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Holzhammer 02 - Teufelshorn

Holzhammer 02 - Teufelshorn

Titel: Holzhammer 02 - Teufelshorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fredrika Gers
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einer Kugel glich. Heute hätte auch niemand mehr versucht, ihm die Frau auszuspannen, zum einen aus Respekt, den er überall genoss, zum anderen weil Marie sich vom begehrten Feger zum gefürchteten Besen weiterentwickelt hatte. Sie war einen Kopf größer als ihr Mann und trug die Haare tagsüber in einem altmodischen Zopfkranz, wie er im Talkessel immer noch häufig zu sehen war.
    Ihr Mundwerk war «waffenscheinpflichtig», wie ihr oftmals attestiert wurde, jedoch setzte sie es meistens für gute Zwecke ein. Zum Beispiel, wenn es darum ging, Bekannte und Verwandte für wohltätige, meist kirchliche Aufgaben zu begeistern, Tische für eine Benefizveranstaltung aufzubauen, Altkleider zu sammeln. Überhaupt soziale Aktionen aller Art, dafür engagierte sie sich, und für solche Zwecke wurde man von ihr zwangsverpflichtet, wenn man nicht sehr gute Gegenargumente hatte. Bei den Hilfsbedürftigen war sie natürlich entsprechend beliebt, und sie hatte es auch schon öfter in den Berchtesgadener Anzeiger gebracht, wenn sie als Sprecherin des katholischen Frauenbunds irgendwo einen Scheck übergab, eine Tafel eröffnete oder einen Flohmarkt abhielt.
    Holzhammer war mit seiner Wahl immer noch zufrieden. Er kam mit seiner quirligen Frau gut klar. Er kannte sie schließlich am besten, und er wusste genau, dass unter dem Besen eine herzensgute Person steckte, die sich wirklich aus innerem Bedürfnis für andere engagierte. Er hatte auch kein Problem damit, dass sie oft unterwegs war, im Gegenteil. Dann hatte er zu Hause seine Ruhe. Nur eins hatte er bereits vor Jahren ein für alle Mal klargestellt: Er stand für ihre Sozialaktionen nicht zur Verfügung. Seine Aufgabe in der Gesellschaft bestand darin, die Kriminalität im Zaum zu halten und böse Buben zu verhaften – nicht darin, ihnen Ostereier in den Knast zu bringen. Und alten Leuten half er vielleicht über die Straße, aber er las ihnen keine Geschichten vor.
    Unter solchen Gedanken verspeiste er zwei Zwetschgendatschi mit Sahne und legte sich dann rechtschaffen müde aufs Kanapee, wo er alsbald entschlummerte. Im Traum hatte er eine Begegnung mit Romy Schneider beim Nacktbaden am Wasserfall. Die war ja in der Schönau aufgewachsen, und ihre Mutter Magda hatte bis zu ihrem Tod hier gelebt.
    Aus diesem ästhetischen Traum riss ihn brutalstmöglich sein Diensthandy. Es dauerte einige Klingelzeichen, bis er sich aufgerappelt und die Augen so weit aufbekommen hatte, dass er die Tasten und das Display sehen konnte.
    Er sah die Münchner Nummer und drückte «annehmen». Und schon hatte er den Salat beziehungsweise den Gerichtsmediziner am Ohr: Aus den Wunden konnte man nichts Zielführendes ablesen. Aber man hatte Faserspuren unter den Fingernägeln gefunden. «Der Tote hat sich also vor dem Absturz an einer anderen Person festgekrallt», erklärte der Pathologe überflüssigerweise.
    «Absolut phantastisch», murmelte Holzhammer und sah vor seinem geistigen Auge, wie Romy Schneider ihm eine lange Nase drehte.
    Der Pathologe bezog die Bemerkung auf seine Arbeit. «Reine Routine», wehrte er bescheiden ab, offensichtlich in der Annahme, der Hinterwäldler aus Berchtesgaden habe noch nie von den aktuellen Methoden der Kriminaltechnik gehört.
    Holzhammer war das egal. Viel wichtiger und unangenehmer war die Bedeutung des Fundes. Fasern vom Festkrallen bedeuteten, dass ein Kampf stattgefunden hatte. Und das bedeutete, dass auf die unterbesetzte und trotzdem als Kriminalstation firmierende Polizeidienststelle Berchtesgaden wieder eine Mordermittlung zukam. Klar war ebenfalls, dass sein Chef ihm auch diesmal keine große Hilfe sein würde und der famose Dr. Fischer sich trotzdem dagegen wehren würde, externe Unterstützung anzufordern. Damit er den Ruhm später allein einstreichen konnte. Mit anderen Worten bedeutete es, dass Holzhammer sich geregelte Dienstzeiten ab heute bis zur Aufklärung abschminken konnte.
    «Können Sie noch irgendwas über die Faser sagen?», fragte er den Münchner, obwohl er die Antwort schon vorher wusste.
    «Wir hier können nur sagen, dass es wohl irgendein Funktionsstoff ist. Wir geben das Asservat an die KTU weiter, und die wird sich dann bei Ihnen melden.»
    «Ja, verstehe, dankschön.» Genauso hatte Holzhammer sich das vorgestellt. Ein Pathologe war logischerweise kein Faserspezialist, jedenfalls keiner für Kleidung, sondern nur für Fleischfasern. Klamotten machte die Kriminaltechnische Untersuchungsstelle in München. Auch sein Freund

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