabei entstehenden schmatzenden Laute störten sie überhaupt nicht. Es waren einfach Reaktionen ihrer Zufriedenheit.
Es tat so gut, anders zu sein. Vor allen Dingen den Menschen überlegen zu sein. Das war es letztendlich, was ihr den großen Kick brachte. Sie brauchte keine Angst davor zu haben, daß ihr jemand mit normalen Waffen etwas antun konnte. Schon jetzt hatte sie sich an ihr untotes Dasein gewöhnt. Es gefiel ihr besser als das normale Leben als Mensch und Killerin.
Letzteres war sie auch noch. Allerdings auf eine andere Art und Weise, und das machte sie außerordentlich zufrieden. Angela ließ einige Zeit vergehen, bis sie sich entschloß, diesen Bau hier zu verlassen. Sie wußte genau, wie sie die Tür öffnen konnte. Die Fernbedienung lag bereit, als hätte es Big Smith noch in den letzten Sekunden seines Lebens organisiert.
Als sie an ihn dachte, verließ sie ihren Platz und ging langsam auf ihn zu. Neben der leblosen Gestalt blieb sie stehen. Big Smith sah anders aus. Er war nicht mehr der gleiche, den sie kannte und mit dem sie einige Zeit gearbeitet hatte.
So blutleer und entsprechend blaß. Seine Gestalt schien zusammengeschrumpft zu sein. Zumindest kam ihr der Mann jetzt kleiner vor als zu seinen Lebzeiten.
Der Sarg fiel ihr ein. Sie bückte sich und hob die Leiche mit einer lockeren Bewegung an, als hätte sie überhaupt kein Gewicht zu tragen. Die Kräfte eines Vampirs waren eben stärker als die eines normalen Menschen. Es bereitete ihr Spaß, den Sarg wieder zu füllen. Sie stellte sich die Augen irgendwelcher anderer Personen vor, wenn sie auf einmal bemerkten, wen sie da begraben wollten. Vorausgesetzt, sie öffneten den Sarg.
Sehr vorsichtig ließ sie die Leiche in die Totenkiste gleiten und trat danach zurück. Ihr Gesicht zeigte einen Ausdruck der Zufriedenheit, als sie den Deckel auf das Unterteil legte.
Jetzt mußte sie sich um sich selbst kümmern. Im Wagen steckte noch der Zündschlüssel. Es war kein Problem, mit dem Wagen zu verschwinden, und die noch geschlossene Tür war ebenfalls kein Hindernis. Im Wagen schwebte wie ein Souvenir noch immer der Geruch des Benutzers. Sie kannte das Rasierwasser des jetzt Toten. Es hatte immer etwas streng gerochen und auch scharf.
Die Halle war groß genug, um dort den Wagen drehen zu können. Das mußte Angela, um auf das Tor zufahren zu können. In ihrem Leichenhemd hockte sie hinter dem Lenkrad. Die beiden Scheinwerferkegel strichen durch die finstere Luft. Sie tasteten über den Boden hinweg und glitten auch an den Wänden entlang. Einmal streiften sie den Sarg. Angelas Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln, denn sie konnte endlich ihren Spaß haben und stand auf der Gewinnerstraße.
Direkt fuhr die Untote auf das Tor zu. Hinter dem Lenkrad wirkte sie für einen unbedarften Zuschauer etwas verloren. Das täuschte. Ein Blick auf den Beifahrersitz reichte aus. Dort lag die Mordwaffe mit ihrer noch immer blutigen Spitze.
Angela hob die Fernbedienung an. Sie drückte den Kontakt,
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