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Hongkong 02 - Noble House Hongkong

Hongkong 02 - Noble House Hongkong

Titel: Hongkong 02 - Noble House Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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sitzt.«
    Als es schien, als wollte Dunross sich abwenden, fuhr Bartlett mit fester Stimme fort:
    »Wenn ich zu wählen hätte zwischen unserem Geschäft und Casey, das heißt, dem Versprechen, das ich Casey gegeben habe, es würde darüber keinen Disput geben. Aber Sie würden mir einen großen Gef…« Er unterbrach sich, und beider Köpfe fuhren herum, als sie das leise Geräusch hörten, das ein Horcher verursacht haben mochte, der sich im Dunkel am anderen Ende der Galerie befand. Noch im gleichen Augenblick drehte sich Dunross um seine Achse und schoß wie ein Panther auf den vermeintlichen Eindringling zu. Bartlett reagierte fast ebenso schnell und stürzte ihm nach.
    Vor der mit grünem Samt bezogenen Polsterbank blieb Dunross stehen. Es war kein Horcher, sondern seine dreizehnjährige Tochter Glenna. Engelgleich in ihrem zerknitterten Partykleid, die dünne Perlenkette ihrer Mutter um den Hals, lag sie, eingerollt wie eine Hauskatze, in tiefem Schlaf.
    »Mein Gott«, flüsterte Bartlett, »ich dachte schon … Hey, die ist ja vielleicht niedlich!«
    »Haben Sie Kinder?«
    »Einen Jungen und zwei Mädchen. Brett ist sechzehn, Jenny vierzehn und Mary dreizehn. Leider sehe ich sie nicht sehr oft«, antwortete Bartlett, der jetzt wieder zu Atem kam. »Sie leben an der Ostküste. Ich fürchte, ich bin nicht sehr beliebt bei ihnen. Ihre Mutter … wir wurden vor sieben Jahren geschieden. Sie hat wieder geheiratet, aber …«
    Dunross beugte sich über das schlafende Kind und hob es sanft auf. Das Mädchen bewegte sich kaum und kuschelte sich nur zufrieden an seinen Vater. Nachdenklich musterte er den Amerikaner. »Kommen Sie in zehn Minuten mit Casey zurück! Ich werde tun, worum Sie mich gebeten haben – so sehr es mir auch widerstrebt –, weil Sie Ihr Versprechen halten wollen.« Sicheren Fußes entfernte er sich und verschwand im Ostflügel, wo Glennas Schlafzimmer lag.
    Bartlett schritt zur Treppe zurück. Sein Auge fiel auf ein unbeleuchtetes Porträt in einer halbversteckten Nische. Er blieb stehen. Es war das Bild eines alten, graubärtigen, einäugigen und hakennasigen Schiffskapitäns. Sein arrogantes Gesicht war von Narben entstellt, und neben ihm auf dem Tisch lag ein Entermesser.
    Bartlett riß die Augen auf, als er sah, daß das Bild an mehreren Stellen aufgeschlitzt worden war; mit einem kurzen Messer, das im Herzen des Mannes steckte, war es an der Wand festgenagelt.
    Casey starrte das Messer an. Sie versuchte, sich ihren Schock nicht anmerken zu lassen. Von Unbehagen erfüllt, wartete sie allein in der Galerie.
    »Das ist Tyler Brock.«
    Casey wirbelte herum. Dunross beobachtete sie. »Ich habe Sie nicht kommen gehört«, sagte sie.
    »Tut mir leid. Ich wollte Sie nicht erschrecken.«
    »Das ist schon in Ordnung.«
    Sie richtete den Blick wieder auf das Bild. »Peter Marlowe hat mir von ihm erzählt.«
    »Er weiß eine Menge von Hongkong; aber nicht alles, was er erzählt, entspricht der Wahrheit.« Nach einer kleinen Pause meinte sie: »Ist es nicht ein wenig melodramatisch, das Messer so stecken zu lassen?«
    »Das hat die ›Hexe‹ getan – und befohlen, es so zu lassen. Sie haßte ihren Vater und wollte uns allen ihr Erbe in Erinnerung rufen.«
    Casey runzelte die Stirn und deutete dann auf ein Bild, das an der gegenüberliegenden Wand hing. »Ist sie das?«
    »Ja. Das Bild entstand kurz nach ihrer Heirat.« Das Mädchen auf dem Bild war schlank, etwa siebzehn Jahre alt; sie hatte blaue Augen und blondes Haar. Sie trug ein tiefausgeschnittenes Ballkleid und eine kunstvoll gearbeitete grüne Kette um den Hals.
    Einen Augenblick lang betrachteten sie das Bild. Es stand kein Name auf der kleinen Messingplatte unten auf der Leiste des vergoldeten Rahmens, nur die Jahreszahlen 1825–1917. »Es ist ein gewöhnliches Gesicht«, äußerte Casey, »hübsch, aber gewöhnlich, die Lippen ausgenommen. Sie sind dünn und verkniffen; sie drücken Mißfallen aus und Härte. Der Künstler hat viel von ihrer Kraft eingefangen. Ist es ein Quance?«
    »Nein. Wir wissen nicht, wer es gemalt hat. Angeblich war es ihr Lieblingsbild. Im Penthouse hängt ein Quance von ihr, etwa zur gleichen Zeit entstanden. Es ist ganz anders und doch diesem sehr ähnlich.«
    »Hat sie sich in späteren Jahren nie wieder malen lassen?«
    »Doch. Dreimal. Aber sie hat alle drei Bilder, kaum daß sie fertig waren, vernichtet.«
    »Gibt es Fotografien von ihr?«
    »Nicht daß ich wüßte. Sie haßte Kameras – es durfte

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