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Homicide

Homicide

Titel: Homicide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Simon
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Sinai Hospital schickte, um ein Foto des Tatverdächtigen machen zu lassen, wurde er von Worden höchstpersönlich wegen Hausfriedensbruchs eingebuchtet. Vertreter der Bürgerrechtsbewegung NAACP forderten eine Untersuchung, aber die Polizeiführung mauerte und behauptete steif und fest, es sei niemand verprügelt worden.
    Aber es war nur ein kleiner, armseliger Sieg, und in den Diensträumen und Streifenwagen fielen harte Worte über die beiden Kollegen, die Buckmans Mörder die Chance gegeben hatten, sich festnehmen zu lassen, wo doch seine 38er schon an der passenden Stelle lag. Und noch härter wurden die Worte, als der Mann mit Totschlag und der Möglichkeit der Freilassung auf Bewährung nach nur zehn Jahren davonkam.
    Der Mordfall Buckman war ein Wendepunkt, aber die Entwicklung war noch lange nicht zu Ende. Sieben Jahre später fielen in einem Imbiss in East Baltimore wiederum Schüsse, die weitreichende Folgen für die Polizeiarbeit in Baltimore hatten. Und wieder musste Worden hilflos zusehen, wie ein anderer Cop, ebenfalls ein Freund, geopfert wurde, wenn auch diesmal auf ganz andere Weise.
    Die Schüsse trafen im März 1980 einen Siebzehnjährigen mit dem merkwürdigen Spitznamen Ja-Wan McGee. Der Schütze war ein dreiunddreißigjähriger Detective mit Namen Scotty McCown. Er hatte bereits neun Dienstjahre auf dem Buckel und arbeitete mit Worden im Raubdezernat des CID. McCown war nicht im Dienst und trug keine Uniform, als er den Imbiss in der Erdman Avenue betrat und eine Pizza bestellte. Da kam McGee mit einem Kumpel herein und schlenderte zum Tresen. McCown hatte die beiden Jugendlichen zuvor mehrmals durch die Scheibe spähen sehen. Offenbar warteten sie auf etwas. Erst als es einigermaßen leer war, traten sie ein. McGown, der schon seit fünf Jahren Raubüberfälle bearbeitete, glaubte zu wissen, was nun kommen würde. Gleich geht’s los, dachte er und ließ die Waffe, die er außerhalbder Dienstzeit trug, vom Holster in die Tasche seines Regenmantels gleiten.
    Als Ja-Wan McGees an der Theke etwas silbrig Schimmerndes aus seiner Manteltasche zog, reagierte McGown blitzschnell. Er feuerte ohne Vorwarnung drei Schüsse ab und traf McGee in den Rücken. Der Detective befahl dem zweiten Teenager, sich nicht zu rühren, dann rief er dem Mann hinter dem Tresen zu, die Polizei und einen Krankenwagen zu rufen. Anschließend beugte er sich über das zu Boden gesunkene Opfer. Neben ihm lag ein schwarzsilbernes Feuerzeug.
    Die Schüsse auf Ja-Wan McGee fielen nur Wochen, nachdem ein ähnlich zweifelhafter Schusswaffeneinsatz eines weißen Polizisten Rassenunruhen in Miami ausgelöst hatte. Als immer mehr Demonstranten vor das Rathaus von Baltimore zogen, wussten alle, was die Stunde geschlagen hatte. Alle außer Scotty McCown.
    Worden war 1977 zum Raubdezernat gestoßen, zwei Jahre nach McCown. Worden hielt den Jüngeren für einen guten Mann, dessen Karriere nun von einem unbedachten Schuss zerstört wurde. Also grub Worden im Eastern District ein paar Akten über den Siebzehnjährigen aus, Raubüberfälle, in denen er eine kleine Pistole benutzt hatte, ein silbernes Ding vom Kaliber .25.
    »Vielleicht hilft dir das was«, sagte Worden.
    »Danke, Donald«, antworte der Jüngere, »aber ich komm da schon durch.«
    Doch so einfach war das nicht. Die Demonstrationen gingen weiter, und die Lage wurde angespannt, nachdem die Staatsanwaltschaft es abgelehnt hatte, den Fall vor eine Grand Jury zu bringen. Die Begründung lautete, dass dem Detective keine kriminellen Absichten unterstellt werden konnten. Drei Monate später wurde McCown vor den polizeiinternen Untersuchungssausschuss geladen. Dort legte er dar, aus Angst um seine Sicherheit und die der anderen Anwesenden von seiner Waffe Gebrauch gemacht zu haben. Der fünfköpfige Ausschuss hörte auch den Begleiter des Opfers an, der erklärte, er und sein Freund hätten den Laden nicht ausnehmen wollen, sie hätten mehrmals durch die Frontscheibe gespäht, weil es voll gewesen wäre und sie keine Lust gehabt hätten, nur wegen ein paar Getränkedosen Schlange zu stehen. Das Entscheidende aber war die Schilderung von Ja-Wan McGee. Dersaß, von der Hüfte abwärts gelähmt, im Rollstuhl und sagte aus, er sei zur Tür hereingekommen, »und der Mann machte zwei Schritte und begann zu ballern«. Nach einstündiger Beratung erklärte der Ausschuss, der Detective habe drei Dienstregeln im Umgang mit Schusswaffen verletzt und außerdem mit seiner Handlungsweise »dem

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