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Hola Chicas!: Auf dem Laufsteg meines Lebens (German Edition)

Hola Chicas!: Auf dem Laufsteg meines Lebens (German Edition)

Titel: Hola Chicas!: Auf dem Laufsteg meines Lebens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge González
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Sie war müde von der Reise, nervös wegen der Skorpione, aufgewühlt, weil alle um sie herum weinten, und dann begegnete diese kleine, elegante Italienerin, die nichts als Musik im Kopf hat auch noch einem riesigen Schwein. In einem Wohnhaus. Ich war ihr so dankbar, denn sie brachte uns in diesem emotionalen Moment alle zum Lachen.
    Wir feierten unser Wiedersehen die ganze Nacht, und meine Mutter folgte mir auf Schritt und Tritt, nahm mich in den Arm und sagte immer wieder. » Mi negrito , mein kleiner schwarzer Liebling.«
    Darauf brummte mein Vater: »Was heißt hier negrito ? Der ist kein negrito mehr, der ist ein negrón , ein schwarzer Riese. Schau mal diese patas largas an, diese langen Haxen.«
    Irgendwann um acht Uhr morgens gingen wir schließlich ins Bett.
    Da wir einen Gast aus Italien hatten, der die kubanischen Verhältnisse nicht kannte, war meine Mutter sehr besorgt. Ihr müsst euch das so vorstellen: Immer wieder mal fiel der Strom aus, mitten am Tag gab es plötzlich stundenlang kein Wasser mehr, und man begegnete gern mal Kakerlaken, die sich in allen südlichen Ländern zu Hause fühlen. Natürlich hatte meine Mutter geputzt, geputzt und noch mal geputzt. Aber egal wie sehr sie auch putzte, ständig tauchte irgendwo eine Kakerlake auf. Und was passierte? Ihr ahnt es schon, oder?
    Am zweiten Abend unseres Aufenthalts beschloss Christina, ihre langen Haare zu waschen. Jedes Mal wenn sie ins Bad ging, fing meine Mutter an zu beten: »Lieber Gott, bitte lass das Wasser nicht weggehen. Lieber Gott, bitte lass den Strom an. Lieber Gott, bitte schick die Kakerlaken weg.«
    Christina ging also in die Dusche. Auf einmal hörten wir ein lautes: »Orgiiiiitooooo!!!«
    Kein Wasser mehr. Und sie hatte den Kopf voller Schaum. Also brachte meine Schwester zwei Eimer »Reservewasser« und eine Schöpfkelle und zeigte ihr, was man in Kuba macht, wenn man sich gerade die Haare eingeseift hat und das Wasser plötzlich weg ist. Christina lachte gequält und wusch tapfer weiter die Haare nach dieser Methode – bis zu dem Moment als – puff! – der Strom ausfiel.
    »Orgiiiiitooooo!!!«
    »O mein Gott, warum ausgerechnet jetzt?«, rief meine Mutter händeringend.
    Diesmal brachte meine Schwester die Petroleumlampe ins Bad. Christina lächelte leicht gequält und machte weiter mit ihrer Prozedur, irgendwie amüsierte es sie, dass der Alltag in Kuba – bis auf die Skorpione – genauso war, wie ich es ihr immer beschrieben hatte. Für eine Weile blieb alles ruhig, bis wir wieder ein entsetztes »Orgiiiiitooooo!!!« hörten.
    »Was ist denn jetzt los?«, rief meine Mutter verzweifelt.
    »Kaaaaakerlaaaaaaken!!«, kam es zurück.
    Ich eilte Christina zu Hilfe und sah, wie drei etwa fünf Zentimeter große schwarze Monster vom Fenster aus – ssssst – die Wand hinunterflitzten. Zurück im Wohnzimmer fragte meine Mutter: »Und???«
    »Ach, nichts, Mama, nur cucarachas , Kakerlaken.«
    »O mein Gott«, klagte meine Mutter, »ich schäme mich so.«
    »Aber Mama«, antwortete ich, weil sie mir so leidtat, »wir sind doch in Kuba.« Außerdem müsst ihr eines wissen, Chicas: Drei Kakerlaken sind in Kuba nichts. Und das war erst der Anfang …
    Nach dem Abendessen saßen wir im Licht der Petroleumlaterne am Tisch und unterhielten uns. Ich erzählte die Geschichte mit den Skorpionen, lief in die Küche, holte die Kohlenpfanne und gab sie Christina mit den Worten: »Nur zur Sicherheit ein bisschen Ruß, falls heute Nacht die Skorpione oder die Kakerlaken kommen und dich fressen wollen.«
    »Lass das, Orgito«, schrie Christina.
    »Lass das«, sagte auch meine Mutter. »Die Ärmste hat heute wirklich schon genug erlebt.«
    Ein bisschen später, ich stand gerade in der Küche und machte etwas zu trinken, hörte ich plötzlich wieder: »Orgiiiiitooooo!!!«
    Ich hatte vergessen, Christina vor den fliegenden Kakerlaken zu warnen, die es auf Kuba gibt. Das sind ebenfalls mindestens fünf Zentimeter lange Monster, die wie alle Insekten ins Licht fliegen, nur dass diese Exemplare auf ihrem Weg zur Lampe eine Runde ganz nah bei Christinas Gesicht drehten. Doch die Chica hielt sie für fliegende Dinosaurier. Meine Mutter wusste nicht mehr, was sie machen sollte. Es war ihr so wichtig, dass sich meine Freundin bei uns wohlfühlte. Aber das ist eben Kuba.
    Nach ein paar Tagen fuhren wir mit der ganzen Familie und meinen Freunden ans Meer nach Trinidad, wo ich ein wunderschönes Holzhaus mit einer Terrasse gemietet hatte, die ums ganze Haus

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