Holz und Elfenbein
hatte gedacht, dass Federico schon eingeschlafen war. Er musste nicht nachfragen auf was sich Federico bezog.
»Nein.«
»Es ist nicht so, dass ich dir nicht vertraue und ich habe mich auch schon gefragt wie es wohl ist. Aber«, hier stockte Federico und Alexis spürte wie er sich vor Unbehagen unter der Decke bewegte, »ich habe noch Angst davor.«
»Ist in Ordnung«, versicherte Alexis und tätschelte ihm den Kopf. Er war jetzt auch gar nicht in der Stimmung für langwierige Diskussionen.
Ganz anders Federico, der wohl zu der Sorte gehörte, die gerne zu reden begann, wenn sie zugedröhnt war. »Ist es das wirklich? Ich denke, du bist anderes gewohnt. In den Clubs wimmelt es nur so von willigen Männern, die nur gern ihren Hintern hergeben, da ziert sich keiner lange.«
Das mochte schon stimmen, aber unter diesen ganzen ›willigen Männern‹ war noch nie jemand wie Federico gewesen und das sagte Alexis auch so.
»Meinst du, es wird wieder besser mit meiner Hand? Sei ehrlich«, fragte Federico nach einer Weile.
Alexis seufzte unhörbar und war froh darum, dass Federico seinen Gesichtsausdruck nicht sehen konnte. »Versuch zu schlafen. Morgen sieht die Welt wieder anders aus.«
»Lahme Ausrede, Arrowfield.«
Das war es wohl, aber er brachte es nicht übers Herz Federico die Wahrheit zu sagen. Auch nicht die Tatsache, dass Alexis mit einem Mal nicht mehr wusste, ob er die Kraft besaß für Federico dazusein, obwohl ihn dieser doch so sehr brauchte.
Trotz der Drogen bohrte sich dieser Gedanke in einer erbarmungslosen Klarheit in seinen Kopf.
14
Mein musste wahrlich kein Erleuchteter sein, um zu erkennen, dass es zwischen Federico und Alexis zurzeit etwas holprig lief. Wobei ›holprig‹ dabei noch eine Untertreibung wäre, wie Claude sich selbst in Gedanken korrigierte. Er wusste nicht, was genau vorgefallen war. Aber seit jenem Konzert für Professor Vipatchi war der Umgang der beiden Musiker irgendwie gehemmt.
Federico übernachtete weder bei Alexis, noch kam Alexis zu ihnen ins Wohnheim. In den Mittagspausen saßen die beiden Musiker zwar am selben Tisch, doch redeten kaum ein Wort miteinander. Sogar Jérôme hatte ihn bereits gefragt, was zwischen den beiden los sei. Federico kam seit drei Wochen nicht mehr ins Fechttraining und Alexis wäre auch nur schwer zu genießen.
Claude mochte Alexis sehr, keine Frage. Doch war er nun schon seit ein paar Jahren Federicos Zimmernachbar und dessen bester Freund. Kein Wunder also, dass er in dieser jetzigen Situation zu Federico hielt und in erster Linie Alexis für die augenblicklichen Schwierigkeiten verantwortlich machte. Zuerst hatte Claude geschwiegen, aber als nach nunmehr zwei Wochen Alexis und Federico sich noch immer wie mit Samthandschuhen anfassten und Federico zudem sichtlich unglücklicher wurde, überredete er den Pianisten während der Mittagspause zu einem Spaziergang im Park.
Es war mittlerweile Ende November, die Woche vor dem ersten Advent. Selbst Claude gestattete es sich, dass er so langsam in Weihnachtsstimmung kam. Die Luft im Park hatte diese erfrischende, scharfe Kühle, die gerade dazu einlud wieder einen freien Kopf zu bekommen. Sie hatten sich beide in der Cafeteria je einen Becher mit Glühwein geholt. Ihr erster Glühwein der Saison und mit Sicherheit auch nicht der letzte.
»Was ist zwischen dir und Alexis los?«, kam Claude endlich auf den eigentlichen Grund des Spaziergangs zu sprechen.
Statt einer Antwort blickte Federico ganz und gar betrübt in seinen Pappbecher.
»Was hat dieser kalte Fisch von einem Brite nur mit dir angestellt?« Hatte Claude sich so verschätzt was Alexis und dessen Absichten anging? Wurde Federico bereits schon wieder abserviert? Das wäre aber gar nicht die feine englische Art.
»Alexis hat gar nichts falsch gemacht. Ich kann ihm wirklich keine Vorwürfe machen.«
»Also?«
»Ich bin das Problem, oder besser gesagt, meine Hand ist es.«
Unwillkürlich schielte Claude auf Federicos rechten Arm. Jetzt fiel es nicht auf, weil es ohnehin Winter war und jeder Handschuhe trug. Doch noch immer hatte Federico einen Verband um seine Hand und das obwohl er sich doch nur so unglücklich in den Finger geschnitten hatte. Seitdem hatte Federico auch kaum noch Klavier gespielt, was natürlich am Konservatorium nicht gerade unbeachtet blieb. Lucrezia, Federicos Kommilitonin, kam nicht umhin täglich darauf hinzuweisen.
»Weißt du noch am Anfang des Semesters als ich so fertig war?«
»Ja.« Claude
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