Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Titel: Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred
Vom Netzwerk:
sollte dieses Mißverständnis sich klären lassen.«

19
    Hanne Wilhelmsen hob die Augenbrauen. »Ehrlich gesagt, Karen. . . «
    Eine fast unmerkliche Augenbewegung von Karen Borg sorgte dafür, daß
    Hanne sich in ihrem Sessel aufrecht hinsetzte.
    »Anwältin Borg«, sagte sie. »Ich habe hier einige Punkte notiert.«
    Hanne legte Halvorsruds Anwältin einen Bogen mit einer handgeschriebenen
    Liste vor. Dann ließ sie ihren Zeigefinger über die Gründe wandern, die die
    Polizei veranlaßt haben, zu glauben, Oberstaatsanwalt Halvorsrud wesentlich
    länger als nur für eine Woche in Untersuchungshaft behalten zu können.
    »Er war am Tatort, als. . . «
    »Er hat selbst die Polizei informiert.«
    »Dürfte ich weiterreden, ohne unterbrochen zu werden?«
    »Tut mir leid. Bitte sehr.«
    Hanne Wilhelmsen nahm sich eine Zigarette. Halvorsrud hatte schon drei
    geraucht, noch ehe sie die Formalitäten erledigt hatten, und in diesem
    Moment war es Hanne schnurz, daß Karen sich Macken zugelegt hatte, seit sie
    Mutter von zwei Kindern geworden war.
    »Halvorsrud war zugegen, als der Mord begangen wurde. Seine
    Fingerabdrücke sind überall. Auf dem Schwert, auf der Leiche. Überall.«
    »Aber er wohnt. . . «
    »Anwältin Borg«, sagte Hanne demonstrativ deutlich und erhob sich.
    Sie blieb am Fenster des Büros stehen, das ihr erst kürzlich zugeteilt worden
    war. Das Zimmer gehörte ihr gewissermaßen noch nicht. Sie gehörte nicht
    dorthin. Es gab kaum einen persönlichen Gegenstand in diesem Raum. Es war
    nicht ihre Aussicht. Die Bäume der Allee vor dem alten Haupteingang des
    Gefängnisses waren noch nackt. Langsam
    20
    rollte ein Fußball über den Kiesweg, doch ein Kind war nicht zu sehen.
    »Ich schlage vor«, Hanne Wilhelmsen machte einen neuen Anfang und ließ
    aus alter Gewohnheit einen Rauchring zur Decke hochsteigen, »daß ich meine
    Überlegungen vortragen darf. Dann bist du an der Reihe. Ohne Unter-
    brechungen.«
    Abrupt drehte sie sich wieder zu den beiden anderen um. »In Ordnung?«
    »In Ordnung«, sagte Karen Borg und lächelte kurz, während sie für einen
    Moment ihre Hand auf den Unterarm ihres Mandanten legte. »Natürlich.«
    »Zu dem, was ich bisher gesagt habe, kommt die Tatsache, daß Halvorsrud
    ein. . . gewissermaßen ein totes Alibi geltend macht. Er behauptet, ein gewisser Stäle Salvesen habe seine Frau mißhandelt und ermordet. Aber Stäle Salvesen
    ist am Montag ums Leben gekommen.«
    »Was?«
    Der Staatsanwalt beugte sich vor und knallte mit den Ellbogen auf die
    Tischplatte.
    »Stäle Salvesen ist nicht tot! Nie im Leben! Er war bei mir. . . er hat gestern abend meine Frau umgebracht. Das habe ich mit eigenen Augen gesehen, ich
    kann. . . «
    Er rieb sich den schmerzenden Arm und sah Karen Borg an, als erwarte er,
    daß seine Anwältin für seine Geschichte bürgen werde. Doch diese Hilfe blieb
    aus. Karen Borg machte sich an einem schlichten Diamantring zu schaffen und
    legte den Kopf schräg, als habe sie nicht richtig gehört, was Hanne da gesagt
    hatte.
    »Stäle Salvesen hat am Montag abend Selbstmord begangen. Darauf weist
    jedenfalls alles hin: Augenzeugen, sein Wagen bei der Brücke, von der er
    gesprungen ist, ein Abschiedsbrief.«
    »Aber keine Leiche«, sagte Karen Borg langsam.

20
    Hanne schaute auf.
    »Nein, noch nicht. Aber die wird schon auftauchen. Früher oder später.«
    »Vielleicht ist er nicht tot«, sagte Karen Borg.
    »Das kann natürlich sein«, sagte Hanne ruhig. »Aber bisher gibt es keine Spur
    von einem Beweis dafür, daß dein Mandant die Wahrheit sagt. Mit anderen
    Worten. . . «
    Sie drückte ihre Zigarette aus und ärgerte sich darüber, daß es schon die
    sechste an diesem Tag war. Sie wollte doch nicht wieder anfangen. Wirklich
    nicht.
    »Eine Woche ist zu wenig. Aber wenn ihr zwei akzeptieren könnt, dann
    werden wir vierzehn Tage lang wie die Irren ackern.«
    »Gut«, sagte Halvorsrud tonlos, ohne sich mit seiner Anwältin zu beraten.
    »Ich verzichte auf den Termin im Untersuchungsgericht. Zwei Wochen.
    Okay.«
    »Mit Post- und Besuchsverbot«, fügte Hanne Wilhelmsen mit schroffer
    Stimme hinzu.
    Karen Borg nickte.
    »Und so wenig Presse wie möglich«, sagte sie dann. »Mir ist aufgefallen, daß
    die Zeitungen von der Geschichte noch nichts wissen.«
    »Dream on«, murmelte Hanne, dann fügte sie hinzu: »Ich werde versuchen,
    Ihnen eine Matratze zu besorgen, Halvorsrud. Wir führen morgen ein weiteres
    und sehr viel umfassenderes Verhör durch,

Weitere Kostenlose Bücher