Holzhammer 02 - Teufelshorn
Wenn es kein Geständnis war, konnten ihm Mitteilungen vom Seiler gestohlen bleiben.
«Das will ich ned am Telefon sagen», raunte Seiler geheimnisvoll. «Es hat mit dem Mord zu tun. Kimm zu mir in die Klinik, dann erfährst es.»
Das hatte Holzhammer gerade noch gefehlt. Aber er musste natürlich hin. Traurig trug er sein Weißbierglas ins Haus. Die Uniform zog er nicht an, nicht für diesen Anlass. Erst im Auto fiel ihm ein, dass Seiler mit Klinik nicht das Krankenhaus gemeint hatte, sondern die Reha-Klinik in der Schönau. Er war ja bereits verlegt worden.
Holzhammer fuhr in die Tiefgarage der Klinik, die einzige Tiefgarage in der ganzen Schönau. Oben am Empfang erkundigte er sich nach Seilers Zimmernummer.
Der Seilbahnbesitzer hatte ein schönes Zimmer mit Balkon bekommen, war ja klar. Aufrecht saß Alois Seiler im Bett, das Kopfteil hochgestellt, auch nach fast einer Woche im Krankenhaus noch immer braun gebrannt und sportlich aussehend. Er trug einen Kopfverband, sodass von seinen Haaren nicht viel zu sehen war. Darunter leuchteten seine wasserblauen Augen wie eh und je. Kein Wunder, dass er auch mit sechsundfünfzig Jahren keine Mühe hatte, am laufenden Band Serviererinnen zu verführen. Holzhammer fragte sich kurz, ob er auf den Menschen eigentlich neidisch sein sollte. Aber das konnte er vor sich selbst guten Gewissens verneinen. Das Verführen von Serviererinnen gehörte definitiv nicht zu den erstrebenswertesten Beschäftigungen, die er sich vorstellen konnte. Er stellte sich die Sache eher anstrengend vor. Wozu hatte er sich die Computerhütte im Garten gebaut, wenn nicht für viel Ruhe, Fernschach und Weißbier? Er liebte seine Frau und seinen kleinen Freund, den Rasenmähcomputer. Er konnte sich vorstellen, auf seine alten Tage noch mal die Schulbank zu drücken und einen Programmierkurs zu machen, nur so zum Spaß. Und nur wenn es niemand mitbekam. Aber Serviererinnen verführen? Naa, dankschön.
Ohne weitere Umschweife fiel Holzhammer gleich mit der Tür ins Haus: «Oiso spuck’s aussi, was ist denn so wichtig? Was kannst du mir ned am Telefon erzählen, das ich unbedingt wissen muss?»
«Es geht um den Hias.»
Holzhammers Alarmglocken begannen zu läuten. «Ja?», sagte er nur.
«Ich weiß schon, dass du mi ned ausstehen kannst und mir am liebsten an Mord anhängen würdest. Aber glaubst du, ich bin so blöd? Und wieso hätt ich des überhaupt tun sollen? Alles läuft pfeilgrad, der DSV kommt zum Jenner. Aber wer erntet dafür die Lorbeeren und wird zum x-ten Mal wiedergewählt? Wer ist der große Held, der Oberdiplomat, der das alles genial eingefädelt hat und in die Zeitung kimmt? Na, der Hias! Dafür kann man schon mal was springen lassen, gell.»
«Wie moanst denn des?», fragte Holzhammer, obwohl ihm schon klar war, was Seiler da behauptete.
«B’stochen hat er den Stranek, was glaubst denn du!»
«Ah ja, das ist ja sehr interessant. Und wie kommst du drauf, kannst du das beweisen?»
«I glaub scho. Er hat’s nämlich grad dämlich gemacht, direkt aus der Gemeindekassa.» Dabei grinste Seiler übers ganze Gesicht.
«Das glaubst doch selbst ned. Wie soll denn das gehen.»
«Na, er hat die Vollmachten. Was er abzeichnet, wird überwiesen. Und wenn es dann noch falsch deklariert wird – zum Beispiel ‹Pflastersteine für die Seelände› –, es weiß doch kein Mensch, wie viele teure Pflastersteine da wirklich gebraucht werden und ob vielleicht eine Nachlieferung bestellt werden musste.»
Die ganze Seelände war kürzlich neu gepflastert worden. Um sich vorher anzuschauen, wie das hinterher aussehen würde, war der halbe Gemeinderat extra irgendwo in den bayerischen Wald gereist, wo der Rathausplatz bereits in gleicher Weise gepflastert worden war. «So, und woher weißt du das alles?»
«Ein kleines Vögelchen hat es mir zugezwitschert.» Dabei zeigte Seiler wieder sein Verführerlächeln.
«Und wann soll das gewesen sein? Weißt du das auch?» Hinter Holzhammers Stirn sammelten sich bereits verschiedene Möglichkeiten, wie er diese Anschuldigung möglichst unauffällig prüfen konnte, ohne einen Riesenwirbel zu veranstalten.
«Na ja, kürzlich. Kurz vor der Bergtour.»
«Und den Betrag weißt du wahrscheinlich auch auf den Pfennig genau?»
«Nicht ganz. Aber mehr als dein Monatsgehalt war’s auf jeden Fall.»
Holzhammer dachte an sein Polizistengehalt. Mit dem Betrag konnte man wirklich niemand bestechen. «Okay, wir prüfen das. Und wehe, du lügst. Du weißt
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