Homeland: Carries Jagd: Thriller (German Edition)
der einen Hand und eine Handgranate in der anderen.
»Ist er das?«, fragte Mullins, während er mit seiner MP 5 auf den Mann auf der Brüstung zielte. »Abu Ubaida?«
Es war das vierte Mal, dass sie ihn sah. Erst auf dem Foto, das Marielle ihr in Beirut gegeben hatte, ferner auf dem Markt in Ramadi und auf dem Video aus Romeos Haus. Sie erkannte ihn sofort wieder.
»Es ist Abu Ubaida«, sagte sie. »Hundertprozentig.«
»Du! Amerikanische Sahira .« Abu Ubaida starrte sie eindringlich an. Er nannte sie »Hexe«. »Du warst das auf dem Souk .«
»Ja, ich«, gab sie zurück.
»Ich gehe jetzt«, verkündete er auf Englisch. »Wenn je mand mich aufzuhalten versucht, stirbt das Baby. Sobald einer schießt, lasse ich die Granate fallen, und die Kleine ist tot.«
»Du gehst nirgendwohin«, erwiderte Mullins. Die Waffen von fast einem Dutzend amerikanischer Soldaten waren auf den Terroristen gerichtet.
»Dann stirbt das Kind.« Abu Ubaida drückte die Granate gegen den Körper des Mädchens, das sich in seinem Griff wand.
»Lass sie los!«, forderte Mullins ihn auf.
»Wenn sie stirbt, habt ihr sie auf dem Gewissen. Ich bin bereit zu sterben«, beharrte Abu Ubaida.
»So kommst du nicht ins Dschanna «, sagte Carrie und erinnerte ihn an das islamische Paradies.
»Doch, wir befinden uns im Dschihad «, erwiderte er.
»Nein, das wird Allah nicht verzeihen.« Sie starrte ihn eindringlich an und erkannte an seinem Blick, dass er seine Entscheidung bereits getroffen hatte. Bevor sie reagieren konnte, ließ er das Kind fallen und schleuderte die Granate in Carries Richtung.
»Allahu akbar«, rief er aus, Gott ist groß, und sprang vom Dach, während die Handgranate einen knappen Meter vor Carrie und Mullins auf dem Boden landete. Blitzschnell sprang Crimson herbei und kickte sie wie einen Fußball weg – einen Sekundenbruchteil, bevor sie explodierte.
Die Detonation zerfetzte Crimsons Unterschenkel und fällte ihn wie einen Baum. Mullins und zwei Soldaten wurden von Granatsplittern verwundet, Carrie selbst blieb unversehrt. Crimsons großer, mit einer Schutzweste bewehrter Körper hatte sie lange genug abgeschirmt. Das kleine Mädchen saß vor der Brüstung und schrie laut, schien aber ebenfalls keine Verletzungen davongetragen zu haben.
Ein Soldat eilte Crimson zu Hilfe und begann sein Bein abzubinden, aus dem rhythmisch pulsierend das Blut hervorschoss. Crimsons Fuß im Kampfstiefel lag ein paar Meter entfernt auf dem Dach. Mullins trat, ebenfalls blutend, zu ihnen und erteilte seinen Leuten Anweisung, auszuschwärmen und das Dach zu sichern.
Obwohl sie sich eigentlich um Crimson kümmern sollte, der so viel für sie getan hatte, galt Carries einziger Gedanke Abu Ubaida. Sie musste wissen, was mit ihm war, auch wenn sie ein schrecklich schlechtes Gewissen hatte. Das ist verdammt mies von mir, schoss es ihr durch den Kopf, als sie die Metalltreppe hinunterrannte. Er rettet mir zweimal das Leben, und ich denke nur an meine Mission .
Trotzdem konnte sie nicht anders, hetzte auf die Straße hin aus. Für einen kurzen Augenblick durchzuckte sie der Gedanke, dass sie noch Jahre an diesen Moment zurückdenken würde, vor allem in schlaflosen Nächten. Abu Ubaida lag etwa fünfzig Meter entfernt auf dem Gehsteig in der grellen Sonne, die weiße Arztjacke dunkelrot von Blut.
Innerlich zitternd trat sie zu ihm. Abgesehen von der Blutlache um seinen Hinterkopf war der Mann eindeutig zu identifizieren. Seine Augen starrten leer zum Himmel hinauf, und sie musste nicht nach einem Puls suchen, um zu wissen, dass er tot war.
Es kam ihr vor, als würde jemand anders ihre Bewegungen steuern, als sie die Beretta auf Abu Ubaidas Gesicht richtete. Das ist für Ryan Dempsey, du Hundesohn . Sie drückte ab, und es war ihr völlig egal, dass er längst tot war.
KAPITEL 36
Beirut-Zentrum
Nachdem sie die Gipfel des Libanongebirges überflogen hatten, schaute Carrie zum Fenster hinaus auf die Stadt, die sich unter ihr auszubreiten begann. In der Ferne sah sie bereits das Mittelmeer, das blau in der Nachmittagssonne schim merte. Eigentlich hatte sie nicht vorgehabt, nach Beirut zu fliegen, zumal es von Perry Dreyer und Saul die klare Anweisung gab, »ihren Arsch schnellstmöglich nach Langley zu bewegen«.
Sie war nach der Schießerei im Krankenhaus zuerst zum Büro der CIA im Konferenzzentrum gegangen. Master Sergeant Travis begleitete sie bis zur Bürotür, um sicherzugehen, dass ihr nichts passierte.
»Bitte sagen Sie Crimson
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