Höllische Versuchung
wurde.«
»Selbst heute gibt es noch viele, die in den Engeln Gottes Boten sehen.«
»Und was halten Sie davon?«
»Sie gehören einer anderen Art an«, sagte er. »Vielleicht sind sie das, was wir in den nächsten Millionen Jahren werden.«
Interessante Theorie. Sara hatte keine feste Meinung zu diesem Thema. Auf den ersten Höhlenmalereien hatte es schon Engel gegeben. Für ihr Vorhandensein gab es ebenso viele Erklärungen wie Sterne am Firmament. Und falls die Engel die Wahrheit kannten, so behielten sie sie für sich. »Warum ausgerechnet Timothy Lee?«
»Er hat sich während der Morde in der Stadt befunden, er wäre imstande … «
»Imstande wären wir alle.«
»Stimmt. Also fällt dieser Punkt nicht so sehr ins Gewicht, aber Timothy ist mit Leib und Seele Jäger. Für ihn ist es nicht bloß Beruf, sondern Berufung.«
»Ist er als Jäger geboren?« Aus eigener Erfahrung wusste sie, dass Menschen mit der angeborenen Gabe, Vampire zu wittern, zwangsläufig der Gilde beitraten. Ihnen blieb keine andere Wahl.
»Nein. Aber er vergöttert die geborenen Jäger.«
»Ungesund zwar, aber nicht psychopathisch.«
Deacon nickte. »Deshalb ist er einer von dreien. Die anderen beiden haben auch ihre Macken, aber im Prinzip sind alle Jäger seltsam.«
»Haben Sie Ashwini schon kennengelernt?«
Er verschluckte sich fast. »Kennengelernt ist nicht der richtige Ausdruck. Bei unserer ersten Begegnung hat sie auf mich geschossen.«
»Das hört sich ganz nach Ashwini an.« Einen Moment lang musste sie grinsen. »Wenn es einer von den dreien war, exekutieren Sie ihn dann?«
»Ja.«
»Keine Polizei?«
»Ich bin dazu befugt. Irgendwelche menschlichen Gesetzeshüter werden nicht mit hineingezogen.« Nach einer kurzen Pause: »Sie sind froh, wenn wir uns selbst darum kümmern. Wild gewordene Jäger treiben die Anzahl der Toten in die Höhe.«
»So wie Vampire.«
Obgleich er darauf nichts erwiderte, spürte sie in der gespannten Ruhe seines Körpers, dass er ihrer Meinung war. Eine unheimliche Stille senkte sich über die Nacht und sie setzten ihren Weg schweigend fort, bis Deacon in einer dunklen, verlassenen Straße hielt. »Von hier aus gehen wir zu Fuß weiter.«
Sara verstaute ihren Helm neben seinem und folgte ihm die Straße entlang zu einem Maschendrahtzaun. Ihre Miene verdüsterte sich. »Sieht nach einem Schrottplatz aus.«
»Ist es auch.«
Also das war nun wirklich seltsam. Jäger wohnten so gut wie nie an solch heruntergekommenen Orten. Dafür, dass sie bei ihrem Job buchstäblich Kopf und Kragen riskierten, wurden sie nämlich fürstlich entlohnt. »Jedem das seine.«
»Er hat einen Höllenhund.«
Sie musste sich wohl verhört haben. »Sagten Sie gerade Höllenhund?« Vor ihrem inneren Auge tanzten glühend rote Augen in giftigen Schwefelwolken, trieben Dreizacke sie in die Enge.
»So ein großes, schwarzes Ding, beißt einem wahrscheinlich den Kopf ab, wenn man es schief anguckt. Timothy nennt den Hund Luzifers Mädchen.« Deacon zog etwas aus seiner Jacke. »Betäubungspfeile.« Dann war er auf einmal verschwunden, und wenn sie es nicht selbst gesehen hätte, hätte sie nie geglaubt, dass er sich so schnell bewegen konnte.
Sie holte ihn ein und gemeinsam erklommen sie den Maschendrahtzaun, landeten lautlos auf der anderen Seite. Ohne Vorwarnung kam Luzifers Mädchen aus der Dunkelheit auf sie zugeschossen. Sara duckte sich reflexartig und die Hündin flog über sie hinweg … direkt auf den vorbereiteten Betäubungspfeil in Deacons Hand zu. Statt die Hündin fallen zu lassen, fing Deacon den kräftigen Körper auf und legte ihn sanft ab.
»Sie mögen sie«, sagte Sara ungläubig.
Deacon streichelte der Hündin über die Flanke. »Warum nicht? Sie ist stark und loyal. Falls ich Timothy ausschalten muss, wird sie ihr Herrchen vermissen.«
»Sie würden sie glatt adoptieren, oder?« Sie schüttelte den Kopf. »Damit machen Sie alle Chancen zunichte, jemals eine Frau zu bekommen.«
Deacon hob den Kopf und sah sie aufmerksam an. »Sind Sie kein Hundefan?«
»Ihre Reißzähne sind mindestens einen Meter lang.« Sie übertrieb nur ganz leicht. »Eine Frau müsste Sie schon sehr lieben, um das zu ertragen.« Mit dem Kopf deutete Sara jetzt auf das kleine Gebäude hinter dem Haufen aus Altmetall und Gott weiß was. »Sollen wir?«
»Ja. Luzy wird für eine Weile ausgeschaltet sein.«
Luzy?
Lautlos bahnten sie sich einen Weg durch den Schrott. Dabei achteten sie sorgsam auf versteckte Fallen. Als
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