Höllenqual: Lenz’ zehnter Fall (German Edition)
manikürte Hände.
Das machte die Sache zwar nicht besser, aber immerhin weniger schmerzhaft. Ganz
schlimm waren die Handwerker. Schwielige, raue, rissige Hände, im schlechtesten
Fall noch gesteuert von einem grobschlächtigen, gefühllosen, roboterähnlichen Rammler.
Neben seinen
Schuhen hätte sie gern auch Höflehners Augen gesehen, doch seit sie eingestiegen
war, hatte er stur geradeaus geschaut, immer auf den Verkehr konzentriert.
Ich würde
mich deutlich besser fühlen, wenn er gütige Augen hätte. Aber vielleicht sind gütige
Augen bei dem Freund eines Zuhälters zu viel verlangt.
Er setzte
den Blinker und bog nach links auf die Konrad-Adenauer-Straße ein. In einer langgezogenen
Rechtskurve, die sie ein paar Sekunden später durchfuhren, bewegte sich sein linker
Arm langsam zur Seite. Viola dachte zunächst, er wolle das Fenster auf der Fahrerseite
herunterlassen, doch sein Zeigefinger näherte sich einem anderen der vielen Knöpfe.
Als er ihn gedrückt hatte, ertönte ein leises, beunruhigendes Klacken. Beunruhigend
war es deshalb, weil im gleichen Augenblick das kleine Lämpchen in der Mittelkonsole
anging, das darauf hinwies, dass die Türverriegelung aktiviert worden war.
»Was soll
der Scheiß?«, fauchte Viola ihn an. »Mach sofort die Türen wieder auf!«
Während
sie den linken Arm nach oben hob, gerade so, als ob sie einen Schlag erwarten würde,
fuhr ihre rechte Hand nach unten und versuchte, in die Hosentasche zu gelangen.
Der Mann am Steuer drehte seinen Kopf nach rechts, erkannte, was sie vorhatte, und
trat kurz auf die Bremse, wobei Violas gesamter Körper kurz nach vorn und wieder
zurückkatapultiert wurde. Und noch während sie sich dafür verfluchte, in sein Auto
gestiegen zu sein, und gleichzeitig die Bemühungen wieder aufnahm, an das Gasspray
in der Hosentasche zu kommen, sah er sie kurz an. Er sah ihr ins Gesicht, wobei
er offenbar die exakte Entfernung zu ihrem Kopf taxierte. Der brutale Schlag, der
sie ein paar Millisekunden später direkt an der Schläfe traf, ließ sie nicht einmal
mehr aufschreien. Viola Bremers Oberkörper flog nach rechts, wobei ihr Kopf gegen
die Seitenscheibe knallte. Als sie, vom Sicherheitsgurt unsanft gebremst, nach vorn
kippte, war sie längst bewusstlos.
27
»Wir sind von der Kriminalpolizei
und würden gern den Filialleiter oder den Inhaber sprechen«, erklärte Hain der jungen,
stark geschminkten Frau hinter dem breiten Tresen im Eingangsbereich des Möbelhauses.
»Oh!«, zeigte
sie sich erschreckt. »Ist etwas passiert?«
Der junge
Polizist setzte sein gewinnendstes Lächeln auf, bevor er zu einer Antwort ansetzte.
»Das würden
wir, wie gesagt, lieber mit dem Leiter des Marktes besprechen.«
»Ja, natürlich.
Ich rufe Ihnen Frau Schotzki. Sie ist die Marktleiterin.«
Die Frau
griff zum Telefonhörer, drehte sich dann aber zur Seite, sodass Hain nicht verstehen
konnte, was sie sagte. Keine 15 Sekunden später jedoch öffnete sich eine Tür in
der Nähe und eine etwa 40-jährige Frau näherte sich mit schnellen Schritten.
»Maren Schotzki,
guten Tag. Was kann ich für Sie tun, meine Herren?«
Lenz, der
sich bis zu diesem Moment, mit dem Rücken an der Theke lehnend, im Hintergrund gehalten
hatte, schüttelte ihr die Hand, stellte sich kurz vor und zeigte ihr seinen Dienstausweis.
»Das ist
mein Kollege Thilo Hain. Wir hätten ein paar Fragen zu einem Ihrer Mitarbeiter,
Herrn Ahrens. Bernd Ahrens.«
Die in einem
dunkelblauen, billig wirkenden Kostüm steckende Frau sah sich kurz um, als wolle
sie prüfen, ob auch niemand ihre Unterhaltung belauschen konnte.
»Hat er
etwas angestellt?«
»Wie kommen
Sie darauf?«
»Ich … meine
nur«, erwiderte sie schnell. »Weil Sie doch von der Kriminalpolizei sind.«
»Das muss
nicht zwangsläufig heißen, dass wir uns nur nach Menschen erkundigen, die etwas
angestellt haben.«
»Ja, da
muss ich Ihnen recht geben.«
Nun sah
Lenz an der Frau vorbei und blickte sich in der riesigen Halle um.
»Können
wir vielleicht in Ihr Büro gehen, Frau Schotzki? Ich meine, hier in der Halle …«
»Nein, das
geht leider nicht. Ich habe einen wichtigen Vertreter zu Besuch und deshalb eigentlich
auch sehr wenig Zeit für Sie.«
»Na gut,
dann eben hier. Was können Sie uns zu Herrn Ahrens sagen? Wie ist er als Mensch,
wie ist er als Mitarbeiter?«
Maren Schotzki
verzog nahezu unmerklich den Mund. Es war tatsächlich nur eine Nuance, doch Lenz
hatte den Eindruck, aus ihrer Mimik so etwas wie Verachtung
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