Hollys Weihnachtszauber
könntest mir helfen, die Sachen in ihr Zimmer hochzutragen, wenn wir sowieso in diese Richtung gehen. Nimm du die Reisetasche, dann nehme ich den Koffer.«
»Unsere Post sehe ich später durch«, meinte Noel.
»Da liegt schon ein ganzer Stapel für Jude. Den hab ich auf dem Tisch im Vorraum abgelegt«, erklärte ich ihm.
»Ich hole alles später rein und sortiere es«, versprach er. »Vieles davon ist wahrscheinlich Müll.«
Wir stellten das Gepäck in dem Raum ab, der für Becca bestimmt war, dann sah Noel noch einmal nach Tilda, die fest schlief, und wir gingen am Kinderzimmer vorbei weiter nach oben.
Jess gab der Speichertür einen festen Stoß, und unter protestierendem Kreischen öffnete sie sich widerstrebend.
»Jude sollte sie richten lassen, sie klemmt immer«, sagte Noel und drückte auf einen Lichtschalter, sodass ein großer Raum, randvoll mit Gerümpel und Krimskrams aus Jahrhunderten, beleuchtet wurde.
»Es gibt einen zweiten, kleineren Speicher über dem Küchentrakt, aber dort steht nicht viel, soweit ich mich erinnere. In den Zeiten, als es noch mehrere Dienstboten gab, haben dort wohl einige geschlafen.«
»Ich habe nicht mal einen Eingang dafür bemerkt«, gab ich zu.
»Er liegt in einer dunklen Ecke auf dem Treppenabsatz und sieht aus wie eine Schranktür.«
»Das wäre eine Erklärung.«
Noel führte uns zu einem mit Staubschutztüchern bedeckten Stapel Kartons zwischen einer großen Truhe und einer bunten Mischung kaputter Stühle. »Hier wären wir«, verkündete er, und Jess zog eifrig das Tuch herab.
»Wir brauchen all die Schachteln, die mit einem großen C gekennzeichnet sind, und diesen roten Eisenständer für den Christbaum«, begann er, merkte dann aber, dass meine Aufmerksamkeit von etwas anderem gefesselt wurde. »Ich sehe, du bewunderst die spanische Truhe, meine Liebe?«
»Ja, sie sieht wirklich antik aus.«
»Teile des Hauses sind außerordentlich alt, und diese Truhe war schon immer hier. Wir glauben, sie könnte aus elisabethanischer Zeit sein und ist vielleicht in die Familie gekommen, als ein Vorfahre eine spanische Braut geheiratet hat. Erwähnte ich schon, dass der Familienlegende zufolge sogar Shakespeare einmal in Old Place zu Gast war?«
»Nein«, antwortete ich, »auch wenn mich das nicht überrascht, seit man vor Kurzem drüben in Sticklepond diese Shakespeare-Dokumente gefunden hat. Er scheint ja ganz schön herumgekommen zu sein, nicht wahr? Wahrscheinlich findet man kaum noch irgendein größeres Anwesen in West Lancashire, das er nicht angeblich besucht hat.«
»Wohl wahr«, bestätigte er. »Weißt du, bis vor gar nicht langer Zeit haben wir am Silvesterabend immer sein Stück Zwölfte Nacht oder Was ihr wollt aufgeführt: ›Wenn Musik der Liebe Nahrung ist, spielt weiter …‹« Er seufzte wehmütig. »Ach ja …«
»An diesen Schrankkoffer darf ich nicht für Verkleidungs-Klamotten«, sagte Jess.
»Nein, die Mummenschanz-Kostüme für die Festspiele sind darin, auch wenn die Köpfe im Heuboden hinter dem Auld Christmas aufbewahrt werden.«
»Die Köpfe?«, wiederholte ich.
»Der Drachenkopf und der von Red Hoss und der Mannfrau-Hut samt Maske«, erklärte er, wenngleich dies keinerlei Unklarheiten beseitigte, ganz im Gegenteil.
»Weißt du«, fügte er hinzu und sah mich mit leicht verwirrter Miene an, »ich habe schon so sehr das Gefühl, du gehörst zur Familie, dass ich immer wieder vergesse, dass dem nicht so ist und du all unsere kleinen Sitten und Gebräuche gar nicht kennst. Aber von den Festspielen zu Twelfth Night habe ich doch schon gesprochen, oder nicht?«
Es freute mich, als zur Familie gehörig angesehen zu werden, auch wenn ich sowohl die Köchin wie auch das Mädchen für alles war, denn ich befand mich in einer ungewohnten Position. Wenn ich als Köchin verpflichtet bin, ist es einfacher, denn dann gehöre ich eindeutig zum Personal.
»Ist das etwas wie Moriskentanz? Ich habe die Fotos gesehen, vor allem in der Bibliothek.«
»Ganz recht, Tanz und ein bisschen Schauspiel – nur eine schlichte Zeremonie …«, sagte Noel vage. »Sie findet auf der Grünfläche vor dem Auld Christmas statt und wird schon seit Jahrhunderten aufgeführt, auch wenn es im Lauf der Jahre natürlich Veränderungen gegeben hat. Wenn du möchtest, zeige ich dir nach dem Dinner weitere Fotos davon.«
»Ja, danke, das wäre wirklich interessant«, stimmte ich zu und dachte mir, dass ich ihn auf diese Weise vielleicht dazu bekäme, mir mehr
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