Hollys Weihnachtszauber
war miserabel.«
Cocos Schluchzen grenzte immer mehr an Hysterie, und Michael tätschelte sie behutsam, während er mich über ihren Kopf hinweg ansah und das Gesicht verzog.
»Armes Kind«, sagte Noel. »Ich finde wirklich, du behandelst sie nicht gut, Guy.«
»Ach, füll einfach den großen Krug mit Wasser, und schütt es ihr ins Gesicht«, schlug Becca vor – vermutlich noch so etwas, was man ihr im Mädcheninternat beigebracht hatte.
Zu dessen sichtlicher Erleichterung löste sich Coco hastig von Michaels Schulter und rauschte mit der Erklärung, sie ginge sich anziehen und packen, aus dem Raum. Wahrscheinlich hätte ich das auch machen sollen – packen, meine ich, nicht hinausrauschen –, selbst wenn der Gedanke nicht sonderlich verlockend war. Andererseits jedoch lockte mich die Vorstellung, Weihnachten mit Jude Martland unter einem Dach zu verbringen, ebenso wenig.
Noel erhob sich und sagte zu Jude: »Schön, dich wiederzuhaben, mein Junge. Ich geh mal nachsehen, ob Tilda aufsteht.«
»Wie geht es ihr?«
»Sie ist schon fast wieder die Alte«, versicherte er ihm. »Du wirst es ja gleich sehen.«
»Es war sehr freundlich von dir, mich zu retten«, sagte Michael zu Jude, »aber ich hoffe, später ebenso abreisen zu können, sobald wir wissen, dass die Straßen geräumt sind. Vielleicht könntest du mich zu meinem Wagen mit runternehmen?«, fragte er Guy. »Holly hat aber auch gesagt, ich könnte vielleicht den hiesigen Farmer bitten, mich auf dem Traktor hinzufahren.«
»Ja, George Froggat, dem die Farm weiter oben gehört, wird die Straße und unsere Zufahrt heute Vormittag irgendwann räumen, dann kann er uns sagen, wie die Straßenverhältnisse sind. Guy und Coco würde ich nur zu gerne von hinten sehen, und ich kann mir vorstellen, dass du auch dringend weiterwillst, aber wenn die Straßen unpassierbar sind, kann ich euch wohl kaum vor die Tür setzen«, sagte Jude, obwohl er ein Gesicht machte, als ob er genau das gerne täte.
»Das freut mich zu hören, doch wenn wir Cocos hysterische Ausbrüche noch ein paar Tage länger ertragen müssen, überlegen wir uns vielleicht, ob wir sie nicht in den Schnee hinausschicken«, sagte Guy. »Ich bin indessen bereit, George gutes Geld dafür zu bezahlen, dass er sie wegbringt, von daher ist noch nicht alle Hoffnung verloren. Ich nehme gleich meinen Kaffee mit hinüber ins Wohnzimmer und halte nach ihm Ausschau.«
»Hauptsache, er schafft auch dich hier weg«, rief Jude ihm hinterher.
»Du würdest nicht tatsächlich deinen kleinen Bruder in den kalten, kalten Schnee hinausjagen?«, fragte Guy kläglich und drehte sich im Türrahmen mit melodramatisch an die Brust geworfener Hand um.
»Doch, würde ich«, sagte Jude unerbittlich. »Und für Coco bist du jetzt verantwortlich, es ist also deine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sie sicher nach Hause kommt.«
»Es brennt ein schönes Feuer im Wohnzimmer, vielleicht möchtest du ja gleich mit hinübergehen?«, schlug ich Michael vor.
»Und für uns wird es Zeit, nach den Pferden zu sehen, Jess«, sagte Becca. »Es ist schon spät.«
»Ach, aber ich will mit Holly die Plätzchen glasieren!«, protestierte sie.
»Ich muss erst noch die Küche aufräumen und ein oder zwei Sachen erledigen«, erklärte ich ihr. »Wir machen es, wenn du wieder reinkommst. Und es ist heute so bitterkalt draußen, dass ich nicht sicher bin, ob die Pferde überhaupt hinaussollten, selbst mit doppelten Decken.«
»So, wer hat dich denn auf einmal zur Pferdeexpertin ernannt?«, fragte Jude barsch.
»Ach, Holly muss man etwas nur einmal erklären, dann hat sie es schon verstanden«, erwiderte Becca. »Aber für ein paar Stunden können die Pferde wahrscheinlich hinaus. Sie haben ja den Unterstand auf der Weide.«
Als sie nach draußen gingen, stand Jude auf und verfehlte mit dem Kopf nur knapp die Lampe über dem Tisch.
»Kann ich dich mal kurz sprechen?«, fragte ich.
»Später. Ich möchte mir Lady bei Tageslicht und ohne Decke selbst ansehen und mich vergewissern, dass sie in guter Verfassung ist. Außerdem will ich den Generator überprüfen – dem du übrigens jetzt, wo ich zurück bin, nicht mehr nahe zu kommen brauchst. Danach bin ich in meinem Zimmer neben der Bibliothek und sehe die Post durch.«
»Ja, aber …«
»Später!«, schnauzte er erneut und ging hinaus, bevor ich ihn darauf hinweisen konnte, dass es eine Zeit lang wahrscheinlich gar keine Post gab und auch keine E-Mails, weil die Telefonleitung tot
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