Hollywood
für sie nicht verstand, daß er nur die Verantwortung spürte, die ihre Existenz ihm auferlegte.
»Ich war mit Rosa im Park«, sagte sie.
»War es schön?« fragte er.
»Wir haben Fische gesehen«, sagte sie. »Im Teich.«
»Das ist schön«, sagte er und warf Rosa, die am Spülbecken stand, einen Blick zu. »Hat es ihr gefallen?«
Rosa nickte. »Mucho.«
»Mucho« wiederholte Caroline. Sie zeigte auf ihren leeren Teller. »Alles aufgegessen«, sagte sie. »Krieg ich jetzt Tootsie Rolls?«
Joe nahm sie aus der Außentasche seiner Jacke, wo sie immer griffbereit waren. Er legte drei davon auf den Tisch. »Heute kriegst du eins extra. Aber schön Zähneputzen, bevor du ins Bett gehst!«
»Gut«, sagte sie und wickelte schon das erste Schokoladenbonbon aus.
»So ist es brav, Schätzchen«, sagte er. Er gab ihr einen Kuß auf die Backe und sagte zu Rosa: »Ich würde gern um acht essen, wenn Caroline schläft.«
»Sí Señor.«
Er gab seiner Tochter noch einen Kuß auf die Backe und sagte: »Daddy legt sich ein bißchen hin, Liebling. Schlaf gut und träum schön!«
»Gute Nacht, Daddy!« sagte sie und steckte bereits das dritte Tootsie Roll in den Mund.
Joe ging nach oben in sein Arbeitszimmer und warf einen Blick auf den Schreibtisch. Dreißig Seiten des Treatments waren schon fertig. Nicht schlecht. Jetzt, wo er einmal angefangen hatte, ging es viel rascher voran. Vielleicht war er schon in zwei Wochen fertig. Er machte das Licht wieder aus und ging ins Schlafzimmer. Mit wenigen Handgriffen hatte er seine Sachen abgestreift und stellte sich unter die Dusche. Der lange Nachmittag am Strand in der Sonne hatte ihn müde gemacht. Das heiße Wasser auf seiner Haut tat ihm gut. Er trocknete sich mit einem großen, flauschigen Badetuch ab und streckte sich auf dem Bett aus. Es war immer noch sehr heiß in der Wohnung. Er warf das Handtuch zu Boden, rollte sich auf den Bauch und schlief ein.
Innerhalb weniger Minuten verfing er sich in einem eigenartigen Traum von Blanche.
Eine zarte Hand berührte seine Schulter, und er fuhr hoch. Rosas freundliche Augen sahen auf ihn herab. »Es ist schon neun Uhr, Señor«, sagte sie. »Möchten Sie jetzt Ihr Essen?«
Er schüttelte den Kopf, um die Spinnweben in seinem Hirn loszuwerden, und wollte sich gerade auf den Rücken drehen, als ihm bewußt wurde, daß er eine mächtige Erektion hatte. »Gib mir erst mal das Handtuch«, bat er und zeigte auf den Fußboden.
Schweigend hob Rosa das Badetuch auf. Er schlang es sich um die Hüften, konnte seinen Zustand aber offenbar nicht ganz verbergen; denn Rosa sagte mit einem Lächeln: »El señor tiene muchos sueños de amor.«
Joe überhörte ihre Bemerkung. »Kannst du bitte das große Radio im Wohnzimmer anstellen?« fragte er. »Ich komme gleich runter zum Essen.«
»Sí Señor«, sagte sie und ging in die Küche.
Joe ging ins Bad und stellte sich noch einmal unter die Dusche. Diesmal nur kaltes, eiskaltes Wasser. Er trocknete sich ab, zog seinen Morgenrock über die prickelnde Haut und ging die Treppe hinunter.
Als er sich an den Tisch setzte, lief im Radio bereits die Walter Winchell Show. Stumm sah er zu, wie ihm Rosa die Salatschüssel hinstellte. »Wollen Sie Bier, Señor?« fragte sie.
»Ja, Bier«, sagte er geistesabwesend. Seine ganze Aufmerksamkeit galt dem Radio. Winchell redete wie ein Maschinengewehr. Alles, was der Mann sagte, schien ungeheuer wichtig zu sein. Eine Sache auf Leben und Tod sozusagen.
Aber erst ganz gegen Ende der Sendung kam das Stichwort, auf das Joe gewartet hatte.
Aus den Tripple-S-Studios, die sonst nur als Hersteller von B-Filmen und besonders billigen Streifen bekannt sind, kommt der heimliche Renner des Jahres, die Amazonenkönigin, mit Steve Cochran, den man den ›Clark Gable des armen Mannes‹ genannt hat, und Judi Antoine, die bisher überhaupt nur als Pin-up-Mädchen bekannt war. Die Amazonenkönigin hat Kasse gemacht, anderthalb Millionen Dollar in den ersten zwei Wochen, und jetzt erwarten die Tripple-S-Studios den besten Umsatz seit Jahren. Anderthalb Millionen sind ja auch ein ganz schöner Haufen Geld, meine lieben Hörerinnen und Hörer, nicht wahr? Der geniale Schöpfer dieses Kassenschlagers ist ein bisher nahezu unbekannter Schriftsteller namens Joe Crown…
Crown, der unter anderem Verfasser zweier Kurzgeschichten ist, die in der Foley Collection, der Sammlung der besten amerikanischen Kurzgeschichten, veröffentlicht wurden, hat ein Drehbuch geschrieben, in dem
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