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Hoellentrip

Hoellentrip

Titel: Hoellentrip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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Laufenden«, sagte er und verließ den Umkleideraum.
    Tatem blieb noch eine Minute und rauchte schuldbewusst seine Zigarette zu Ende. Aus einem seltsamen Grund hallte die Stimme Peter Carlyles, des Anwalts aus New York, der an diesem Morgen angerufen hatte, noch in seinem Kopf wider. Irgendetwas an diesem Anruf gab ihm zu denken.
    In den vergangenen zehn Jahren hatte Tatem mit unzähligen Menschen zu tun gehabt, die ängstlich darauf warteten, eine Nachricht über die Vermissten zu erhalten – egal was. Oberflächlich betrachtet, schien Carlyle nicht anders
zu sein. Er war ungeduldig, irgendwie emotional und eindeutig besorgt. Also, wo war das Problem?
    Da war sich Tatem nicht sicher.
    Vielleicht traute er Anwälten einfach nicht über den Weg.

48
    »M…mir ist k…k…kalt«, bibbert Ernie mit geschwollenen, blau angelaufenen Lippen.
    Wir frieren alle. Wir warten bereits seit Stunden, während unsere Rettungswesten uns diesmal tatsächlich das Leben retten. Keiner von uns paddelt mehr. Wir sind körperlich erschöpft.
    Emotional ebenfalls. Ein erschreckendes Gefühl nimmt mich immer mehr gefangen, bis Carrie in Worte fasst, was niemand von uns hören will.
    »Es kommt niemand, um uns zu retten, oder?«
    »Natürlich wird man uns retten«, versichere ich meinen Kindern. Offenbar gab es eine Verzögerung. »Die Küstenwache muss nach dem Sturm wahrscheinlich eine Menge Boote retten. Wir müssen nur warten, bis wir an der Reihe sind.«
    Das glaube ich selbst kaum. Aber den Kindern etwas zu sagen, was noch hoffnungsloser klingt, würde ihnen Angst einjagen, vor allem Ernie.
    »Komm her.« Ich ziehe ihn eng an mich. Die Idee ist für uns alle gut – uns und Jake in einem engen Kreis festzuhalten, um uns wenigstens vorübergehend vor Unterkühlung zu schützen. Diese steht uns nämlich als Nächstes bevor.
    »Wie geht’s deinem Bein?«, flüstert Ernie in mein Ohr.
    »Gut«, flüstere ich zurück. »Kein Problem, Kumpel.«
    Ich weiß aber, dass das nicht stimmt. Mein Bein ist taub wie Gummi, doch ich will im Moment nicht daran denken. Klassischer Fall von Verdrängung, sagt die Ärztin in mir. Jetzt weiß ich, was so viele meiner Patienten denken müssen,
wenn ich ihnen mit Sprüchen wie »Passen Sie besser auf Ihr Herz auf« auf den Wecker gehe. Lass es einfach bleiben, Frau Doktor!
    Amen.
    Abgesehen davon mache ich mir viel mehr Sorgen um Jake.
    Auch wenn er gleichmäßig atmet, ist er kaum bei Bewusstsein. Schlimmer aber ist, dass seine Wunden verbunden werden müssen, weil ich befürchte, er verliert zu viel Blut. Und Plasma. Und er dehydriert zu schnell. Bald wird er in einen Schockzustand fallen, und wir werden ihn verlieren. Ironischerweise ist es in puncto Plasma eine Hilfe, in kaltem Wasser zu liegen.
    Trotzdem müssen wir alle raus aus dem Wasser. Selbst in der Nachmittagssonne ist es zu kalt. Wenn die Sonne untergeht, wird es bei den bevorstehenden Temperaturen leider egal sein, wie eng wir uns aneinanderkuscheln.
    »Vielleicht können wir ein provisorisches Floß bauen«, schlägt Ernie vor und blickt sich um. Noch immer treiben einige Wrackteile in unserer Nähe. Bei dem Wind und der starken Strömung allerdings nicht mehr lange.
    »Vielleicht«, stimme ich zu.
    Auch Mark wirft mit kratziger Stimme, die ich kaum verstehe, ein »Vielleicht« in die Runde.
    Hey, Moment mal! Das war nicht Mark, der gesprochen hat!
    Alle gleichzeitig drehen wir uns zu Jake, dessen Kopf kaum über die Wasseroberfläche ragt.
    »Er ist wach!«, freut sich Carrie.
    Sie hat recht – und er hat nicht »vielleicht« gesagt. Es klang mehr nach »Ave«.
    »Jake, ich bin’s, Katherine«, sage ich. »Kannst du mich
hören? Jake?« Seine Lippen zittern in dem Versuch, Worte zu bilden, doch mehr als das eine bringt er nicht heraus: »Ave.«
    »Jake, ich bin’s … Katherine.«
    Seine Augen sind geschlossen, sein Gesicht ist leblos, obwohl sich seine Lippen bewegen. Er kämpft mit einem zweiten Wort. »Maria«, murmelt er.
    »Ave … Maria.«
    Plötzlich macht es klick bei mir. »Die Ave-Maria-Kiste«, sage ich, zu Mark gewandt.
    Darin befinden sich Sachen, die wir benötigen. Die Antworten auf zumindest einige unserer Gebete.
    Sofern sie die Explosion überstanden hat.
    »Welche Farbe hat diese Kiste?«, fragt Carrie.
    »Rot«, antworte ich.
    »Oh, ich glaube, die habe ich auf dem Boot gesehen«, sagt Ernie.
    Mark und Carrie beschließen, nach ihr zu suchen und brechen in entgegengesetzte Richtungen auf.
    Mark dreht seinen Finger.

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