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Hohle Köpfe

Hohle Köpfe

Titel: Hohle Köpfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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denen man glaubte, daß sie etwas
    verbrochen hatten – aufgehängt worden waren. Sie sol ten baumeln, als
    Beispiel für gerechte Strafe. Nach einer gewissen Zeit boten die Bestraf-
    ten außerdem eine gute Lektion in elementarer Anatomie.
    Früher waren Kinder von ihren Eltern hierhergeführt worden, auf daß
    sie mit eigenen Augen sahen, was mit Verbrechern, Schurken und Leu-
    ten, die sich zur falschen Zeit am falschen Ort aufhielten, geschah. Sie
    hörten das Quietschen der Kette, die Verwünschungen der ehrbaren
    Bürger und die Ermahnungen, nicht vom »rechten Weg« abzuweichen.
    Aber dies war Ankh-Morpork: Anschließend riefen die Kinder »He, das
    ist ja toll !« und benutzten die Leiche als Schaukel.
    Seit einiger Zeit kannte die Stadt diskretere und wirkungsvol ere Me-
    thoden, um mit sogenannten überflüssigen Elementen fertig zu werden.
    Doch um der Tradition willen hing noch immer jemand am Galgen: eine
    sehr realistische Figur aus Holz. Gelegentlich versuchte ein dummer
    Rabe, ihr ein Auge auszuhacken. Was stets in einem wesentlich kürzeren
    Schnabel endete.
    Mumm torkelte näher und keuchte hingebungsvol .
    Wen auch immer er verfolgt hatte: Inzwischen war der Unbekannte
    entkommen. Er sah kaum einen Sinn darin, die Suche fortzusetzen – das
    wenige Sonnenlicht, dem es bis vor kurzer Zeit gelungen war, durch den
    Nebel zu dringen, kapitulierte jetzt vor der Düsternis und widersetzte
    sich dem Siegeszug der Nacht nicht länger.
    Mumm stand neben dem Galgen, der quietschte.
    Der Galgen sollte quietschen. Welchen Sinn hatten solche öffentlichen, abschreckenden Apparate, wenn sie nicht auf unheilvol e Weise quietschten? Früher war ein alter Herr dafür bezahlt worden, den Galgen mit
    Hilfe einer versteckten Schnur quietschen zu lassen. Inzwischen gab es
    dafür eine Art Uhrwerk, das nur noch einmal im Monat aufgezogen wer-
    den mußte.
    Kondensierter Nebel tropfte von der flachen Leiche.
    »Verflixt und zugenäht«, brummte Mumm. Er wandte sich in die Rich-
    tung, aus der er gekommen war.
    Nach zehn Sekunden stolperte er über etwas.
    Eine Holzfigur lag im Rinnstein. Sie sah aus wie eine Leiche.
    Als Mumm zum Galgen zurückkehrte, schwang dort eine leere Kette
    hin und her und quietschte leise im Nebel.

    Feldwebel Colon klopfte auf die Brust des Golems. Ein dumpfes Donk
    erklang.
    »Wie ein Blumentopf«, sagte Nobby. »Wie können sich diese Burschen
    bewegen, wenn sie wie ein Blumentopf beschaffen sind? Der Ton müßte
    sofort Sprünge bekommen.«
    »Sie sind dumm«, meinte Colon. »Ich habe von einem Golem in Quirm
    gehört, der einen Graben ausheben sol te. Man vergaß ihn und erinnerte
    sich erst wieder an die Sache, als plötzlich überal Wasser war. Der Kerl
    hatte bis zum Fluß gegraben.«
    Karotte entrol te das vergilbte Pergament auf dem Tisch und legte den
    Zettel aus Pater Tubelceks Mund daneben.
    »Ist er jetzt tot?« fragte Feldwebel Colon.
    »Er ist jetzt harmlos«, erwiderte Karotte und verglich die Schriften mit-
    einander.
    »Gut. Ich glaube, hier liegt irgendwo ein Vorschlaghammer. Ich hole
    ihn und…«
    »Nein«, sagte Karotte.
    »Du hast doch gesehen, wie er sich verhalten hat!«
    »Ich bezweifle, daß er mich wirklich geschlagen hätte. Vermutlich wol -
    te er uns nur Angst einjagen.«
    »Das ist ihm gelungen!«
    »Sieh dir das hier an, Fred.«
    Feldwebel Colon blickte auf den Schreibtisch. »Ausländisches Gekrit-
    zel«, sagte er in einem Tonfall, der deutlich darauf hinwies, daß ihm or-
    dentliche inländische Schriftzeichen, die nicht nach Knoblauch rochen, in jedem Fall lieber waren.
    »Fällt dir irgend etwas daran auf?«
    »Nun, die beiden Schriften ähneln sich«, sagte Feldwebel Colon.
    »Hier auf dem vergilbten Pergament stehen Dorfls Worte«, erläuterte
    Karotte. »Und der Zettel steckte zwischen Pater Tubelceks Lippen. Der
    Inhalt ist identisch, Buchstabe für Buchstabe.«
    »Und warum?«
    »Ich glaube, Dorfl hat die Worte geschrieben und sie dem alten Tubelcek in den Mund gesteckt, nachdem der alte Mann gestorben war«, sagte
    Karotte langsam. Sein Blick wanderte noch immer zwischen den beiden
    Schriftstücken hin und her.
    »Igitt«, kommentierte Nobby. »Das ist ja abscheulich …«
    »Nein, du verstehst nicht«, sagte Karotte. »Dorfl hat die Worte ge-
    schrieben, weil sie seiner Erfahrung nach funktionierten.«
    »Weil sie funktionierten ?«
    »Nun, kennt ihr den sogenannten Kuß des Lebens?« fragte Karotte.
    »Schon mal was von erster Hilfe gehört? Ich

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