Honeymoon
im Haus, sondern –«
»Ich weiß, Nora. Das ist übrigens etwas, worüber ich gerne mit Ihnen reden wollte.«
Einer von Connors Partnern aus dem Greenwicher Büro ging an ihnen vorbei. Elizabeth verstummte; offenbar wollte sie nicht, dass er mithörte.
»Kommen Sie«, sagte Nora. »Gehen wir einen Moment nach draußen.«
Sie führte Elizabeth zur Haustür hinaus auf die breite, geflieste Vortreppe. Jetzt waren sie unter sich. Zeit für ein wenig Aufrichtigkeit?
»Also, was ich sagen wollte«, fuhr Elizabeth fort. »Ich habe mit Mark Tillingham gesprochen. Offenbar hat Connor mir das Haus vermacht.«
Noras Reaktion war brillant. »Tatsächlich? Ach, das ist ja schön. Ich bin so froh, dass es in der Familie bleibt. Besonders, da Sie es sind, Lizzie.«
»Oh, wie lieb von Ihnen. Ich muss Ihnen allerdings sagen, dass mir nichts ferner liegt, als hierher zu ziehen und in dem Haus zu wohnen«, sagte Elizabeth. Dann verstummte sie und ließ den Kopf sinken.
Offenbar fiel es ihr schwer weiterzusprechen. »Das könnte ich einfach nicht«, sagte sie schließlich.
»Ich verstehe«, meinte Nora. »Dann sollten Sie es am besten verkaufen, Lizzie.«
»Sie haben wohl Recht. Aber das hat keine Eile. Das ist es auch, worüber ich mit Ihnen sprechen wollte«, sagte sie. »Zunächst sollen Sie wissen, dass Sie das Haus selbstverständlich weiter nutzen können, solange Sie möchten. Ich weiß, dass Connor es so gewollt hätte.«
»Das ist wirklich nett von Ihnen«, sagte Nora. »Und ganz und gar nicht nötig. Ich bin sprachlos.«
»Ich habe Mark gebeten, dafür zu sorgen, dass die Nebenkosten und Reparaturen aus der Erbmasse weiter bezahlt werden. Das ist das Mindeste, was wir tun können«, sagte Elizabeth. »Und noch etwas, Nora: Ich möchte, dass Sie die ganze Einrichtung behalten. Das war es doch schließlich, was Sie und Connor zusammengebracht hat.«
Nora lächelte. Aus jedem von Elizabeths Worten sprach das pure schlechte Gewissen. Bei der Nachricht von Connors Tod hatte sie sofort angenommen, seine Verlobte wäre auf sein Geld aus. Jetzt, da sie sich vom Gegenteil überzeugt hatte, gestand sie durch ihre Großzügigkeit indirekt ein, dass sie sich geirrt hatte. Das hatte sie ja auch, dachte Nora. Streng genommen jedenfalls.
Ich habe nämlich meine Schäfchen schon vorher ins Trockene gebracht.
Sie standen vor dem herrschaftlichen Haus und plauderten, bis Elizabeth plötzlich auf die Uhr sah. Ihre Maschine zurück nach Kalifornien ging in weniger als drei Stunden. »Ich sollte wohl besser aufbrechen«, sagte sie. »Das ist der traurigste Tag meines Lebens, Nora.«
Nora nickte. »Ja, für mich auch. Ich hoffe, wir bleiben in Kontakt.«
Elizabeth verabschiedete sich – wobei sie es sich nicht nehmen ließ, Nora herzlich zu umarmen – und ging zu ihrem Mietwagen, der in der Auffahrt geparkt war. Nora sah ihr nach; kerzengerade stand sie da, die Hände vor dem Bauch verschränkt. Doch hinter der unbewegten Fassade raste ihr Herz vor Aufregung. Sie hatte es geschafft! Der Mord. Das Geld.
Nora machte auf dem Absatz ihrer Manolos kehrt, um ins Haus zurückzugehen. Doch nach zwei Schritten verharrte sie plötzlich reglos. Sie glaubte etwas gehört zu haben. Ein Geräusch aus der Gegend der Hecke. Eine Art Klicken. Ihr Blick ging zur Grundstücksgrenze. Sie lauschte ... doch da war nichts.
Muss wohl ein Vogel gewesen sein, dachte sie.
Doch als sie den letzten Schritt ins Haus machte, surrte die Nikon – D1-X-Digitalkamera noch ein paarmal in ihrem Versteck zwischen den Rhododendren.
Klick, klick, klick.
Nora Sinclair war nicht die Einzige, die einen genialen Plan hatte.
Zweiter Teil
Der Versicherungsvertreter
25
Es ist nicht immer alles so, wie es scheint, mein Sohn.
Das war ein Satz, den ich als Jugendlicher oft von meinem Vater zu hören bekam. Natürlich bekam ich auch oft zu hören, ich solle den Müll rausbringen, das Laub zusammenrechen, Schnee schippen, nicht so schlurfen und mich schön gerade halten. Aber wenn es darum geht, was bei mir einen bleibenden Eindruck hinterließ, dann bleiben all die anderen Ermahnungen doch weit hinter dieser kleinen Lebensweisheit zurück.
So einfach. Und doch, wie die Jahre mich seither gelehrt haben,
so wahr
.
Da saß ich nun in meinem neuen Büro, das eher an eine Besenkammer erinnerte. Es war wirklich sehr gemütlich – ein kleinwüchsiger Entfesselungskünstler hätte sich darin pudelwohl gefühlt. Auf meinem Computerbildschirm erschienen die Fotos, die ich
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