Hoffnung am Horizont
schon wieder da, mit meiner dicken Daunenbettdecke und zwei Paar
Wollsocken. Erst als ich warm eingepackt dasitze, er einen heißen Tee gekocht
hat und mein Zittern endlich etwas nachlässt, setzt er sich zu mir und starrt
in seinen Teebecher.
„Ich weiß, wie du dich
fühlst. Als ich neulich diesen Teststreifen in der Hand hatte und das Ergebnis
gesehen habe, ging es mir genauso. Ich wollte schreien vor Glück, hatte aber
gleichzeitig Angst, wie noch nie zuvor in meinem Leben. Ich habe keine Ahnung,
was da jetzt alles auf uns zukommt und wie wir das hinkriegen, aber eins weiß
ich genau.“ Er sieht hoch, direkt in meine Augen, als wolle er die kommenden
Worte besonders betonen.
„Ich will dieses Baby!“
Ich bin gerührt, mit
welcher Vehemenz er diese vier Worte betont und habe schon wieder einen Kloß im
Hals und Tränen in den Augen. Aber jetzt weiß ich ja woran es liegt, dass ich
eine solche Heulsuse geworden bin… Sanft streicht Gabe mir mit dem Daumen über
die Wange, wischt meine Tränen fort.
„Wir schaffen das, Jules!
Kapitel 18
Die nächsten Tage erlebe
ich wie in einem Nebel. Ich kann es nicht fassen, ich bin schwanger. Immer
wieder sehe ich auf das Teststäbchen, aber es ändert sich nichts. Zwei
Streifen. Ich gehe wie auf Wolken, dann wieder umklammert mich meine Angst vor
der Zukunft so sehr, dass mir die Luft wegbleibt. Kann ich es allein schaffen?
Gabe hat zwar gesagt, dass er sich um sein Kind kümmern will, aber nichts desto
trotz werde ich die meiste Zeit allein sein mit diesem kleinen Wurm. Dennoch
überwiegt ganz eindeutig die unfassbare Freude. Ich bin zwar nicht mit dem
Vater des kleinen Wesens zusammen, aber ich bekomme ein Baby. Ein Wunder für
mich, mein persönliches Weihnachtswunder. Ich surfe stundenlang im Internet, um
möglichst viel zu erfahren. Ich habe keine Ahnung, was man als Schwangere so
alles beachten muss, ich weiß nur, dass Alkohol und Rauchen absolut tabu sind,
aber ansonsten? Ich schreibe diverse Listen, was ich noch alles in den nächsten
Monaten besorgen muss, angefangen mit einer neuen Wohnung. Meine
Zwei-Zimmer-Wohnung ist definitiv zu klein für zwei Personen und einen großen
Hund. Ich möchte am liebsten Annie sofort alles erzählen, aber sie ist noch
immer bei ihren Eltern und am Telefon solche Neuigkeit? Geht gar nicht! Wenn
ich nicht im Internet surfe oder Listen schreibe, laufe ich mit Walton am
Strand entlang bis mir die Füße abfrieren und ich vor Kälte kein Gefühl mehr in
den Fingerspitzen habe. Gabe ist an jenem Abend nicht mehr lange geblieben,
weil er am nächsten Morgen früh arbeiten musste, aber ich habe ihm versprochen
mich zu melden, sobald ich einen Arzttermin gemacht habe.
Er hat recht, ich muss zum
Arzt, das wird mir immer bewusster, je mehr ich in irgendwelchen Foren und
Babyseiten lese und so überwinde ich meine Angst und mache einen Termin bei
Annies Frauenärztin. Vielleicht ist es besser, wenn der weiße Kittel an einem
weiblichen Körper ist? Ich muss es einfach schaffen. Für mein Baby! Ich bekomme
einen Termin, für denselben Tag noch, nachdem ich der Arzthelferin erzählt
habe, wie lange ich vermutlich schon schwanger bin. Danach versuche ich Gabe
auf dem Handy zu erreichen, aber er geht nicht dran. Vielleicht arbeitet er?
Ich kenne seinen Dienstplan nicht und habe auch keine Telefonnummer, unter der
er in der Klinik erreichbar wäre, also schicke ich ihm eine SMS. Bis kurz vor
dem Termin kommt keine Antwort, dann muss ich da wohl irgendwie alleine durch.
Vor der Praxis bleibe ich
stehen. Nur am Rande nehme ich das alte, villenartige Gebäude mit der großen,
von Säulen getragenen Veranda davor wahr. Meine Hände sind schweißnass, mein
Herz rast und meine Knie fühlen sich an, als wären sie aus Wackelpudding. Ich
weiß, ich stehe kurz vor einer Panikattacke und bemühe mich langsam und
möglichst ruhig durchzuatmen. Ich kann nicht hineingehen, ich schaffe das
nicht. Immer wieder wische ich meine zitternden Hände an meinem Mantel ab, aber
es hilft nicht. Gerade will ich mich umdrehen und gehen, als sich auf einmal eine
warme Hand auf meine Schulter legt.
„Du schaffst das, Mädchen.
Ich bin ja da.“, flüstert mir eine bekannte, tiefe Stimme ins Ohr, die ich
unter tausenden sofort wiedererkennen würde und sein Geruch steigt mir in die
Nase, noch bevor ich mich umdrehe.
Gabe.
Ich glaube, ich war noch
nie so froh ihn zu sehen, am liebsten würde ich ihm um den Hals fallen, aber
ich kann mich gerade noch
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