Hollys Weihnachtszauber
so viele Leute bekochen möchte? Oder hat mir irgendwer seine Hilfe angeboten – abgesehen von Michael, der überhaupt nicht zu deiner Familie gehört?«
Zornig funkelten wir einander an. Jude sah ein bisschen zerknautscht aus, was vermutlich sowohl an seiner schlechten Stimmung wie auch am Jetlag lag … oder machte er etwa immer so ein Gesicht?
»Wenn dein Onkel und deine Tante nichts dagegen haben, wäre es vielleicht wirklich das Beste, ich ziehe nach unten ins Torhaus«, sagte ich einen Moment später. »Ich hinterlasse dir detaillierte Anweisungen, wie das Dinner für morgen zu kochen ist, und das Essen für heute Abend ist wirklich ganz simpel. Ich kann dir die Speisepläne zeigen, und Tilda erklärt dir bestimmt …«
»Hör sofort auf damit!«, knurrte er, dann rieb er sich mit der Hand über das müde Gesicht und seufzte schwer. »Hör mal, Holly, vielleicht hatten wir einfach einen schlechten Start miteinander. Können wir nicht beiseitelassen, was gewesen ist, und noch mal neu anfangen? Wenn ich mich auf fünfzehn verschiedene Arten bei dir entschuldige und nicht mehr über Geld spreche, bleibst du dann bitte über Weihnachten und übernimmst das Kochen?«
Diese Entschuldigung und sein Vorschlag klangen doch arg wie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervorgepresst, und misstrauisch fragte ich: »Wie, als Mädchen für alles?«
»Als Gast des Hauses, der freundlicherweise angeboten hat zu kochen.«
»Ich überleg es mir«, sagte ich, »vielleicht hast du recht, und wir sollten den Schnee von gestern vergessen und noch mal neu beginnen. Aber wenn deine hohlköpfige Exverlobte noch ein einziges Mal ein Eiweiß-Omelett verlangt, könnte es durchaus sein, dass ich ihren Wunsch einfach erfülle und ihr eines in ihre dumme Visage klatsche.«
Aufrichtig amüsiert grinste Jude plötzlich, und ich blinzelte ungläubig angesichts dieser Verwandlung: Er wirkte jünger – nicht viel älter als ich –, und wenn er auch nicht gut aussah, so doch interessant … sofern einem Männer mit markanten Gesichtszügen und willensstarkem Kinn gefallen, versteht sich.
»Sie hat schon recht betagte Eltern, die sie maßlos verwöhnt haben, aber ganz so schlimm ist sie normalerweise nicht.« Er machte eine Pause und fügte dann hinzu: »Hab ich mir das nur eingebildet, oder hat sie beim Frühstück eine Charmeoffensive gegen mich gestartet?«
»Ich glaube, die galt eher der Allgemeinheit«, sagte ich und dachte darüber nach. »Natürlich ist sie ganz hin und weg von Michael, aber der ist ja offenbar auch ein bekannter Schauspieler, und sie kennt ihn von früher, von daher ist das nicht wirklich verwunderlich.«
»Ich hatte den Eindruck, er versucht sie nur zu beschwichtigen, denn eigentlich bist du diejenige, mit der er sich offenbar blendend versteht. Und wenn du außerdem mit George herumgeknutscht hast, ist es dir offenbar gelungen, in kürzester Zeit zwei wildfremde Männer aufzureißen.«
»Weder habe ich mit George herumgeknutscht, noch habe ich einen dieser zwei aufgerissen , wie du dich ausdrückst«, sagte ich würdevoll. »Sie sind einfach nur beide sehr nett.«
»Na, mein Bruder ist nicht nett, und der scheint auch ein Auge auf dich geworfen zu haben.«
»Wie, etwa weil er gesagt hat, ich sei schön?« Ich lachte. »Ach, das ist albern, er wollte nur Coco ärgern. Ich finde, er ist reichlich grausam zu ihr, denn er muss sie ja zu der Annahme verleitet haben, dass sie heiraten, sonst hätte sie doch keine Anzeige in die Zeitung gesetzt und es ihren Eltern erzählt, oder?«
»Du hast sie ja inzwischen kennengelernt: Sag du es mir.« Er erhob sich und verfehlte mit dem Kopf wieder nur knapp die Lampe über dem Küchentisch. »Also, sind wir uns einig? Bleibst du hier und übernimmst das Kochen?«
»Sieht ganz so aus«, stimmte ich widerstrebend zu. »Aber ich tue es für Jess, Noel, Tilda und Becca – und für Old Nan und Richard.«
»Richard?« Er zog eine buschige, dunkle Augenbraue hoch. »Noch ein Mann, mit dem du schon auf vertrautem Fuß stehst?«
»Red keinen Quatsch, du großer Windbeutel«, sagte ich unbekümmert, eine der Lieblings-Redewendungen meiner Oma, um aufgeblasenen Männern einen Dämpfer zu verpassen. Jude grinste wieder und ging offenbar davon aus, dass ich einverstanden war.
Doch inzwischen war mir ohnehin klar geworden, dass es nicht wirklich eine Option war, beleidigt ins Torhaus abzuziehen und den Einsiedler zu spielen, nicht wenn ein Weihnachtsschmaus gekocht werden
Weitere Kostenlose Bücher