Hollys Weihnachtszauber
allerdings noch immer um Merlin zu kümmern und rührte ihm jeden Morgen sorgfältig seine Arznei unters Futter, obwohl er ein derart gutmütiges, fügsames Geschöpf war, dass er sie mir wahrscheinlich auch einfach aus der Hand gefressen hätte. Er wuchs mir immer mehr ans Herz – er war ein lieber, netter Hund und freute sich immer so sehr, mich zu sehen.
Becca und ich frühstückten zusammen, dann blieb sie bei einem Becher Tee sitzen, lauschte dem Radio und sah mir zu, wie ich Biskuitecken, die ich im Küchenschrank gefunden hatte (und die in der Tat schon eine ganze Ecke über das Verfallsdatum hinaus waren, jedoch gut versiegelt) für einen Trifle in ein wenig Sherry einweichte, den ich aus dem Barschrank im Speisezimmer stibitzt hatte, und dann eine Fasanenterrine anrichtete, für die ich das Geflügel über Nacht aufgetaut hatte.
»Du bist sehr gut organisiert!«, bemerkte sie.
»Das ist mein Job – vorauszudenken und zu überlegen, was für die Gerichte, die ich machen möchte, vorbereitet werden muss. Das ist mir zur selbstverständlichen Gewohnheit geworden. Durchdachte Planung ist alles.«
»Also, ich wünschte, du könntest bleiben und immer hier kochen.«
Ich lächelte. »Ich glaube nicht, dass dein Neffe darüber sehr erfreut wäre – am Telefon kommen wir nicht gerade gut miteinander aus«, erklärte ich ihr, obwohl ich unsere leicht bissigen Wortgefechte seltsamerweise schon fast ein bisschen vermisste, seit die Telefonleitung tot war …
Als Noel und Jess auftauchten, nahm Becca mit ihnen ein zweites Frühstück ein, Tilda bekam ihres wieder ans Bett, auch wenn das bereits eher eine Gewohnheit zu sein schien als ein Zeichen für ihre angeschlagene Gesundheit.
Während sie aßen, besprachen sie ihre Pläne für diesen Tag. Jess und Noel schlugen vor, die Dekorationen fertig aufzuhängen und dann den Christbaum zu schmücken, doch bevor sie ans Werk gehen konnten, schleppte Becca Jess mit nach draußen, damit sie ihr beim Ausmisten, mit den Eimern und mit den Heunetzen half.
Noel holte Tildas Tablett herunter, während ich den Tisch abräumte und nach der Terrine schaute, die gut aussah und duftete. Sie war meiner Erfahrung nach immer ein beliebtes Gericht.
Becca und Jess blieben nicht lange draußen und kamen mit roten Nasen und kalten Händen wieder herein, als Noel gerade eine frische Kanne Tee aufbrühte, womit die Grenzen seiner Kochkünste in etwa ausgeschöpft waren.
»George ist raufgekommen und lässt ausrichten, er hat dir noch mehr Stechpalme und Grünzeug in den Windfang gelegt. Ich helfe dir beim Aufhängen, wenn ich erst wieder warm geworden bin«, versprach Becca, »aber nachher läuft einer meiner alten Lieblingsfilme, und den will ich mir ansehen – Winter Holiday . Wenn Tilda runterkommt, möchte sie vielleicht mitschauen.«
»Sie ist schon unten. Ich wollte ihr eben eine Tasse Tee bringen.«
»Dann kannst du mir auch eine eingießen, es ist verflixt bibberkalt da draußen.«
»Von Winter Holiday habe ich noch nie gehört«, meinte Jess, »und der Empfang ist hier dermaßen schlecht, dass man sowieso kaum was erkennen kann. Ich verstehe nicht, warum Onkel Jude kein Sky hat wie Omi und Opa. Im Torhaus könnte ich wenigstens was Anständiges glotzen!«
»Es gibt einen Videorekorder und DVD-Player«, betonte Noel. »Du hast doch ein paar DVDs mit hochgebracht, oder nicht?«
»Ja, aber die habe ich alle schon tausend Mal gesehen. Und Computerspiele kann ich auch nicht machen, weil Jude den Rechner im Arbeitszimmer weggesperrt hat – und außerdem ist das Teil vorsintflutlich alt und viel zu langsam für die Spiele, die ich habe. Wenn er nicht so knickerig wäre, hätte er längst einen neueren angeschafft.«
»Du solltest ihn nicht knickerig nennen«, tadelte Noel. »Ich bin sicher, der Weihnachtsmann bringt dir ein schönes Geschenk von ihm.«
»Ach, Opa!« Sie verdrehte die Augen. »Ich bin viel zu groß, um noch an den Weihnachtsmann zu glauben, und außerdem habe ich dieses riesige Paket mit amerikanischen Briefmarken drauf gesehen, das George gestern gebracht hat. Ich schätze, es sind auch Geschenke von Mum und Dad in dem großen Nikolaussack, den du mit hochgebracht hast?«
Noel tippte sich seitlich an die Nase und versuchte, ein geheimnisvolles Gesicht zu machen, während mir plötzlich klar wurde, dass ich die Einzige wäre, die am Weihnachtstag keine Geschenke bekommen oder verteilen würde … wie bei Omis erstem Weihnachtsfest in dem neuen
Weitere Kostenlose Bücher