Hollywood
Joe zwängte seinem Vater zwei Pillen zwischen die Lippen und schüttete einen Schluck Wasser nach. Unwillkürlich würgte der alte Mann die Pillen herunter. »Rufen Sie Dr. Rosewater!« befahl Joe der immer noch zitternden Josie. »Sagen Sie, es wäre ein Notfall. Er soll einen Krankenwagen besorgen.«
Phil Kronowitz hatte Schaum vor dem Mund, und als Joe seinen Kopf zur Seite drehte, erbrach er sich heftig.
Josie kam aus dem Nebenzimmer zurück. »Dr. Rosewater sagt, er wäre gleich da.«
»Bitte geben Sie mir ein Handtuch, damit ich Papas Gesicht abwischen kann!« Josie gehorchte. Behutsam tupfte Joe seinem Vater den Schweiß von der Stirn.
»Es tut mir so leid, Joe«, sagte Josie, während ihr die Tränen übers Gesicht liefen. »Aber es ist nicht meine Schuld. Ich habe immer gesagt, er soll vorsichtig sein. Vögeln ist zu anstrengend für dich, hab ich ihm gesagt. Aber er wollte es nicht anders haben. Er ist ein altmodischer Mann, und etwas anderes als eine richtige Nummer kam für ihn nicht in Frage.«
»Es ist nicht Ihre Schuld, Josie«, sagte Joe. Zu seiner Erleichterung stellte er fest, daß sein Vater jetzt leichter atmete. Sein Gesicht war weniger verkrampft, und allmählich kehrte auch seine normale Farbe zurück. »Holen Sie noch ein Handtuch!« bat Joe. »Und dann ziehen wir ihn wieder an. Es braucht ihn schließlich keiner in Unterhosen zu sehen.«
Josie weinte ununterbrochen, tat aber alles, was er verlangte. »Es tut mir so leid, Joe, es tut mir so leid«, wiederholte sie immer wieder. »Ich laß es ihn nie wieder machen.«
»Schon gut, Josie. Machen Sie sich keine Sorgen. Er wird sich schon wieder erholen«, sagte Joe. »Und jetzt gehen Sie besser nach Hause. Erzählen Sie niemandem von dieser Geschichte. Kommen Sie morgen einfach zur Arbeit, als wäre gar nichts gewesen.«
»Vielen Dank«, schluchzte sie, als sie zur Tür ging. »Vielen Dank, Joe.«
Der Kopf seines Vaters bewegte sich. Phil Kronowitz schlug die Augen auf und sah seinem Sohn ins Gesicht. »Was… Was ist denn passiert?« fragte er mit schwacher Stimme.
»Nichts, Papa. Bleib nur ganz ruhig liegen.«
»Aber was war denn?« fragte Phil hartnäckig.
»Du hast dir beinahe das Lebenslicht ausgeblasen mit deiner Vögelei«, sagte Joe. Seine Angst begann in Wut umzuschlagen. »Jetzt leg dich ruhig hin und erhol dich. Dr. Rosewater muß jeden Augenblick da sein.«
Der alte Mann holte tief Atem. »Und was ist mit Josie?«
»Sie ist eine nette Frau«, sagte Joe. »Sie ist nie hiergewesen, Papa.«
Phil sah seinem Sohn aufmerksam ins Gesicht. »Ich schäme mich, Joe«, sagte er. »Ich bin ein Idiot gewesen. Milton hat mich gewarnt, aber ich habe nicht darauf gehört.«
»Das ist doch nur menschlich, Papa«, sagte Joe.
»Aber ich liebe deine Mutter aufrichtig, Joe. Ich hätte es niemals tun dürfen.«
»Es ist ja vorbei«, sagte Joe, »also reden wir nicht mehr darüber.« Er hörte auf der Straße eine Autotür schlagen, und einen Augenblick später stürmte Dr. Milton Rosewater herein. In der Hand hielt er seine Arzttasche.
»Was war los?« fragte er.
»Als ich hereinkam, lag mein Vater keuchend auf dem Fußboden«, log Joe. »Ich habe ihm zwei von den Tabletten gegeben, die Sie ihm verschrieben haben.«
Dr. Rosewater war kein Dummkopf. Er sah natürlich sofort, daß Phils Kleider sich in verdächtiger Unordnung befanden, verlor darüber aber kein Wort. Er öffnete seine Tasche, nahm das Stethoskop heraus, und während er auf den Herzschlag seines Patienten horchte, maß er den Puls. Er prüfte den Blutdruck und spähte Phil mit einer kleinen Taschenlampe in die Pupille. Schließlich nickte er, bereitete eine Adrenalinspritze vor und legte Phils Armbeuge frei. »Das wird schon wieder«, sagte er, während er dem alten Mann das Adrenalin spritzte. »Im Krankenwagen werden sie dir Sauerstoff geben. Und in einer halben Stunde wirst du im Krankenhaus sein.«
»Ich will aber nicht ins Krankenhaus«, protestierte Phil.
»Keine Widerrede«, sagte Dr. Rosewater fest. »Dein Herz ist sehr strapaziert worden, und bilde dir bloß nicht ein, deine Angina pectoris könnte dich nicht umbringen. Wenn am Morgen alles okay ist, darfst du wieder nach Hause.«
***
Marta war wütend, als sie mit Motty im Gefolge in den Wartesaal des Krankenhauses hineinstürmte und dort ihren Sohn bereits vorfand. Er stand auf, küßte sie auf die Wange und sagte: »Hallo, Mama!« Aber sie starrte ihn nur feindselig an.
»Wieso haben die dich und nicht
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