Hollywood
weiß, wie teuer die Hochzeiten dort sind.«
»Willst du etwa behaupten, du willst nicht in den Twin Cantors heiraten?« fragte Marta empört. »Jedes Mädchen auf der Welt würde dich darum beneiden.«
»Warte mal«, sagte Phil rasch. »Vielleicht hat Motty ja recht. Nicht nur wegen des Geldes. Du mußt auch daran denken, daß wir zwei Söhne haben, und keiner von beiden ist bei der Armee. Das würde manchen Leuten überhaupt nicht gefallen, wenn sie es wüßten.«
»Stevie ist Arzt«, sagte Marta, »und jeder weiß, daß verheiratete Ärzte nicht zur Armee müssen.«
»Natürlich wissen sie das«, sagte er. »Und deshalb werden sie denken, daß er bloß heiratet, weil er nicht zur Armee will. Und es gibt auch Leute, die glauben, das Joe sich vor der Armee drückt. Warum sollen wir ihren Verdacht durch eine große Hochzeit erhärten?«
Marta dachte einen Augenblick nach und wandte sich dann wieder an Motty. »An was für eine Hochzeit hast du denn gedacht?«
Das Mädchen sah ihre Tante unsicher an. »Einfach nur die Familie«, sagte sie. »Auf dem Standesamt in der Borough Hall, wo niemand uns kennt.«
»Ohne einen Rabbi?« fragte Marta entsetzt.
»Rabbis gibt es keine in der Borough Hall«, sagte Motty. »Aber legal ist es trotzdem.«
»Wie wäre es, wenn wir den Rabbi ins Haus kommen ließen?« fragte Marta. »Ohne Rabbi und Chupa ist es doch keine richtige Hochzeit.«
Motty nickte. »Ja, das ginge. Aber wenn wir zu Hause heiraten, könnte Joe nicht dabei sein. Wir können nicht riskieren, daß die Leute ihn sehen und anfangen, Fragen zu stellen. In der Borough Hall würde ihn niemand erkennen.« Phil Kronowitz warf seiner Frau einen Blick zu. »Das Mädchen hat Saichel«, sagte er. »Sie ist still und vernünftig. Und genauso werden wir auch mit dieser Hochzeit verfahren.«
Martas Augen füllten sich mit Tränen. »Ich will doch nur das Beste für meine Kinder, und keine Probleme!«
Motty lief um den Tisch und legte ihrer Tante den Arm um die Schultern. »Bitte, Tante Marta«, sagte sie mit schwimmenden Augen. »Bitte.«
»Ach, lieber Gott!« rief Marta. »Warum müssen meine Kinder in so schrecklichen Zeiten heiraten?«
»Mach bitte nicht Gott verantwortlich«, sagte Phil. »Den Krieg hat Adolf Hitler vom Zaun gebrochen.«
Martas Tränen verwandelten sich plötzlich in Zorn: »Dann verzichte ich lieber. Ohne Rabbi wird nicht geheiratet! Ich werde nicht zulassen, daß meine Kinder in Sünde leben! Und das ist mein letztes Wort.«
Das Telefon klingelte, Phil Kronowitz nahm den Hörer ab. »Hallo?« Dann rief er über die Schulter: »Es ist Joe!« Dann wieder in die Sprechmuschel: »Was gibt's, Joe?«
»Ich habe eine neue Geschichte an ›Colliers‹ verkauft«, sagte Joe aufgeregt. »Und die Triple-S-Studios wollen eine von meinen Geschichten verfilmen. Sie zahlen siebentausendfünfhundert Dollar!«
»Siebentausendfünfhundert Dollar!« sagte Phil Kronowitz ehrfürchtig. »Und wo ist der Haken dabei?«
»Es gibt keinen Haken dabei«, sagte Joe. »Ich bin auf dem Weg nach oben. Sie haben mich eingeladen, nach Hollywood zu kommen und dort das Drehbuch zu schreiben.«
»Nach Hollywood? Wann denn?«
»Praktisch sofort. Nächste Woche vielleicht.«
»Was? So schnell schon?«
»Das ist die Gelegenheit meines Lebens, Papa!«
Phil Kronowitz wandte sich kopfschüttelnd an seine Frau. »Marta«, sagte er und hielt den Hörer dabei immer noch in der Hand, »unser Jussele ist ein richtiger Schriftsteller. Er fährt nach Hollywood und dreht einen Film. Ich glaube, du kannst doch noch den Rabbi bestellen.«
12
Jamaica setzte sich und legte seine langen Beine bei Joe auf den Tisch. Joe starrte mit gesenktem Kopf auf die Tasten der Schreibmaschine. »Du siehst ja so unglücklich aus!« sagte Jamaica.
»Ich bin in der Klemme«, sagte Joe. – »Wieso?«
»Ich habe einen tollen Auftrag«, sagte Joe. »Ich soll in Hollywood ein Filmdrehbuch schreiben.«
»Das klingt doch gut«, sagte Jamaica. »Kriegst du dafür anständig Geld?«
»Ja, das schon«, sagte Joe. »Aber es gibt ein Problem. Ich soll nächste Woche schon in Los Angeles sein, und Mister B. hat gesagt, ich müßte drei Monate hier bleiben. Ich muß noch sechs Wochen abdienen, oder?«
»Versuch es, Mister B. zu erklären. Er ist ein netter Mann«, sagte Jamaica. Joe warf Jamaica einen skeptischen Blick zu. Wenn man den Zeitungen glauben durfte, war Mister B. für die Hälfte aller Morde in Brooklyn verantwortlich. Er war der übelste
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