Höllische Versuchung
gute Spur. Ich werde sie weiterverfolgen.«
»Während ich nach Hause fliege? Vielleicht lassen Sie sich das noch einmal durch den Kopf gehen. Als ich mich gestern Abend nicht gemeldet habe, was glauben Sie hat mein Onkel da als Erstes getan?« Als Maggie nicht reagierte, sagte er: »Ich wette, er hat seine Verlobte Savi gebeten, meine Telefonate zu überprüfen und dann in mein E-Mail-Konto zu hacken. Sie hätte herausfinden können, was ich in den vergangenen Stunden alles erhalten habe, wer sich mit mir in Verbindung gesetzt hat und wo ich eventuell hingegangen bin. Außerdem hätte sie dieses Bild gefunden.«
Maggie schloss die Augen für einen kurzen Moment. Dann starrte sie reglos auf die grüne Ampel.
»Und da Savi ein fotografisches Gedächtnis hat, würde es ihr nicht schwerfallen, das Gesicht mit dem auf diesem Bild in Verbindung zu bringen.«
Auf dem zweiten Foto war eine politische Großkundgebung in Washington, D. C., zu sehen, ein paar Monate bevor Maggie aus der CIA ausgeschieden war. Das ursprüngliche Foto war vergrößert worden, um Maggie zu zeigen – leicht verschwommen zwar, aber doch deutlich erkennbar, die sich in dunklem Anzug und militärischer Haltung im Hintergrund hielt. Neben ihr stand der gleiche Mann wie auf dem Fahrstuhlfoto.
Hinter ihnen hupte jemand. Maggie riss ihren Blick vom Bildschirm los und fuhr über die Kreuzung.
Geoff drang in den Geist des Höllenhundes ein. Ein stechender Schmerz durchfuhr ihn, doch er hatte Glück: Sir Pup beobachtete Maggie, also konnte er es ebenso. Er sah ihre Unentschlossenheit, das hektische Klopfen ihres Pulses an ihrem Hals, die Spannung um ihre Mundwinkel.
Aber sie versuchte erst gar nicht, die Verbindung zu diesem Mann abzustreiten. Und Gott sei Dank belog sie ihn auch nicht.
Leise fragte er: »Wie haben Sie mich gefunden?«
Sie zögerte. »Ich habe einen Tipp bekommen.«
»Von … ?«
Ihr Blick wanderte zu dem Bild.
Hatte sie vergessen, dass er dieses stumme Eingeständnis nicht sehen konnte? Er würde sie jedenfalls nicht daran erinnern. »Meinen Sie, er meldet sich noch mal bei Ihnen?«
»Ja.«
»Dann wollen Sie mich dabeihaben, Winters. Im Moment bin ich der Einzige, der zwischen Ihnen und meinem Onkel steht.«
Ihre Lippen spannten sich, ein unwilliger Ausdruck, bevor sie sich zu einem zögernden Lächeln verzogen. »Dann lassen Sie uns Ihre Schwester suchen, Mr Blake.«
3
Laut Internetdienstanbieter war die E-Mail, die sie an jenem Morgen erhalten hatte, aus dem Süden New Jerseys abgeschickt worden. Maggie glaubte zwar nicht, dass sich James immer noch dort aufhalten würde, dennoch bot es ihr einen ersten Anhaltspunkt.
Ein ungefähres, kein bestimmtes Ziel – und zudem würde es sie mit dem Auto Stunden kosten, bis sie in New Jersey waren. Schon seit Jahren hatte Maggie New York nicht mehr an einem Freitagnachmittag zu verlassen versucht, aber schneller als eine Schnecke würden sie wohl kaum vorankommen. Also musste sie Vorkehrungen treffen: Essen und Kleidung.
Sie bat Sir Pup um eine Jeans und eines der Hemden, die sie aus Blakes Hotelzimmer geholt hatten. Picobello gefaltet fielen sie ihr in den Schoß.
Maggie sah zu Blake hinüber. Er hatte kurz am Telefon mit Ames-Beaumont gesprochen und hatte dann angefangen zu chatten. Blake tippte und hörte die Antwort übers Headset ab.
Angst beschlich sie. Zwar hatte Blake versprochen, dass er sich vor sie stellen würde, aber bestimmt nicht ihretwegen. Blake wollte seine Schwester finden und sie war seine einzige Verbindung zu James. Sobald sie Katherine gefunden hatten, würde sein Angebot, sie zu beschützen, nicht mehr gelten.
Doch selbst bis dahin hatte dieses Angebot nicht viel zu heißen. Ames-Beaumont war sein Onkel und zudem der mächtigste Vampir der Welt – und schließlich war Blake ihr nichts schuldig. Wenn sein Onkel sich entschließen sollte, sie zu jagen, dann wäre es wirklich dumm von ihm, sich dazwischenzustellen.
An ihren Zielen hatte sich jedoch nichts geändert, selbst wenn Blake jetzt mitkam: Sie würde ihn beschützen und Katherine finden. Wenn ihr beides gelänge – und wenn der Vampir sie nicht für James’ Taten verantwortlich machte, so wie sie es selbst insgeheim tat – , würde Ames-Beaumont sie vielleicht laufen lassen.
Dieser Satz wurde zu ihrem Mantra: Vielleicht würde er sie laufen lassen.
Ihre Hände krampften sich ums Steuerrad. Sie wollte das hier nicht. Sie wollte bloß ihren Job. Vor dieser E-Mail war alles in bester Ordnung
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