Höllenherz / Roman
du so was nicht machen! Dies ist, nun ja, die reale Welt.«
Er wollte sie anfahren, doch das ließ er lieber. »So ist es nicht. Hilf mir, ihre Unschuld zu beweisen!«
Errata sah ihn streng an. »Was brauchst du?«
»Kannst du für mich etwas über Talia Rostovas Geschichte mit ihrem Meister herausfinden, angefangen damit, wer er ist? Irgendetwas muss zwischen ihnen vorgefallen sein. Ich glaube nicht, dass wir es mit einer gewöhnlichen Deserteurin zu tun haben.« Nicht bei dem Kummer, den er in Talias Augen gesehen hatte.
»Treibt dich simple Neugier an, oder glaubst du, dass ihre Geschichte dir helfen kann, den Mörder ihrer Cousine zu fassen?«
»Kann sein.« Selbst in seinen eigenen Ohren klang er beleidigt.
»Ich hoffe, du weißt, was du tust.«
Ja, ich auch.
»Uns bleibt nicht viel Zeit. Sie ist ein Ziel.«
Errata erhob sich mit der Grazie einer Raubkatze. »Ich lasse es dich sofort wissen, wenn ich etwas finde.«
»Sei vorsichtig!«
Sie schürzte die Lippen. »Du und Perry, ihr seid einsame Spitze darin, auf das Offensichtliche hinzuweisen.«
»Er sollte bei unserem nächsten Treffen auch dabei sein.«
Errata sah kurz zu ihm, während sie nach ihrer Jacke und Handtasche griff. »Morgen Abend. Bei dir. Ich will diese Vampirin sehen. Sie muss etwas Besonderes sein, dass du dich ihretwegen so ins Zeug legst.«
Lor wollte nicht, dass sie in sein Revier eindrang, und schon gar nicht, dass sie Talia begegnete. »Na gut«, stimmte er zu, auch wenn es ihm widerstrebte.
»Eine Bedingung.«
»Welche?«
Sie wurde wieder ernst. »Du musst sie gehen lassen. Du darfst keinen Blutsauger in Haft behalten, ohne es den Vampirbehörden zu melden.«
Lor wurde misstrauisch. »Denk nicht einmal dran!«
Errata neigte sich über ihn und zeigte ihre winzigen scharfen Zähne. »Caravelli ist jederzeit erreichbar. Falls jemand anders herausfindet …«
Lor stieß einen verärgerten Laut aus. »Ich habe sie erst seit wenigen Stunden bei mir. Sobald es sicher ist, kannst du zugucken, wie ich sie aus meiner Wohnung scheuche!«
»Genau das wollte ich hören. Ich mag dich, Lor, deshalb möchte ich nicht, dass du Ärger mit den Untoten bekommst, und ich will nicht erfahren, dass du einen Hobbykerker voller hübscher junger Vampirinnen betreibst.«
Lor beäugte sie finster und versuchte, sich an Talias Lippen zu erinnern. »Ich bin ein Höllenhund, kein Soziopath.«
»Und ich glaube, du willst sie einfach nur für dich behalten.«
»Blödsinn!«
»Ah, du wirst rot! Du magst sie.« Sie wedelte mit dem Zeigefinger, als sie zur Tür ging.
»Sei vorsichtig!«, sagte er nochmals, diesmal zu ihrem Rücken. »Pass auf, mit wem du redest!«
»Ja, ja, bis dann, mein braves Hundchen!« Sie bewegte sich schnell, wie ein Mäusejäger auf einer Mission. Katzen hörten niemals zu.
Lor fühlte einen Anflug von Sorge. Er befürchtete, dass er Errata in große Gefahr brachte.
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13
Mittwoch, 29. Dezember, mittags
Lors Wohnung
L or träumte von Dämonen. Nicht von Halbdämonen, Höllenhunden oder Inkuben, sondern von den richtigen Dämonen, den erbarmungslosen und hungrigen. In seinem Traum jagten sie Hunde durch die Burgkorridore, zerfetzten die Schwächelnden mit Klauen, so grausam und krumm wie die Klingen der kriegerischen Dunkelfeen.
Lauft! Lauft schnell!
Er träumte eine Erinnerung, und in seinem schnellen Atem hallte die Panik des realen Erlebnisses nach.
Dämonen feuerten Energiebälle ab, die knapp über den Hunden hinwegflogen und ihnen das Fell auf dem Rücken versengten. Die Hitze schnitt wie Rasierklingen. Lor legte seine Ohren flach an und machte sich so lang, wie er konnte. Dann hörte er einen Schmerzensschrei. Einer der anderen Hunde war nicht so schnell oder hatte weniger Glück.
Der Tunnel wurde enger, und die Öffnungen zu Seitengängen wurden zusehends weniger. Sie rannten so schnell, dass die Mauern zu einem grauen Schlierfilm verschwammen. Die Dämonen trieben sie in die Falle, denn am Ende erwies sich der Tunnel als Sackgasse. Sie waren gefangen!
Es gab eine letzte Chance, einen schmalen Spalt in der Mauer, durch den sie sich hindurchzwängen und in Sicherheit bringen konnten. Einer nach dem anderen quetschten die Hunde sich in den Spalt, die jüngsten zuerst, dann die Mütter. Doch es dauerte zu lange. Alles in dem Traum verlangsamte sich qualvoll. Sie schafften es nicht …
Stopp!
Lor schrak aus dem Traum hoch, lag aber noch eine Weile still da, bis die letzten Bilder im ruhigen, rationalen
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