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Hongkong 02 - Noble House Hongkong

Hongkong 02 - Noble House Hongkong

Titel: Hongkong 02 - Noble House Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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antwortete er in sanftem Ton. »Es ist nur ein Brauch, nichts Wichtiges. Eigentlich hat es den Zweck, den Damen den Vortritt zum Örtchen und zu den Wassereimern zu lassen.«
    Ihr Lächeln erlosch, ihr Kinn sprang vor. »Und wenn ich es vorziehe, nicht zu gehen?«
    »Es ist nun einmal so üblich, Casey. In Amerika ist es zum Beispiel üblich, einen Menschen, den man eben kennengelernt hat, mit dem Vornamen anzureden. Bei uns nicht. Trotzdem … Es ist kein Gesichtsverlust damit verbunden.«
    »Ich denke doch.«
    »Das tut mir leid. Ich kann Ihnen nur versichern, daß dem nicht so ist.«
    Die anderen hatten gewartet, die beiden beobachtet und die Konfrontation genossen. Außer Ed Langan, dem die ganze Sache furchtbar peinlich war. »Teufel, Casey«, versuchte er einen Witz daraus zu machen, »gegen die Männer im Rathaus kommt man eben nicht an!«
    »Genau das habe ich mein Leben lang getan«, konterte sie scharf – sie war offensichtlich wütend. Dann hatte sie mit einemmal ein strahlendes Lächeln aufgesetzt, sekundenlang mit den Fingern auf den Tisch getrommelt und war aufgestanden.
    »Wenn die Herren mich entschuldigen wollen …« hatte sie gesagt und war abgerauscht.
    »Man kann doch schwerlich behaupten, ich hätte sie hinausgeworfen«, protestierte Dunross.
    »Dennoch – es war verdammt spaßig«, kicherte Barre. »Ich frage mich, was sie bewogen hat, ihre Meinung zu ändern. Was denken Sie, Philip?«
    »Was?« fragte Philip Tschen zerstreut.
    »Einen Augenblick lang dachte ich, sie wolle Ian eine kleben. Aber dann ging ihr etwas durch den Sinn und sie überlegte es sich. Was das wohl gewesen sein mag?«
    Dunross lächelte. »Bestimmt nichts Gutes. Die junge Dame ist so reizbar wie ein Dutzend Skorpione.«
    »Hat aber was in der Bluse«, bemerkte Barre.
    Sie lachten. Philip Tschen verzog keine Miene. Dunross’ Sorge um ihn nahm zu. Er hatte schon den ganzen Abend versucht, ihn aufzuheitern, aber es war ihm nicht gelungen. Philip hatte während des Dinners teilnahmslos und einsilbig dagesessen.
    Barre stand auf und rülpste. »Werd’ mal pinkeln, solange wir noch ungestört sind.«
    Schwankend verschwand er im Park.
    »Pinkeln Sie nicht auf die Kamelien«, rief Dunross ihm zerstreut nach und richtete dann das Wort an Tschen. »Mach dir keine Sorgen, Philip«, sagte er. »Sie werden John bald gefunden haben.«
    »Ja, ja, ohne Zweifel«, sagte Philip Tschen mit toter Stimme. Es war nicht so sehr das Kidnapping, das seinen Geist beschäftigte; er war entsetzt über das, was er an diesem Nachmittag im Schließfach seines Sohnes entdeckt hatte.
    »Mach schon, Philip, nimm den Schlüssel, sei kein Narr«, hatte seine Frau Dianne gezischt. »Nimm ihn – wenn du es nicht tust, wird der Tai-Pan es tun!«
    »Ja, ja, ich weiß.« Allen Göttern sei Dank, daß ich ihr gefolgt bin, dachte er, als er sich in Erinnerung rief, was ihm in die Hände gefallen war, als er den Inhalt des Faches durchstöbert hatte: Mehrere große Umschläge aus Manilapapier, ein Tagebuch und ein Verzeichnis von Telefonnummern. In dem Umschlag mit der Aufschrift »Schulden« befanden sich Wettscheine über 97.000 Hongkong für laufende Verpflichtungen gegenüber illegalen Winkelbüros in Hongkong, ein Schuldschein zugunsten von Geizhals Sing, einem berüchtigten Geldverleiher, über 30.000 Hongkong zu drei Prozent Zinsen im Monat; ein längst fälliger Sichtwechsel der Ho-Pak Bank über 20.000 amerikanische Dollar und ein Brief von Richard Kwang von voriger Woche, in dem der Bankier ihm mitteilte, daß er mit seinem Vater werde sprechen müssen, wenn er sich nicht bald mit ihm arrangiert. Andere Briefe dokumentierten eine wachsende Freundschaft zwischen seinem Sohn und einem amerikanischen Spieler, Vincenzo Banastasio, der John Tschen versicherte, er brauche sich wegen seiner Schulden nicht den Kopf zu zerbrechen, und angeheftet die notariell beglaubigte Fotokopie einer rechtsgültigen Schuldverschreibung, die seinen Sohn, dessen Erben oder Rechtsnachfolger verpflichtete, Banastasio bei Vorlage 485.000 Dollar zuzüglich Zinsen zu zahlen.
    Dieser Idiot, hatte er getobt, weil er wußte, daß sein Sohn kaum ein Fünftel dieser Summe besaß, so daß früher oder später er für die Schulden würde aufkommen müssen.
    Dann fiel sein Blick auf einen dicken Umschlag mit der Aufschrift »Par-Con«.
    Er enthielt einen von K. C. Tcholok vor drei Monaten unterschriebenen Anstellungsvertrag, mit dem John Tschen als privater Konsulent für Par-Con

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