Höllensog

Titel: Höllensog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark

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sie aufgegeben, sie mußten sich zuerst um andere Dinge kümmern, denn wenn sich die Lage zu schnell und auch zu schief für sie entwickelte, konnten sie in eine Mühle hineingeraten und zermalmt werden.
    Die Gefahr war vorhanden!
    War sie auch sichtbar?
    Sie beobachteten das Ufer und den See.
    Dessen Wasser lag so ruhig vor ihnen, als hätte es sich in eine Spiegelfläche verwandelt. Und es war noch etwas geschehen. Nicht weit von ihrem Boot entfernt und eigentlich auch um den Kahn herum hatte das Wasser seine Trübheit verloren. Es war klar geworden, beinahe schon grundklar, und es war dabei, immer noch klarer zu werden. Beide Männer gingen davon aus, bald den Grund sehen zu können.
    »Es tut sich etwas«, flüsterte Golenkow. »Da hat sich zuviel verändert. Glaubst du, daß ein Komet auch den umgekehrten Weg nehmen kann und zurückkehren wird?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Aber du schließt es auch nicht aus – oder?«
    »Bei dem Kometenkopf schon, aber wie sich der Schweif verhält, kann ich nicht sagen. Der ist ja eine mit Magie gefüllte Transportlinie, der ist mehr als nur…«
    »Da ist er!« Golenkow hatte die Worte geschrien und zugleich auf das Wasser gedeutet.
    Auch Suko war überrascht. Für einen Moment stockte ihm der Atem. Er dachte daran, daß sie doch immer wieder etwas Neues erlebten, und dieses Neue baute sich dort auf, wo der Grund des Sees begann. Sogar noch mehr war geschehen.
    Er lag jetzt klar und sichtbar vor den Augen der Männer. Sie konnten ihn erkennen, und auch der mächtige in ihn hineingebohrte Krater war zu sehen. Dort mußte der Komet liegen. Er war für sie nicht interessant. Viel wichtiger war der Schweif, der auf dem Grund des Sees seinen Anfang nahm und sich wie ein gewaltiger dünner Regenbogen aus dem Wasser hervorschob und sich anschließend brückenartig in Richtung Dorf spannte. Er war schon ein Phänomen für sich, aber die beiden Männer sahen noch mehr.
    Der Schweif war nicht leer.
    Er war gefüllt mit dem, was einmal in Szwalzin auf zwei oder vier Beinen gelebt hatte…
    ***
    Ich verhielt mich so still wie möglich. Nur nicht bewegen, nur nicht atmen, nur nicht die Andacht stören, die den sechzehnjährigen Jungen vor dem Fenster gefangenhielt. Ich wollte nicht, daß auch nur das geringste Geräusch Gregor störte, der sich in einem derartig intimen geistigen Kontakt zu seinen Eltern befand.
    Er sprach mit ihnen, davon war ich überzeugt, doch er mußte sich dabei auf einer Ebene unterhalten, die man als geistig ansehen konnte, denn Worte, auch keine geflüsterten, fielen nicht.
    Ich öffnete den Spalt nur eine Idee weiter. So konnte ich besser an dem Jungen vorbeischauen und auch das Fenster sehen, dessen Scheibe nicht gerade blank war. Aber hinter ihr zeichnete sich doch etwas Helles ab, und es war auch klar. Trotzdem konnte ich es nicht genau erkennen, und ich überlegte schon, ob es womöglich das Licht aus einer anderen Welt oder Dimension sein konnte.
    Zeigten sich hier die Toten, oder waren für eine gewisse Dauer nur die Verschwundenen zurückgekehrt, um jemandem zu beweisen, daß es sie noch gab?
    Die Rätsel wurden nicht weniger, aber auch allgemein hatte sich etwas verändert. Sosehr ich darüber nachdachte, ich wußte nicht, was es war, die Veränderung bezog sich mehr auf den Hintergrund, auf die Luft, die Umgebung und nicht auf die Szene vor mir.
    Das Murmeln des Jungen durchwehte das Zimmer. Ich konnte Teile seiner Fragen verstehen. Er wollte immer nur wissen, wo sich seine Eltern befanden, und er beschwerte sich auch darüber, daß sie ihm keine genauen Antworten gaben.
    »Tot…?« hörte ich ihn sprechen. »Seid ihr wirklich tot? Oder kommt ihr wieder…?«
    Schweigen.
    Oder vibrierte die Scheibe?
    Es war möglich. Darauf wollte und konnte ich mich nicht verlassen. Ich mußte mehr wissen und riskierte es nun, die Tür noch weiter aufzuziehen. Es entstanden dabei leise Geräusche, so leise zum Glück, daß sie nur für mich hörbar waren und den Jungen nicht störten.
    Ich schob mich vor.
    Schritt für Schritt glitt ich in das Zimmer des jungen Gregor hinein. Ich ging auf Zehenspitzen, nichts sollte gestört werden, und ich schaffte es auch, an der Gestalt des Jungen vorbeizuschauen. So konnte ich mehr erkennen.
    Da war jemand.
    Aber kein Mensch!
    Ein gekrümmtes helles Licht, eine Verbindung, der Teil eines Bogens, vergleichbar mit dem eines Regenbogens. Mir fiel wieder dieser Höllensog ein, von dem der Junge gesprochen hatte. Er war da, er war