Höllensog
es nicht. Wie ein Fremdkörper bewegte ich mich durch diese Welt und wurde des öfteren verwundert angeschaut, weil ich nicht so fröhlich war wie die übrigen Menschen.
Ich kehrte wieder zu den Smirnows zurück. Diesmal sprach ich Gregors Vater an. »Haben Sie für dieses alles hier eine Erklärung?«
»Nein.«
Das war ehrlich. »Dann nehmen Sie es so hin, wie es ist?«
»Auch das. Uns… uns… ist ein Traum erfüllt worden. Wir alle in Szwalzin haben von einem besseren, anderen Leben geträumt. Wir haben darum gebetet, aus dieser staubigen Schüssel zu entwischen. Unsere Gebete sind erhört worden, die Träume haben sich erfüllt. Wir möchten nicht mehr zurück. Wir möchten bleiben.«
»Wissen Sie denn überhaupt, wo Sie sich befinden?« hakte ich nach.
»Nein.«
»Keine Vorstellung?« Er schüttelte den Kopf.
Dafür meldete sich Gregor. »Meine Mutter hat gesagt, es ist das Paradies.« Der Junge hatte Englisch gesprochen, da konnte ich ihn besser verstehen.
»Ja«, murmelte ich, »das Paradies. Wißt ihr überhaupt, wer euch in dieses Paradies geführt hat?«
»Mein Vater spricht von einem gütigen Schicksal. Daran glaubt er fest. Die Armen sind erhört worden. Jemand hat sie nicht mehr träumen lassen. Es ist kein Traum mehr…«
»Das scheint mir auch so zu sein.«
»Du willst aber nicht bleiben, John, oder?«
»Nein.«
»Kennst du den Weg zurück?«
»Bis jetzt noch nicht. Ich hoffe aber, daß ich ihn finden werde. Oder willst du mir helfen?«
Gregor hob die Schultern. »Ich weiß es auch nicht genau. Das ist alles so anders gewesen.«
»Wie anders denn?«
»Ich erzählte dir doch von dem Lacher.«
»Klar.« Ich schlug gegen meine Stirn. »Kannst du ihn mir zeigen, Gregor?«
Er schaute sich um. »Ich habe ihn nicht gesehen.«
»Aber er ist doch hier, denke ich.«
»Ich weiß nicht.«
»Sollen wir ihn suchen?«
»Warum willst du mit ihm sprechen?«
Ich wollte ihm zumindest einen Teil der Gründe nahelegen, es kam nicht mehr dazu, denn der Herr dieser Welt machte sich auf seine Art und Weise bemerkbar. Auch ich hörte das Lachen.
Es war ein Geräusch, das mich beinahe in die Knie gehen ließ. Es war schrecklich und grausam, und in ihm steckte ein wilder satanischer Triumph.
Und ich hörte auch die Stimme. »John Sinclair«, schrie er meinen Namen in sein Gelächter hinein. »John Sinclair – endlich!«
Ja, das Lachen kannte ich, die Stimme auch. Und ich wußte, wer der Chef dieser Welt war. Kein geringerer als Gerry Giesen, auch Dr. Horror genannt!
Eine andere Stadt und ein anderes Land tauchten in meiner Erinnerung auf.
New York – Amerika, der Broadway, ein Grusical, das vor Jahren große Erfolge errungen hatte. Gänsehaut und fetzige Musik, dazu Gesang und Tanz, alles verpackt in eine Handlung, die den Zuschauern Schauer über die Rücken jagen sollte. [1]
Es lief alles glatt, bis sich eines Tages herausstellte, daß es nicht gespielt war und die Mächte der Finsternis das Grusical manipuliert hatten. Dabei besonders die auffällige Dekoration, den gewaltigen Totenschädel, aus dem die Akteure kamen, in den sie auch wieder zurückgingen, doch einige von ihnen waren nicht mehr erschienen oder nur als Zwerge zurückgekehrt. Nicht verkleidet, sondern echt, und die Schuld daran hatte ein Mann getragen, der Dr. Gerry Giesen hieß, sich selbst aber Doktor Horror nannte. Seine Lache war so fürchterlich, daß sie Angst und Schrecken verbreitete. Eine Lache, wie man sie nicht vergaß, wie ich sie auch nicht vergessen hatte und nun wieder hörte. So schrecklich, so grausam, voller Triumph steckend, die Lache des Bösen und des Lasters. Die Lache eines Gewinners. Damals war uns dieser Doktor Horror leider entkommen. Er war einfach abgetaucht, und er hatte damals auf der Bühne durch den Totenschädel die Verbindung zu Aibon hergestellt gehabt. Also mußte er auch in dieses Reich verschwunden sein.
Ich war nach diesem Fall einige Male in Aibon gewesen, doch auf Giesens Spur war ich nie getroffen. Er hatte sich immer zurückgehalten, und später hatte ich ihn schlichtweg vergessen.
Bis heute.
Jetzt hörte ich die Lache und hätte mir am liebsten, wie viele der anderen Menschen in der Nähe, die Ohren zugehalten, aber das tat ich nicht, denn ich konzentrierte mich auf die Lache und somit auch auf Doktor Horror.
Er war da, aber ich sah ihn nicht. Es gab überhaupt keinen Zweifel für mich, denn diese Lache war einmalig. Man konnte sie in seiner Grausamkeit nicht nachahmen, da stand
Weitere Kostenlose Bücher