Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hohle Köpfe

Hohle Köpfe

Titel: Hohle Köpfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
als Gertie schwieg.
    Mumm sah Karotte an und wagte kaum zu atmen. Jetzt ist es soweit,
    dachte er. Wir haben uns so sehr mit Fragen vol gestopft, daß sie über
    den Rand schwappen und zu Antworten werden.
    Er fühlte sich so lebendig wie schon seit Tagen nicht mehr. Die jüngste
    Aufregung prickelte noch immer in seinen Adern und trieb sein Gehirn
    an. Auf diese Weise empfand man, wenn einen nicht mehr viel von der
    völ igen Erschöpfung trennte. Man war so kolossal müde, daß man
    durch einen plötzlichen Adrenalinschub geistige und körperliche Flügel
    bekam. Jetzt lagen alle Teile des Puzzles vor ihnen. Die Kanten und Ek-
    ken, das ganze Bild. Es mußte nur noch zusammengesetzt werden…
    »Die Golems…«, sagte Karotte. »Sie wären mit Arsen bedeckt, nicht wahr?«
    »Das könnte durchaus passieren. Ich erinnere mich an einen Golem im
    Gildenhaus der Alchimisten von Quirm. Seine Hände bestanden zum
    größten Teil aus Arsen – weil er den Schmelztiegel mit den Fingern um-
    rührte…«
    »Sie spüren keine Hitze«, sagte Mumm.
    »Auch keinen Schmerz«, fügte Karotte hinzu.
    »Ja, das stimmt.« Gerties Blick wanderte unsicher zwischen Haupt-
    mann und Kommandeur hin und her.
    »Man kann Golems nicht vergiften«, stellte Mumm fest.
    Karotte nickte. »Und sie gehorchen al en Befehlen. Wortlos.«
    »Golems erledigen die besonders schmutzigen und scheußlichen Arbei-
    ten«, sagte Mumm.
    »Du hättest schon eher darauf hinweisen sol en, Grinsi«, sagte Karotte.
    »Nun… äh… Golems sind einfach da. Niemand schenkt ihnen Beach-
    tung.«
    »Schmiere unter den Fingernägeln«, teilte Mumm dem Zimmer mit.
    »Der alte Priester hat den Mörder gekratzt. Deshalb haben wir Schmiere
    unter seinen Fingernägeln gefunden. Mit Arsen drin.«
    Er blickte zu seinem Notizbuch, das noch immer auf dem Schreibtisch
    lag. Es ist dort irgendwo, dachte er. Wir haben überal Ausschau gehal-
    ten. Wir haben die Antwort gesehen und sie nicht als solche erkannt.
    Und wenn wir sie hier und jetzt nicht sehen, bleibt sie uns für immer
    verborgen…
    »Ich fürchte, damit kommen wir nicht weiter, Herr Kommandeur«, er-
    klang Kleinpos Stimme in der Ferne. »In vielen Branchen, die Arsen
    verwenden, wird auch Schmiere eingesetzt.«
    Etwas, das wir nicht sehen, dachte Mumm. Etwas Unsichtbares. Nein,
    es muß gar nicht unsichtbar sein. Etwas, das wir nicht sehen, weil es im-
    mer da ist. Und es schlägt in der Nacht zu…
    Und plötzlich war die Antwort da.
    Mumm blinzelte. Die glitzernden Sterne der Erschöpfung ließen ihn in
    seltsamen Bahnen denken. Mit rationalem Denken hatten sie eh keine
    Resultate erzielt.
    »Niemand rührt sich von der Stel e«, sagte er und hob die Hand, damit
    alle schwiegen. »Dort ist es«, fuhr er leise fort. »Auf dem Schreibtisch.
    Seht ihr’s?«
    »Was meinst du?« fragte Karotte.
    »Soll das heißen, du hast es noch nicht herausgefunden?« erwiderte
    Mumm.
    » Was denn, Herr Kommandeur?«
    »Das, was den Patrizier vergiftet. Es ist dort, dort auf dem Schreibtisch.
    Seht ihr es nicht?«
    »Dein Notizbuch?«
    »Nein!«
    »Trinkt Lord Vetinari Bärdrückers Whisky?« fragte Gerde.
    »Das bezweifle ich«, sagte Mumm.
    »Der Tintenlöscher?« Karotte zählte auch die übrigen Gegenstände auf:
    »Vergiftete Stifte? Schnaufkrauts Dünne Panatel as?«
    »Wo sind die Dinger?« Mumm klopfte auf seine Taschen.
    »Die Schachtel liegt im Eingangskorb und ragt ein wenig unter den
    Briefen hervor.« Vorwurfsvol fügte Karotte hinzu: »Ich meine die Brie-
    fe, die du nicht beantwortest.«
    Mumm griff nach der Schachtel und entnahm ihr eine Zigarre. »Dan-
    ke«, sagte er. »Ha! Ich habe Mildred Leicht nicht gefragt, was sie sonst
    noch mitgenommen hat! Aber natürlich war es ein kleiner Bonus für die
    Bediensteten! Und die alte Frau Leicht hat als Näherin gearbeitet, als
    richtige Näherin! Und jetzt ist Herbst! Der frühe Abend hat sie umgebracht! Versteht ihr?«
    Karotte bückte sich und spähte über den Schreibtisch. »Ich erkenne
    nichts Verdächtiges«, sagte er.
    »Natürlich nicht«, entgegnete Mumm. »Weil es gar nichts Verdächtiges
    zu erkennen gibt. Man sieht es nicht. Und dadurch weiß man, daß es da
    ist. Wenn es nicht da wäre, würdest du’s sofort erkennen!« Er grinste wie
    ein Irrer. »Wenn du’s sehen könntest. Na?«
    »Ist alles in Ordnung mit dir?« fragte Karotte besorgt. »Vielleicht hast
    du in letzter Zeit zuviel gearbeitet…«
    »Ich habe meine Kraft vergeudet!« stieß Mumm hervor.

Weitere Kostenlose Bücher