Hollys Weihnachtszauber
»Entschuldigt mich, ich muss wieder in die Küche.«
»Kann ich irgendetwas helfen?«, fragten Michael, Guy und Jude wie aus einem Mund.
»Ja, ihr könnt im Speisezimmer den Tisch decken. Im Wäscheschrank war ein langer weihnachtlicher Tischläufer – er liegt auf der Anrichte bei der Schachtel mit Knallbonbons, die Tilda und Noel mitgebracht haben. Und Jude, könntest du dich um die Getränke kümmern? Ich trinke nicht oft Alkohol, außerdem habe ich keine Ahnung, was ihr möchtet.«
»Jess und ich helfen auch mit«, verkündete Tilda, hievte sich hoch und schlüpfte mit den Füßen in ihre Marabu-Pantöffelchen. »Wir machen einen Igel.«
»Einen Igel ?« Vielleicht hatte die Füllung dieser grauenhaften Sandwichröllchen am Tag meiner Ankunft daraus bestanden – Asphaltbeute!
»Ja – du weißt schon, Cocktailspieße mit Käsestückchen und kleinen Zwiebeln in eine halbe Grapefruit gesteckt«, erklärte Jess, während sie mir in die Küche folgten. »Omi macht dem Igel aus Nelken auch kleine Augen und eine Nase.«
»Ach natürlich – wie nett!«, antwortete ich. »Aber ich fürchte, ich habe keine Grapefruit. Geht auch eine große Kartoffel, wenn ich sie vorher abbürste?«
»Ja, aber das Bürsten übernimmt Jess«, meinte Tilda. »Du hast bestimmt mehr als genug anderes zu tun.«
»Ich muss nur eben noch diese pikanten Filoteigtaschen mit Krabbenfüllung in den Ofen schieben, sie brauchen nicht lange. Zusammen mit dem Igel müsste das reichlich genügen, um alle bei Kräften zu halten, bis ich das Dinner zubereitet habe.«
Als der Igel fertig war, ging Jess zusammen mit Noel, Tilda und Becca in den Salon, um die Weihnachtsbotschaft anzuschauen, die ihre Eltern für sie auf DVD aufgenommen hatten. Dann kam sie und bestand darauf, dass auch ich sie mir ansehen ging, zum Glück in einem Moment, als ich zwischendrin gerade mal zehn Minuten erübrigen konnte.
Ich fand, ihre Eltern sahen ganz schön verrückt aus – allein schon, weil sich beide bis hin zum weißen Wattebart als Weihnachtsmänner verkleidet hatten –, aber auf eine witzige Art. Roz ist noch so eine große, dunkelhaarige Martland.
Liam, der Sohn von George, brachte Old Nan und Richard gegen eins zum Haus hinauf, und es war vereinbart, dass er sie später wieder abholen würde. Als sie ankamen, hatte ich in der Küche zu tun, und als ich dann das Tablett mit Vorspeisen hinüberbrachte, saßen sie bereits am Kaminfeuer und tranken Sherry – es war also nur gut, dass Michael mehr davon gekauft hatte!
»Omi und ich haben den Igel mit Käsehäppchen gemacht«, brüstete Jess sich stolz. »Er ist mit krümeligem Lancashirekäse und Silberzwiebeln, aber wir mussten die Stäbchen in eine halbe, gebürstete Kartoffel stecken, Grapefruit hatten wir nicht da.«
»Sieht sehr hübsch aus«, sagte Noel, während Michael hilfsbereit die Platten herumreichte und die roten Papierservietten mit Rentieren verteilte, die ich bei Oriel Comfort besorgt hatte.
»Enthalten Cocktailzwiebeln Kohlenhydrate?«, fragte Coco misstrauisch. Sie hatte den Sherry offenbar abgelehnt, denn sie hielt stattdessen ein Glas mit irgendetwas Dunkelgrünem in der Hand, auch wenn ich keine Ahnung hatte, was das sein könnte. Crème de Menthe vielleicht? In dem Barschrank im Speisezimmer gab es alle möglichen und unmöglichen Sachen.
»Überhaupt keine Kalorien, und auch der Käse ist beinahe fettfrei«, schwindelte ich, und ein wenig aufgemuntert suchte sie sich den Cocktailspieß mit den allerkleinsten Häppchen heraus.
»Noch Sherry, Herr Pfarrer?«, fragte Guy und zwinkerte mir zu.
Old Nan hielt ihm ebenfalls ungefragt ihr Glas hin und lächelte mich über dessen Rand hinweg mit blendend weißen falschen Zähnen und tief verästelten Runzeln an. »Was sagtest du gleich, Liebes, von welcher Seite des Familienstammbaums du kommst? Ich hab’s vergessen«, fragte sie liebenswürdig. »Du bist eine der entfernten Cousinen, so viel ist klar, aber von welcher Seite …«
»Ich gehöre überhaupt nicht zur Familie, ich kümmere mich nur um das Haus«, erklärte ich ihr, woraufhin sie mich streng ansah und eigensinnig widersprach: »Oh doch, du bist eine Verwandte – Old Nan kannst du nicht täuschen!«
»Sie ist manchmal ein bisschen verwirrt«, flüsterte Becca mir zu. »Pflichte ihr einfach bei, das erspart jede Menge Ärger.«
»Jedenfalls hab ich dir ein Geschenk mitgebracht«, sagte Old Nan, und nachdem sie kurz in ihrem übergroßen Handarbeitsbeutel
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