Hollisch verliebt
keinem.“
Smart lachte. „Man müsste noch mal jung sein.“
Mary Ann musterte die Jungs. Riley sah mit den dunklen Haaren und dem rauen Kämpfergesicht wie ein Teufel aus. Der blonde Tuckermit der Unschuldsmiene ähnelte einem Engel. Aber dem Wesen nach war es genau umgekehrt. Das ist jetzt nicht wichtig.
Mit einem Räuspern wandte sie sich wieder der Frau zu. „Ich habe einen Freund, der am gleichen Tag im gleichen Krankenhaus zur Welt gekommen ist. Im St. Mary’s“, fügte sie hinzu, falls Mrs Smart befürchtete, sie würde lügen. Solche Details waren schließlich ein Beweis. „Er sucht seine Eltern.“
Smart wirkte verwirrt. „Und Sie glaubten, mein Daniel könnte sein Vater sein?“
„Nein, nein. Nur mein Freund … und ich … wir können … Dinge tun. Seltsame Dinge.“ Aus dem Augenwinkel sah sie Riley an, dass er sie am liebsten dort weggeholt hätte. So etwas durfte sie nicht zugeben. Niemandem gegenüber. Besonders nicht einer völlig Fremden gegenüber, die vielleicht den falschen Leuten davon erzählen würde. Leuten, die Jagd auf Mary Ann und Aden machen würden. Aber es gab keine andere Möglichkeit.
Außerdem hatte sie ihre Hausaufgaben gemacht. Daniel Smart musste Julian sein. Es passte einfach alles. „Ich habe mich gefragt, ob …“
„Was?“, fragte Smart.
„Ich habe mich gefragt, ob Mr Smart auch … seltsame Dinge tun konnte.“
Es folgte angespanntes Schweigen. „Was meinen Sie mit seltsamen Dingen?“
Sie konnte es nicht sagen, es ging nicht.
„Schon gut“, sagte Mrs Smart frostig. „Gehen Sie jetzt. Und kommen Sie nicht wieder.“
„Bitte, Mrs Smart. Es geht um Leben und Tod.“
Die ältere Frau ging mit schweren Schritten die Treppe herauf und drängte sich an Mary Ann vorbei. Bei dem Wort „Tod“ blieb sie allerdings vor der Haustür stehen. Ohne Mary Ann anzusehen, flüsterte sie: „Wollen Sie jemanden … auferstehen lassen?“
Jemanden auferstehen lassen – von den Toten. Sie wusste Bescheid. Sie wusste wirklich Bescheid! Hätte sie nicht gewusst, was Julian tun konnte, hätte sie niemals eine solche Frage gestellt. Mary Ann hätte am liebsten laut gejubelt. „Nein, nein, versprochen. Darum geht es nicht.“ Es fiel ihr schwer, ruhig zu bleiben. „Ich bin nur auf der Suche nach dem Menschen, der andere … auferstehen lassen konnte. Er ist an dem Tag gestorben, an dem ich geboren wurde. Er könnte diese Fähigkeit weitergegeben haben.“
Wenn Daniel Smart tatsächlich Julian war, könnte es sein letzter Wunsch gewesen sein, mit seiner Frau zu sprechen. Mit diesen Halbwahrheiten lief Mary Ann Gefahr, die Frau zu vergraulen, aber sie konnte auch nicht mit der ganzen Wahrheit herausrücken. Noch nicht.
Schweigen. Wieder dieses furchtbare Schweigen.
Dann: „Mein Daniel konnte nicht tun, wovon Sie reden.“
„Oh.“ Sie war sich so sicher gewesen. Vielleicht … vielleicht log Smart. Es gab keine andere Erklärung für das, was Mary Ann gelesen hatte.
„Aber sein Bruder konnte es“, fuhr die Frau fort.
Okay, es gab doch eine andere Erklärung.
„Er ist in derselben Nacht verschwunden, und man hat nie wieder von ihm gehört. Und jetzt bitte … gehen Sie. Und vergessen Sie nicht, was ich Ihnen gesagt habe. Kommen Sie nicht wieder. Sie sind hier nicht willkommen.“
12. KAPITEL
Eine Stunde später hatte Mary Ann es sich im Wire Bean bequem gemacht. Abgesehen von dem albernen Namen gefiel ihr der Laden. Das Internetcafé war gemütlich, neben kuscheligen Sofas und kleinen runden Tischen gab es Nischen mit mehreren Steckplätzen an der Seite.
Sie tat, als würde sie einen Milchkaffee trinken. Hätte sie ihn wirklich getrunken, wäre ihr übel geworden. Normale Nahrung vertrug sie nicht mehr, nur noch Magie und die Kräfte anderer Wesen. Und das machte sie nicht einfach nur sauer – sie war stinkwütend.
Den Kaffee jedenfalls hatte Tucker „bezahlt“.
Seine Version von „Ich übernehme das“ hatte darin bestanden, der lächelnden Kassiererin, die unverschämt mit ihm und Riley geflirtet hatte, einen Zwanziger in die Hand zu drücken, der in Wirklichkeit nicht mehr war als eine Illusion.
Als Riley sich darüber beschwerte, sah Tucker ihn nur an und meinte: „Ernsthaft, Bello? Du hast für Mary Ann ein Laptop geklaut und willst jetzt über meine Methoden meckern? Echt jetzt?“
„Ja, echt jetzt.“
„Mein Opfer heult wenigstens nicht die ganze Nacht, weil die ersten zehn Seiten von seinem Referat weg sind.“
„Du bist doch
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