HOFFNUNG AUF DAS GROSSE GLÜCK
Kopf hoch. Lächeln. Immer lächeln.
„Ich bin bereit, Papa.“
Gemeinsam traten sie in die Kapelle und schritten den Mittelgang entlang. Mit einigem Abstand folgte ihnen Jamie.
Eins nach dem anderen. Schau zum Altar hin. Lächeln.
Nach dem hellen Sonnenlicht draußen fiel es ihr schwer, etwas zu erkennen. Die Bänke waren beinahe leer. Ein paar Gestalten zur Linken, das weiße Gewand des Kaplans in der Mitte und rechts, dunkel und hoch gewachsen, zwei Herren, Seite an Seite, wartend.
Eins nach dem anderen. Lächeln.
„Liebe Gemeinde, wir sind hier versammelt …“
Die vertrauten Worte wirkten beruhigend. Bald würde es vorbei sein.
Eins nach dem anderen. Ihre Hand durfte nicht zittern, wenn Hugo sie nahm.
„Wer gibt diese Frau …“
Eins nach dem anderen. Ihr Gelübde musste mit sicherer Stimme gesprochen werden.
„Wollen Sie, Emma Frances, diesen Mann …“
Eins nach dem anderen. Lächeln.
„Ich erkläre Sie hiermit zu Mann und Frau. Sie dürfen die Braut küssen.“
Lächeln .
Hugo blickte auf sie hinunter. Nun war er ihr Gemahl. Was dachte er? Sollte er nicht ebenfalls lächeln?
Er zog ihre Hand an seine Lippen. Dann beugte er sich vor und küsste ihre Wange. Sonst nichts.
Lächeln .
Hugo drehte sich um und reichte ihr den Arm. Jetzt mussten sie gemeinsam durch den Mittelgang zurückschreiten.
Eins nach dem anderen.
Der Sonnenschein, der durch die offene Tür fiel, war blendend hell. Im Gegensatz dazu wirkte alles in der Kapelle dämmrig. Langsam ging Emma auf das Licht zu. Draußen wartete ihr neues Leben.
Lieber Gott, was hatte sie getan? Sie war verheiratet. Und mit einem Mann, den sie kaum kannte. Hatte sie das Gelübde wirklich abgegeben? Sie musste es wohl getan haben.
Tagelang hatte sie sich in einem Traum bewegt, in einem Traum, den sie selbst geschaffen hatte. Aber dies war kein Traum. Sie trat hinaus ins Tageslicht am Arm ihres Gatten, und sie musste mit der Wahl, die sie getroffen hatte, leben.
Hugo Stratton war ihr Gemahl. Er besaß das Recht, von ihr Gehorsam zu verlangen – in jeder Beziehung. Sie war sein Eigentum, wie das Hemd, das er trug. Sie, der stets jeder Wunsch erfüllt worden war, musste sich nun den Wünschen des dunklen, stillen Mannes an ihrer Seite fügen.
Hugo legte seine Hand auf die ihre.
Emma musste ihn nicht ansehen, um die Bedeutung dieser kleinen Geste zu verstehen. Sie zeigte, dass Emma ihm gehörte.
„Jamie, was, um alles in der Welt, ist mit Emma geschehen?“ Die Dowager Countess hatte Jamie beiseite genommen, kaum dass sie ins Haupthaus zurückgekehrt waren. Sie klang besorgt. „Sie machte ein Gesicht, als führte man sie zum Schafott. Und was hat sie veranlasst, Rouge aufzulegen? Sie sah aus wie eine angemalte Puppe.“
Jamie war genauso besorgt wie Richards Mutter. „Das ist sicher das Werk ihrer Tante. Als Ehrendame hätte ich Emma beim Ankleiden helfen sollen, doch Mrs. Warenne bestand darauf, meinen Platz einzunehmen, da ich mich nicht gut bücken oder niederknien kann. Ich wünschte, ich hätte nicht zugestimmt, denn ich bin sicher, dass Emma Kopfschmerzen hat. Und das ist kein Wunder. Diese Frau hält keinen Augenblick den Mund.“
„Ich werde mein Möglichstes tun, sie für den Rest des Tages von Emma fernzuhalten“, sagte die verwitwete Countess entschieden. „Dem Himmel sei Dank, dass wir vereinbart haben, das Hochzeitsfrühstück hier stattfinden zu lassen. Auf Longacres wäre sie unerträglich gewesen. Inzwischen musst du dich Emmas annehmen. Hilf ihr …“ Sie brach ab. Dann sah sie zu Boden. „Ach, Liebes. Mir scheint, dass … Jamie, Emma hat keine Mutter, die sie vorbereiten könnte. Ich frage mich, ob …“ Sie sprach nicht weiter. Jamie bemerkte, dass sie errötete.
„Was immer das Problem sein mag, ich kümmere mich darum“, erwiderte Jamie ruhig. „Du kannst dich auf mich verlassen.“ Um der Dowager Countess die Verlegenheit zu nehmen, fügte sie hinzu: „Vorausgesetzt natürlich, es gelingt dir, diese unmögliche Tante zu bändigen.“
Die verwitwete Countess kräuselte die Lippen. „In dieser Beziehung, meine Liebe, kannst du dich voll und ganz auf mich verlassen.“
Sie ging auf Mrs. Warenne zu, die soeben am Arm ihres Bruders den Raum betrat.
Jamie runzelte die Stirn und sah sich um. Emma stand zwischen Hugo und Richard. Die drei schienen sich gut zu unterhalten, aber die roten Flecke auf Emmas Wangen wirkten beinahe wie Fiebermale. Wenn es so weiterging, würde sie zusammenbrechen, ehe der Tag
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