Höllische Versuchung
Schwert lag silbrig schimmernd neben ihr. Ich achtete genau auf ihre Augen und auf das Schwert. Damit war sie nämlich etwas schnell bei der Hand.
»Ich habe immer geahnt, dass an dir etwas merkwürdig ist, Teddy Jo«, sagte sie und deutete mit dem Kopf auf meine Flügel.
»Geht mir bei dir genauso.«
Ich spürte ihre Magie. Zu viel Macht umgab sie. Viel zu viel. Doch sie wusste sie gut zu verbergen.
»Wie ist es gelaufen?«
Ich zuckte die Achseln. »Haben die Schlange getötet. Alle anderen sind noch am Leben. Deine Freunde sind unverletzt. Feiern das wohl im Bett, nachdem sie sich ausgeschlafen haben.«
Sie hob eine Augenbraue. »Sie waren zusammen? Ich meine zusammen-zusammen?«
»Hat ganz so ausgesehen.«
Ein Lächeln breitete sich über ihre Lippen. Mann, die hatte echt ein hübsches Lächeln. Wer hätte das gedacht?
»Ich hab dir was mitgebracht«, sagte ich und zeigte ihr den Beutel mit Äpfeln.
Sie klappte das Buch zu und legte es beiseite. Auf dem Einband stand: König der Katzen: Der Löwe und sein Rudel. Ich reichte ihr den Beutel.
Sie lachte. »Konntest wohl niemand anderen auftreiben, der gegen Persephones Unsterblichkeit gefeit ist?«
»Ihr wachst nicht gerade auf Bäumen. Ich hab versucht, sie zu verbrennen, aber Feuer kann gegen diese verdammten Dinger nichts ausrichten.«
»Ja, weil sie eigentlich gegessen oder geopfert werden sollen.« Sie nahm ihr Schwert in die Hand, schnitt ein kleines Stück aus einem der Äpfel und steckte es sich in den Mund. »Sauer. Meinst du, die halten sich eine Woche? Nächsten Freitag bekomme ich nämlich Besuch, da würde ich gerne einen Apfelkuchen backen.«
»Vertragen die Gäste denn Persephones Äpfel?«
»Tut er.«
Dieses er merkte ich mir. Wusste gar nicht, dass es hier in der Gegend noch jemanden gab, dem Persephones Gift nichts anhaben konnte. Wenn ich wetten sollte, würde ich auf den Herrn der Bestien tippen. Mit der Magie war es so eine Sache. Je älter, desto mächtiger. Freilich waren Hades’ magische Feuerkünste auch sehr alt, aber die Magie, mit der Kate um sich warf, war noch um einiges älter. Dem Herrn der Bestien war ich erst einmal begegnet. Und als der an mir vorbeilief, wäre ich fast erstickt. Seine Magie war sogar noch älter als Kates. Urzeitlich – nicht gerade der typische Gestaltwandler von nebenan. Da konnte man ja regelrecht Komplexe entwickeln.
»Warum sollten die sich nicht halten?«, fragte ich laut. »Wo die verdammten Dinger doch so gut wie unverwüstlich sind.«
Sie hob den Beutel hoch. »Danke!«
»Ich habe zu danken.«
Ich drückte mich vom Gras ab und schoss in den Himmel empor. Die Sonne ging gerade auf. Ihre Strahlen wärmten mir die Flügel und ich machte mich auf den Rückweg. Hinter mir lag eine harte Nacht und ich wollte nur nach Hause, Kaffee trinken und die Hunde füttern. Cerberus’ Welpen waren echt niedlich, aber die kleinen Biester fraßen einem wirklich die Haare vom Kopf.
BLINDER FLECK
DIE WÄCHTER
Meljean Brook
1
Zwei Stunden nachdem sie an jenem Morgen eine anonyme E-Mail mit einer Adresse und einer kurzen Nachricht erhalten hatte, saß Maggie Wren schon im Flieger von San Francisco nach New York. Ihr Chef hatte darauf bestanden, dass sie den Höllenhund mitnahm, und so landeten die beiden am Nachmittag auf dem John F. Kennedy International Airport. Die Adresse führte Maggie zu einem der Sandsteinhäuser in Brooklyn. Obwohl die Straße sehr belebt und sie dem grellen Sonnenlicht ausgesetzt war, knackte sie das Türschloss und klemmte die Alarmanlage ab.
Lautlos gab sie dem Höllenhund mit einer Handbewegung zu verstehen, er möge das Erdgeschoss durchsuchen. Oben im ersten Stock standen die Türen von zwei Zimmern offen. Außer einer achtlos auf den Boden geworfenen Hose und einem Hemd waren sie leer. Die Tür des dritten Zimmers war verschlossen und Maggie trat sie ein.
Ihre Zielperson, Geoffrey Blake, saß nackt auf den Holzdielen und war mit Handschellen an die Heizung gekettet. Er hatte die Knie angezogen und lehnte mit dem Rücken gegen die Wand, über ihm ein Fenster mit Gardinen aus Spitze. Obgleich ihr Tritt Tote hätte wecken können, hielt er die Augen geschlossen.
Mit gezückter Pistole vergewisserte sich Maggie noch einmal, dass sie wirklich allein waren, und steckte die Waffe dann zurück ins Halfter.
Sie ging zu Blake und zog aus der Innentasche ihres Blazers einen Dietrich hervor. Vollkommen nackt war er nicht, wie sie jetzt bemerkte. Während sie sich hinkniete, um
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