Hoellenglanz
draußen«, sagte ich. »Vielleicht scheint heute sogar noch ein bisschen die Sonne.«
Eine sehr reife und beiläufige Bemerkung. Derek grollte sogar: »Hoffen wir’s.« Andrews Gesichtsausdruck entspannte sich nicht.
»Sind die anderen schon auf?«, fragte ich. »Die haben geschlafen wie die Toten, als ich rausgegangen bin.«
»Noch nicht. Ich wollte gerade Frühstück machen, und dann habe ich gesehen, dass die Hintertür offen steht.«
»Ich dachte, wir lassen sie besser offen«, sagte ich. »Du willst ja wahrscheinlich wissen, wo wir sind, oder?«
Er nickte und winkte uns ins Haus, wartete, bis wir drinnen waren, und drehte sich dann noch einmal zur Tür, um skeptisch zum Waldrand hinüberzusehen. Dann schloss er die Tür und schob den Riegel vor.
Derek ging nach oben, um zu duschen. Ich wollte eigentlich nach Tori sehen, aber Andrew bat mich um Mithilfe in der Küche – er ließ mich den Tisch decken, während er den Speck briet.
»Du schreibst, also nehme ich an, du liest auch gern«, sagte er. »Welche sind deine Lieblingsautoren?«
Ich rasselte ein paar Namen herunter.
Er lachte. »Simon hat recht gehabt. Keine Mädchenromane für dich. Ich habe etwas, das dir vielleicht gefallen könnte, jede Menge Action und Spannung. Es ist vorläufig noch ein Manuskript, aber wenn du es gern sehen würdest, kann ich dir meinen Laptop leihen. Ich würde wirklich gern deine Meinung hören …« Er grinste mich über die Schulter an. »Vorausgesetzt, es macht dir nichts aus, der Testleser zu sein?«
»Nein, das ist cool! Worum geht’s?«
Es klang wirklich interessant, und wir redeten eine Weile über Bücher. Dann wollte er wissen, wie ich die Eier aß, und als er sie aufzuschlagen begann, fragte er: »Was weißt du alles über Werwölfe, Chloe?«
»Bloß das, was ich von Derek gelernt habe.«
»Na ja, ich bin auch nicht gerade ein Fachmann. Aber Tomas hat mir vor Jahren mal erzählt, dass es eins gibt, das man immer im Gedächtnis behalten sollte, wenn man mit einem Werwolf zu tun hat. Sie sehen vielleicht aus wie du und ich, aber sie sind es nicht. Sie sind nur zur Hälfte Mensch.«
Ich wurde wütend. Von diesem Mist hatte ich im Labor schon genug gehört.
»Und zur Hälfte Monster?«, fragte ich. Mein Tonfall war kühl geworden.
»Nein, zur Hälfte Wolf.«
Ich entspannte mich wieder. »Dereks Dad hat ihn in dem Wissen erzogen.«
»Ich bin mir sicher, dass Kit das getan hat, aber … Für Kit ist Derek sein Sohn, genau wie Simon. Es gibt Dinge, bei denen Eltern ihren Kindern zuliebe vage bleiben. Zur Hälfte Wolf zu sein bedeutet nicht nur, dass Derek ein bisschen anders ist. Es bedeutet, er ist zur Hälfte ein Wesen, das vom Instinkt geleitet wird. Und es gibt ein paar Instinkte …« Er räusperte sich. »Derek scheint dir sehr … zugeneigt zu sein, Chloe.«
»Zugeneigt?«
Ich musste lachen angesichts der Wortwahl. »Ja sicher, er fühlt sich ein Stück weit für mich verantwortlich. Wie du gesagt hast, es ist, weil er zum Teil ein Wolf ist. Ich gehöre vorübergehend zu seinem Rudel, also ist er für mich zuständig, ob er’s will oder nicht. Er fühlt sich verpflichtet – Instinkt eben.«
Andrew sagte ein paar Sekunden lang nichts und wendete lediglich die Eier.
»Soll ich schon mal mit dem Toast anfangen?«, fragte ich. »Ich kann …«
»Als die Edison Group das Genesis-Projekt startete, wollte Dr. Davidoff ursprünglich sowohl Werwölfe als auch Vampire einbeziehen.«
»Vampire?« Es gab
Vampire?
Ich hatte mich noch nicht einmal ganz an den Gedanken gewöhnt, dass es Werwölfe gab.
»Die anderen haben ihn bei diesem Vorhaben überstimmt, aber bei den Werwölfen hat er sich durchgesetzt. Wir haben bei euch allen mit Dingen herumgepfuscht, von denen wir nichts verstanden haben, aber nirgendwo mehr als bei den Werwölfen.«
Er gab mir das Brot und zeigte auf den Toaster. »Werwölfe und Vampire unterscheiden sich von den anderen paranormalen Spezies. Sie sind sehr viel seltener, und wir betrachten sie – genau wie sie sich selbst – als Außenseiterspezies. Weder in unserer Gruppe noch in der Edison Group würdest du einen einzigen Werwolf oder Vampir finden. Die Kabalen, Konzerne, die von Magiern geleitet werden, stellen sie nicht ein. Unsere Spezialkrankenhäuser behandeln sie nicht. Ich weiß, dass sich das nach Rassentrennung anhört, aber das ist gegenseitig. Unsere Ärzte wissen nicht genug über Werwölfe, um sie behandeln zu können. Und Werwölfe sind auch gar
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