Hoellischer Verrat
kam, saß Yaris bereits an ihrem Schreibtisch.
»Du bist aber gewaltig zu früh«, sagte ich und sie lächelte traurig.
»Zu Hause habe ich es irgendwie nicht mehr ausgehalten. Habt ihr irgendetwas mitbekommen? Ist noch was passiert?«
»Ich habe nichts mehr gehört. Scheint, als wäre es den Tag über ruhig geblieben.«
»Und Pina? Wie sieht ihre Wunde aus?«
»Ich habe vorhin nach ihr geschaut. Da war ihr Zustand unverändert.«
Yaris stand auf und ging zu ihr hinüber. Dann winkte sie mich zu sich. »Sie dir das an.« Vorsichtig hob sie die Decke an und ließ sie dann wieder sinken. »Der Arm hat aufgehört zu bluten, aber von Heilung keine Spur.«
»Was ist mit den blauen Adern? Gestern waren sie schon an ihrem Hals.«
»Jetzt haben sie die Wangen erreicht.«
»Wie soll das nur weitergehen?«
»Ich werde meinen Vorgesetzten ansprechen, vielleicht weiß man schon mehr.« Yaris zupfte Pinas Decke zurecht und strich ihr dann über die Stirn. »Sie ist eiskalt!«
Mik wurde wach und sein suchender Arm fand mich nicht mehr. Er murmelte ein paar Worte, die eindeutig enttäuscht klangen, dann schlug er die Augen auf.
»Na, wo ist sie denn hin?«, fragte ich scheinheilig. Mik schob sich die Haare aus dem Gesicht und rieb sich die Augen.
»Elende Kratzbürste«, sagte er dann.
Yaris grinste schief und hob beschwichtigend die Hände. »So, ihr zwei, ich bin mal im Haus unterwegs. Vertragt euch bitte.«
»Wie geht es Pina?«, wollte Mik wissen.
»Leider unverändert schlecht.« Ich startete einen zweiten Versuch, ohne Ekelgefühl an eine frische Dose Blut zu kommen. Mit geschlossenen Augen zog ich die Kühlschranktür auf und tastete nach dem vertrauten metallischen Gefühl, bis ich Erfolg hatte. Endlich ein Frühstück!
Mik blieb auf der Matratze sitzen und frühstückte eine dampfende Nudelsuppe. Hento rollte sich schlaftrunken von seiner Schlafstätte und krabbelte fast auf allen vieren zu Pina. Mik und ich sahen ihm fast betroffen dabei zu, denn niemand im Team hätte geahnt, dass Hento für Pina solch starke Gefühle hegte. Er streichelte ihre Wange und schluckte, als er sah, dass die blauen Adern dabei waren, ihr Gesicht zu erobern. Pina schlug die Augen auf und Hento kippte vor Schreck hintenüber.
»Der Himmel und die Hölle stehe uns bei«, keuchte er. Das Weiße in Pinas Augen hatte sich blau verfärbt und ihre Linsen waren trüb geworden.
» Hen … to ?«, würgte Pina hervor. Sofort war Hento wieder neben ihr.
»Ich bin hier, Pina, direkt vor dir!«
»Wo?«, murmelte Pina, dann fielen ihre Augen wieder zu. Mik und ich hatten atemlos zugesehen, doch jetzt ging Mik zu Hento hinüber.
»Sie wird es schaffen«, sagte er mit fester Stimme. »Sie ist stark.«
Hento erhob sich mühsam und berührte Mik kurz am Arm. »Danke, Mik.«
»Du solltest etwas essen«, sagte ich leise. »Ich könnte dir eine Suppe kochen!«
»Danke, nein«, lächelte er. »Ich würde nichts herunterbekommen. Ich gehe jetzt duschen.« Mit hängenden Schultern verließ er den Raum. Als er weg war, verflog Miks zuversichtlicher Gesichtsausdruck.
»Verdammt, Püppi .«
»Ich weiß«, erwiderte ich. Ich setzte mich zu ihm auf die Matratze und er nahm mich in den Arm. Und dieses Mal nervte es mich nicht, es tat einfach nur gut.
Irgendwann kam Yaris wieder und lächelte beruhigt, als sie uns in trauter Zweisamkeit vorfand. »Tagsüber ist nichts mehr vorgefallen. Die Techniker haben unser Funknetz stabilisiert und gerade werden die ersten Transportwagen geliefert. Das Personal der Schneiderei hat sich bereit erklärt, beim Versorgen von Verwundeten so lange zu assistieren, bis wir genügend Leute mit Sanitätszusatzausbildung haben. Das Problem ist, dass wir uns auf menschliches Wissen verlassen müssen und ob das bei uns die gleiche Wirkung zeigt, bleibt vorerst fraglich. Außerdem dauert es bestimmt noch zwei Wochen, bis die Experten genügend Material gesammelt haben, um unsere Leute fortzubilden. Wir fangen ja quasi bei null an.«
»Was ist mit den anderen Verletzten?«, wollte Mik wissen.
»Es sieht nicht gut aus«, erwiderte Yaris so leise, dass Pina es unmöglich mitbekommen konnte. »Alle haben die Körperteile wieder abgestoßen und die blauen Adern breiten sich unaufhörlich aus.«
»Bei Pina sind schon die Augen betroffen«, flüsterte ich. »Sie sind von innen ganz blau.«
»Das klingt ja schrecklich! Kann sie noch …?«
»Sehen?«, erwiderte Hento. »Wir wissen es nicht genau.«
»Die arme
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