Hohle Köpfe
gewöhnlich Schmutz; wenn es zu einem Kampf gekommen war, auch Blut oder Hautfetzen. Aber keine Schmiere oder Arsen.
Erneut sah er auf die Notizbuchseite und dachte noch stärker nach, bevor er schrieb: »Golems leben nicht. Aber sie
glauben,
lebendig zu sein. Was tun lebende Geschöpfe? – Sie atmen, essen, besuchen den Abort.« Wieder zögerte Mumm, blickte kurz in den Nebel und schrieb dann: »Außerdem pflanzen sie sich fort.«
Etwas kribbelte in ihm.
Er malte einen Kreis um den Namen Hopkinson, zog von dort eine Linie zu einem anderen Kreis, in den er schrieb: »Er hatte einen großen Backofen.«
Hmm. Kleinpo hatte darauf hingewiesen, daß man Ton in einem normalen Backofen nicht richtig brennen konnte. Aber vielleicht konnte man ihn
falsch
brennen.
Einmal mehr sah er ins Kerzenlicht.
Dazu waren sie doch nicht fähig, oder? Bei den Göttern… nein, bestimmt nicht…
Andererseits brauchte man nur Ton. Und einen frommen Mann, der es verstand, die richtigen Worte zu schreiben. Außerdem benötigte man jemanden, der die Gestalt formte. Doch im Laufe der Jahrhunderte hatten sich die Golems erhebliches manuelles Geschick angeeignet.
Ihre großen Hände, die so sehr wie Fäuste wirkten…
Und nachdem es geschehen war, hatten sie sicher die Zeugen beseitigen wollen. Wahrscheinlich war es für sie gar kein Mord, nur ein Ausschalten…
Mumm malte einen weiteren Kreis um »alter Ton, wiederverwendet«. Scherben, zerrieben und kleingemahlen. Und vielleicht auch…
Sie hatten etwas von ihrem eigenen Ton hinzugefügt. Dorfl besaß jetzt einen neuen Fuß, einen, der nicht ganz paßte.
Die Golems hatten Teile ihrer eigenen Körper geopfert, um einen neuen Golem zu erschaffen.
Es klang… eklig, hätte Nobby vielleicht gesagt. Mumm wußte nicht, wie er es nennen sollte. Ihm erschien es wie eine Angelegenheit von Geheimgesellschaften. »Ton von meinem Ton.« Von meinem Fleisch und Blut…
Verdammte stumme Riesen. Wollten genauso sein wie ihre Schöpfer. Vielleicht sogar noch besser.
Mumm gähnte. Schlaf. Er sollte sich hinlegen und ausruhen. Wie lange war er schon auf den Beinen?
Er starrte auf die Seite. Automatisch sank seine Hand der untersten Schublade des Schreibtischs entgegen, wie immer, wenn er beunruhigt war und nachdachte. Jetzt lag dort natürlich keine Flasche mehr, aber alte Angewohnheiten…
Ein gläsernes
Pling
erklang, gefolgt von einem leisen, verführerischen Gluckern.
Mumms Hand kam mit einer dicken Flasche wieder zum Vorschein. Auf dem Etikett stand:
Bärdrückers Whiskybrennerei. MakAber, Erste Wahl, Besonders Erlesen.
Die braune Flüssigkeit schien voller Vorfreude an den Innenwänden der Flasche emporzukriechen.
Mumm konnte es kaum fassen. Er hatte die unterste Schublade geöffnet, in dem sicheren Wissen, daß sie keine Flasche enthielt. Und
doch
lag eine darin.
Das konnte eigentlich nicht sein. Er wußte, daß Karotte und Fred Colon ihn im Auge behielten. Seit seiner Hochzeit war er nicht mehr so dumm gewesen, zur Flasche zu greifen. Er hatte es Sybil versprochen…
Doch dies war kein billiger Rachenputzer, sondern erstklassiger MakAber.
Er hatte ihn einmal probiert. An den Grund dafür erinnerte er sich jetzt nicht mehr. Für gewöhnlich hatte er nur Fusel in sich hineingeschüttet, von einer Sorte, die betäubte wie ein wuchtiger Hammerschlag. Aber MakAber… Nur daran zu
schnuppern
war schon wie Silvester. Nur daran zu
schnuppern…
»Und
sie
sagte: ›Komisch – das habe ich in der vergangenen Nacht überhaupt nicht getan!‹« verkündete Korporal Nobbs.
Er sah zu seinem Publikum und strahlte.
Es war still. Nach einigen Sekunden begann irgendwo in der Menge ein Mann zu lachen, unsicher wie jemand, der bitterböse Blicke befürchtet. Ein weiterer Mann lachte. Zwei andere stimmten ein. Und dann lachten alle.
Nobby freute sich.
»Ich kenne da noch den Witz vom Klatschianer, der mit einem winzigen Klavier in die Taverne kam…«, begann er.
»Ich glaube, das Büfett ist fertig«, sagte Lady Selachii mit fester Stimme.
»Gibt’s auch Schweinshachsen?« fragte Nobby fröhlich. »Eine große Portion Schweinshachsen schmeckt hervorragend, wenn man das Zeug mit Winkels runterspült.«
»
Normalerweise
esse ich keine… Gliedmaßen«, stellte Lady Selachii fest.
»Ein Schweinshachsen-Brötchen…«, schwärmte Nobby. »Nie ein Schweinshachsen-Brötchen probiert? Da hast du was verpaßt.«
»Vielleicht ist es keine sehr… delikate Speise?« vermutete Lady
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