Hollisch verliebt
wusste Victoria. Die schöne dunkelhaarige Vampirin war nur auf Macht aus. Deshalb hatte sie Victoria auch um das Vorrecht auf Aden herausgefordert.
Den Gesetzen zufolge konnte jeder Vampir einen anderen wegen eines menschlichen Blutsklaven herausfordern. Aden war zwar ihr ungekrönter König, aber immer noch ein Mensch – zumindest warer es zu dem Zeitpunkt gewesen, als die Herausforderung ausgesprochen worden war. Dieses Schlupfloch hatte Draven ausgenutzt, in der Hoffnung, die „Fürsorge“ für ihn zu übernehmen und Königin zu werden.
Der Kampf stand noch aus. Aber es würde nicht mehr lange dauern. Aden musste nur noch bestimmen, wann und wo er stattfinden sollte.
Victoria brannte darauf, Draven dahin zu bringen, wohin sie gehörte – in die Krypta unter dem Grundstück. Man konnte seine Freunde aus Pflichtgefühl beschützen oder weil es einem eine Freude war. Draven würde zu spüren bekommen, wie es sich im zweiten Fall verhielt.
Vielleicht war sie, Victoria, letztlich doch wie ihr Vater.
„Habe ich heute etwa Geburtstag? Sieh mal an, wer aus seinem Zimmer gekommen ist“, stichelte Draven mit vielsagendem Blick auf Victoria. „Wie mutig von dir.“
„Du hättest jederzeit an meine Tür klopfen können. Hast du aber nicht. Warum bloß?“
Draven bleckte die Zähne.
Komm ruhig!
„Maddie, Draven …“ Aden nickte beiden zu und übernahm das „Gespräch“. Ohne weitere Vorrede befahl er: „Geht in den Thronsaal und wartet auf mich. Ich will zu allen sprechen, die hier wohnen.“
Victoria ballte die Fäuste. Aden kannte die Namen der beiden Schwestern, obwohl sie nicht glaubte, dass er Maddie die Reizende schon einmal gesehen hatte. Draven die Durchtriebene schon. Oder, wie Victoria sie für sich nannte: Draven, die bald einen schmerzhaften Tod erleiden würde.
Der Rat der Vampire hatte das Miststück – oh, war sie immer noch so zornig? – als eines von fünf Mädchen ausgesucht, die sich mit Aden treffen sollten. Zu ihnen hatte auch Victorias Schwester Stephanie gehört. Der Rat hatte gehofft, Aden würde seine zukünftige Frau auswählen, gleichzeitig sollte die Aktion die Eltern ruhigstellen, die ihre Töchter im Königshaus unterbringen wollten. Damals hatte Aden noch behauptet, er wolle nur Victoria.
Hatte sich das womöglich auch geändert, so wie alles andere?
„Worum geht es denn?“, fragte Draven mit verführerischem Augenaufschlag.
„Das erfährst du zusammen mit allen anderen.“
Während Victoria sich über diese Abfuhr freute, konnte Draven ihreWut nur mit Mühe verbergen.
Als sie sich wieder gefasst hatte, warf sie sich in Pose und wickelte sich eine Haarsträhne um den Finger. „Darf ich mit auf dein Podest?“
Aufgeblasene Kuh.
Die Heftigkeit – die Menschlichkeit – dieses Gedankens überraschte sie. Wenigstens reagierte Aden auf Dravens Annäherungsversuch genauso unbeeindruckt wie auf alles andere auch.
„Nein, darfst du nicht“, sagte er, bevor er tonlos hinzufügte: „Aber du darfst auf den Stufen zum Podest sitzen. Ich will dich in meiner Nähe haben.“
Draven bedachte Victoria mit einem selbstgefälligen Blick. „Weil ich schön bin und du mich nicht aus den Augen lassen willst?“
Maddie kniff sie, damit sie die Klappe hielt, aber Draven winkte nur ab. Sie war selbst schon immer ihr größter Fan gewesen.
Aden setzte einen finsteren Blick auf. „Nein. Weil ich dir nicht traue, dich nicht mag und immer deine Hände sehen will. Solltest du nach einer Waffe greifen, wirst du als Verräterin eingesperrt.“
Draven wurde leichenblass. „W…was?“
Okay, von diesem neuen Aden war Victoria begeistert.
„Dürfen wir uns umziehen, bevor wir in den Thronsaal gehen, Majestät?“, fragte Maddie leise. Als Aden nickte, zog sie ihre Schwester mit sich, bevor sie noch etwas sagen konnte.
Victoria setzte ein paarmal an, um etwas zu sagen, brachte aber kein Wort heraus. Sie hätte sowieso nicht gewusst, was sie sagen sollte. Das war großartig gewesen. Einfach großartig.
Wieder ganz geschäftsmäßig ging Aden zur anderen Seite des Raums und nahm das goldene Signalhorn von der Wand. Es war ein wunderbares Stück. Pures Gold, aufwendig verziert, über dem oberen Ende erhob sich ein Drachenkopf, am anderen Ende ragten schuppige Klauen hervor, das Mundstück formte ein Schwanz. Aden setzte das Horn an die Lippen.
„Warte. Was machst du da? Mach …“ Victoria lief auf ihn zu und blieb erst stehen, als er losblies. Laut dröhnte es durchs
Weitere Kostenlose Bücher