Holz und Elfenbein
seiner Jacke.
»Federico, was...?« Alexis folgte ihm zur Wohnungstür, die vor seiner Nase zugeschlagen wurde und gerade noch konnte er sie mit dem Fuß aufhalten, sonst hätte er sich glatt die Finger eingeklemmt. »Au, verdammt!«
Alexis folgte ihm ins Treppenhaus: »Federico Batist! Wo willst du überhaupt hingehen?« Er betonte jedes einzelne Wort. Federico hatte doch wohl nicht ernstlich vor in diesem Wetter vor die Tür zu gehen und planlos herumzuirren? Wenn er noch seine Stube im Wohnheim hätte um dorthin zu flüchten, aber nun wohnte Federico nun einmal hier.
Das sah wohl auch Federico ein und mit einem zerknirschtem Gesichtsausdruck kam er wieder die Treppe hinauf, die er gerade erst halb hinuntergestürmt war.
Federico ging an ihm vorbei und warf Alexis dabei einen Blick zu, der ihn unwillkürlich zum Schlucken veranlasste. Dann ging er schnurstracks ins Badezimmer, der einzige Raum in der Wohnung, der sich zusperren ließ. Die Tür knallte – einmal wieder - und dann herrschte fürs Erste eine Minute absolute Ruhe.
Es war Alexis schon früh aufgefallen, dass Federico ganz schön ungemütlich werden konnte, wenn er in dieser Stimmung war. Er erinnerte sich noch zu gut an die Episode in der Mensa als Federico ihn und Klara angefahren hatte. Oder auch als Federico das erste Mal gegen ihn gefochten hatte, da hatte Federico auch seine Wut an ihm ausgelassen. Federico hatte in solchen Situationen nichts mehr von diesem so scheinbar ruhigen, besonnenen jungen Mann. Er war aufbrausend, stur und auch leidenschaftlich in seiner Rage. Sicher eine Eigenschaft, die er von seiner italienischen Mutter geerbt hatte. Leider war Alexis genau so stur, gerade wenn es darum ging seinen Standpunkt zu verteidigen.
»Was hast du dir bloß dabei gedacht?«, brüllte es unvermittelt hinter der geschlossenen Tür.
»Ich wollte dir nur helfen«, gab Alexis zurück, immerhin er brüllte nicht. Er warf Federicos Jacke über den nächstbesten Stuhl. Dann durchquerte er den kleinen Flur, der Wohn- und Schlafzimmer miteinander verband, mit unruhigen Schritten, drehte sich dann wieder um, ging die fünf Schritte zurück und stellte sich direkt vor die Tür. »Du siehst aber auch alles gleich so dramatisch!« Alexis hatte seinem Freund doch nur etwas Gutes tun wollen und wie wurde es ihm nun gedankt!
»Dramatisch?!«
Alexis zuckte unwillkürlich zurück, noch nie hatte er jemanden dermaßen brüllen hören. Aber was hatte er erwartet. Wie jeder Schüler an einem Konservatorium hatte auch Federico eine grundlegende Stimmbildung genossen und Gesangsstunden waren in seiner Kindheit für ihn wohl auch kein Fremdwort gewesen. Selbst unbewusst eingesetzt konnte eine gute Atemtechnik für erschreckend eindrucksvolle Resultate sorgen.
»Dramatisch sagst du«, ereiferte sich Federico weiter. »Ich habe ja wohl auch allen Grund dazu. Ich kann nie mehr Klavier spielen und wie du vielleicht weißt, habe ich nie etwas anderes gelernt. Ich bin quasi vor die Tür gesetzt worden und...«
Alexis fragte sich während der Tirade, ob die Nachbarn sie wohl hörten. Er hoffte nicht, es war ihm peinlich, wenn sie von ihren Problemen so erfahren würden. Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, trat Federico gegen die Tür der Glasdusche, was einen dumpfen Knall zur Folge hatte. Alexis betete, dass Federico nicht noch weiter seine Einrichtung demolierte und es bei diesem Tritt beließ. Alexis fürchtete bereits um den Putz im Badezimmer, sah ihn schon vor seinem inneren Auge von der Wand bröckeln. Er atmete tief durch, um sich zu beruhigen und hoffte, dass Federico dies auch tat. Er konnte doch unmöglich die ganze Zeit hindurch brüllen.
Endlich herrschte einmal Stille.
»Alexis Arrowfield, du bist ein verzogener, verhätschelter Bengel«, stellte Federico abschließend fest, jetzt endlich zu einer gemäßigteren Lautstärke zurückkehrend.
»Fedri, jetzt...«
»Ein verzogener Bengel«, Federico ließ sich von dieser Meinung wohl nicht abbringen, »der wirklich glaubt, man kann alles mit Geld regeln und der sich auch nicht zu schade ist, das alles und jedem zu zeigen.«
Alexis wollte das nicht offen zugeben, schon gar nicht gegenüber dem erzürnten Federico, aber an dessen Vorwürfen war schon was Wahres dran. Er war nun einmal als Kind wohlhabender Eltern aufgewachsen und hatte – nicht jeden – aber so doch recht viele Wünsche erfüllt bekommen.
»Weißt du überhaupt, wie das auf mich wirken muss?«
Doch so langsam wurde es Alexis
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